Virtuelle Schatzkisten und reale Tomaten

Wie beeinflusst Virtual Reality das Ernährungsverhalten?

26.02.2020 - Deutschland

In der virtuellen Realität ist vieles möglich: zum Beispiel durchs Weltall fliegen und das Sonnensystem erkunden. Oder sich seiner Höhenangst stellen und auf einem Hochhausdach balancieren. Das sind zwei Beispiele, wie VR interaktiv Wissen vermittelt und den Umgang mit Angst durch Konfrontation trainieren kann. „Ich finde es absolut beeindruckend, welchen Einfluss diese Technologie auf Menschen haben kann“, sagt Hannah Ehlert, die an der FH Münster Oecotrophologie studiert. „Ich habe mich deshalb gefragt, ob sich auch das Ernährungsverhalten mit VR beeinflussen lässt.“

FH Münster/Theresa Gerks

Auf virtueller Schatzsuche: Ein Proband sucht im Experiment von Hannah Ehlert versteckte Kisten in einem virtuellen Hof.

Denn das wird von vielen Faktoren bestimmt: dem sozialen Umfeld, wie viel Hunger man hat oder wie müde man gerade ist, dem Tageslicht, den Hormonen, sogar die Raumfarbe hat Einfluss darauf, zu welchem Essen wir gerade lieber greifen. Die Frage, ob Virtual Reality dies ebenfalls beeinflussen kann, ließ Ehlert nicht mehr los. Deshalb konzipierte sie für eine Projektarbeit ein besonderes Spiel: eine Schatzsuche, in der Probanden in der VR versteckte Kisten auf einem imaginären Hof finden müssen. Während die Probanden suchen, sinkt ihre Ausdauer im Spiel. Um die wieder aufzuladen, müssen sie essen – nicht in der Realität, aber im Spiel müssen sie sich zwischen vier Lebensmitteln entscheiden. Dabei liefert die gesunde Wahl, Tomaten und Weintrauben, fünfmal mehr Energiepunkte als Kau-  und Schokobonbons. Effizienter wäre es also, zum gesunden Snack zu greifen.

Die Schatzsuche ist aber nur ein Teil der Studie. „Ich habe auch noch ein zweites Spiel entwickelt, das die Probanden vor und nach der Schatzsuche gespielt haben – und in dem habe ich die Lebensmittelauswahl beobachtet“, erzählt Ehlert. Hierbei mussten sich die Probanden schlussendlich für einen kleinen Snack an einem Tisch entscheiden: Trauben, Tomaten, Kaubonbons oder Schokobonbons. Und zwar in der Realität, obwohl sie das Spiel mit aufgesetzter VR-Brille spielten. So wollte Ehlert herausfinden, ob sich die Erfahrungen aus dem VR-Spiel auf die Realität übertragen und die Probanden eher zum gesunden Snack greifen.

„Insgesamt haben nur 15 Probanden teilgenommen, deshalb ist das Ergebnis nicht signifikant“, erklärt die 24-Jährige. „Aber trotzdem war das den Aufwand wert und für mich eine tolle Gelegenheit mit VR zu arbeiten. Das ist eine sehr mächtige Technologie, die bislang in oecotrophologischen Forschungsfragen noch nicht häufig zum Einsatz gekommen ist.“ Deshalb war ihre betreuende Professorin Dr. Ursel Wahrburg auch neugierig auf das ausgefallene Thema. „In dem sehr innovativen Ansatz steckt meines Erachtens viel Potenzial für die Zukunft.“

Daneben sticht auch der interdisziplinäre Charakter der Arbeit hervor: Ehlert hat die Schatzsuche selbst programmiert – drei Semester Informatik vor dem Wechsel zur Oecotrophologie haben dabei geholfen. Und die VR-Brille sowie technische Unterstützung für ihr Projekt kamen vom Zentrum für Ergonomie und Medizintechnik am Fachbereich Physikingenieurwesen.

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