Die Abgrenzung zwischen Arzneimittel und Lebensmittel (besonders strittig ist oft die Abgrenzung zu Nahrungsergänzungsmitteln) gelingt meist im ersten Anlauf, allerdings nicht in jedem Fall ohne Abgrenzungsproblematik.
Problematik
Die Bedeutung der Abgrenzung liegt darin, dass Fertigarzneimittel in Deutschland nicht ohne Zulassung vertrieben werden dürfen und dass Lebensmittel in Deutschland nicht gesundheitsbezogen beworben werden dürfen (Heilmittelwerbegesetz, HWG).
Die europäische Health-Claims-Verordnung, seit 2007 europaweit gültig, hat die Problematik weiter verschärft: Nachdem bisher gesundheitsbezogene Aussagen nur Arzneimitteln vorbehalten waren, sind solche nun auch für Lebensmittel zulassungsfähig, womit ein wesentliches Unterscheidungskriterium an Schärfe einbüßte.
Urteilsauszug: „Bei der Abgrenzung zwischen Lebens-/Nahrungsergänzungsmitteln und Arzneimitteln gilt der sich aus gemeinschaftsrechtlichen Normen ergebende Vorrang der arzneimittelrechtlichen Vorschriften auch im nationalen Recht, gegebenenfalls im Wege der richtlinienkonformen Auslegung.“
Gesetzliche Grundlagen
Der deutsche Gesetzgeber definiert die Arzneimittel im Arzneimittelgesetz (AMG), die Lebensmittel im Lebensmittelrecht (Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB / LMBG) bzw. in der Nahrungsergänzungsverordnung (NemV)). Verknüpft sind die beiden deutschen Gesetzeswerke über europäische Regelwerke.
In § 2 Abs. 3 AMG steht: Arzneimittel sind nicht: … 1. Lebensmittel im Sinne des § 2 Abs 2 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches …
§ 2 Abs. 2 LFGB definiert: Lebensmittel sind Lebensmittel im Sinne des Artikels 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002.
Artikel 2 der VO (EG) 178/2002 definiert:
Im Sinne dieser Verordnung sind „Lebensmittel“ alle Stoffe oder Erzeugnisse, die dazu bestimmt sind oder von denen nach vernünftigem Ermessen erwartet werden kann, dass sie in verarbeitetem, teilweise verarbeitetem oder unverarbeitetem Zustand von Menschen aufgenommen werden." Die Definition bezieht dann noch einiges mit ein und schließt anderes aus, so in Satz d): „Arzneimittel im Sinne der Richtlinie 65/65/EWG und 92/73/EWG des Rates“, sodass also auch deren Definitionen zur Abgrenzung wesentlich sind.
RL 65/65/EWG und RL 92/73/EWG wurden inzwischen durch die Richtlinie 2001/83/EG aufgehoben und ersetzt. In der aktuellen Fassung der Richtlinie 2001/83/EG wird in Artikel 2 Absatz 2 bestimmt, dass in Zweifelsfällen, in denen ein Erzeugnis [..] sowohl unter die Definition von „Arzneimittel“ als auch unter die Definition eines Erzeugnisses fallen kann, das durch andere gemeinschaftliche Rechtsvorschriften geregelt ist, die Richtlinie 2001/83/EG, also das Arzneimittelrecht, anzuwenden ist.
Im Kern kann jedoch davon ausgegangen werden, dass Produkte, welche primär der Ernährung dienen und welche bestimmungsgemäß lediglich gesundheitsbezogene Wirkungen vermitteln, Lebensmittel sind, während Produkte, welche bestimmungsgemäß primär krankheitsbezogene Wirkungen auf pharmakologischem, immunologischem oder metabolischem Wege vermitteln, Arzneimittel sind.
Was darunter im konkreten Einzelfall zu verstehen ist, bedarf mitunter höchstrichterlicher Auslegungen.
Weiterführend siehe auch: Funktionsarzneimittel
Gerichtliche Entscheidungsfindung
Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entschied 2007 in drei Fällen: Produkte, die von ihrem Hersteller als Nahrungsergänzungsmittel auf den Markt gebracht werden, können nur dann von den Behörden als Arzneimittel eingestuft werden und wegen fehlender Zulassung als nicht verkehrsfähig bezeichnet werden, wenn belastbare wissenschaftliche Erkenntnisse belegen, dass sie die Funktionsbedingungen des menschlichen Körpers erheblich beeinflussen.