Nächster Skandal nur eine Frage der Zeit
foodwatch fordert grundlegende Überarbeitung des EU-Lebensmittelrechts
„Egal ob Fipronil in Eiern, verseuchte Lactalis-Babymilch oder Pferdefleisch in der Rindfleisch-Lasagne: Die immer wiederkehrenden Skandale zeigen, woran das EU-Lebensmittelrecht krankt. Millionenfach wurden unsichere Lebensmittel an ahnungslose Verbraucherinnen und Verbraucher verkauft, die Rückverfolgbarkeit der betroffenen Produkte funktionierte nicht, die Behörden tappten lange im Dunkeln und selbst als diese Bescheid wussten, wurden die Bürgerinnen und Bürger nicht immer sofort über die Namen der betroffenen Produkte und Hersteller informiert – das muss sich ändern“, sagte Thilo Bode, Geschäftsführer von foodwatch International. Es reiche daher nicht, nur die Risikobewertung zu verbessern, wie es die EU-Kommission plane. „Es ist höchste Zeit, dass das EU-Lebensmittelrecht grundlegend neu aufgestellt wird. Sonst ist der nächste Lebensmittelskandal nur eine Frage der Zeit.“
foodwatch kritisierte insbesondere, dass die im EU-Recht eindeutig vorgeschriebene lückenlose Rückverfolgbarkeit in der Lebensmittelkette niemals durchgesetzt wurde. So seien bei allen größeren Lebensmittelskandalen der letzten Jahre – von Salmonellen in Babymilch des französischen Herstellers Lactalis über mit dem Insektengift Fipronil belastete Eier bis zum Pferdefleischskandal – jeweils Millionen Produkte auf den Markt gelangt, ohne dass die Unternehmen und zuständigen Behörden die genauen Warenströme nachverfolgen konnten und betroffene Produkte aus dem Markt nahmen. Zudem wurden die Verbraucherinnen und Verbraucher nicht ausreichend gewarnt. Im EU-Lebensmittelrecht müsse daher klar geregelt werden, dass die Behörden bei Verstößen schnell und umfassend die Öffentlichkeit informieren müssen – und zwar unter Nennung der Namen der Hersteller und Produkte sowohl in Fällen, in denen Gesundheitsgefahr besteht als auch bei Betrug. Außerdem forderte foodwatch für Verbraucherverbände die rechtliche Möglichkeit, Behörden zu verklagen, wenn diese ihre Verpflichtungen im Rahmen des EU-Rechts missachteten. Erst das schaffe das nötige Druckmittel für Verbraucherorganisationen.
Das allgemeine europäische Lebensmittelrecht, die sogenannte EU-Basisverordnung, wurde 2001 als Antwort auf die BSE-Krise („Rinderwahnsinn“) beschlossen. Im Rahmen des „REFIT-Prozesses“ (Regulatory Fitness and Performance Programme) der Europäischen Kommission soll es jetzt überarbeitet werden. Die EU-Kommission hat dazu im April 2018 einen Reformvorschlag vorgelegt, der vor allem die Risikobewertung verbessern soll. So sollen etwa Studien zur Sicherheit von Unkrautvernichtungsmitteln wie Glyphosat zukünftig besser öffentlich zugänglich sein. foodwatch kritisierte den Vorschlag als nicht ausreichend. Vielmehr müssten die grundlegenden Schwachstellen im EU-Lebensmittelrecht abgestellt werden. Die Verbraucherorganisation hat dazu acht konkrete Forderungen vorgelegt.
Thilo Bode von foodwatch: „Die EU schafft es nicht, 500 Millionen Verbraucherinnen und Verbraucher in Europa vor Gesundheitsgefahren und Täuschung im Lebensmittelmarkt zu schützen. Schlimmer noch: Die Europäische Union tut nichts, um die Situation zu verbessern, sondern schützt weiterhin die Interessen der Industrie.“
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