Geschützter Begriff Bio
Der Begriff Bio (zu „Biologischer Landwirtschaft“) ist ein durch die EG-Öko-Verordnung EU-weit geschützter Begriff. Gleiches gilt für die Bezeichnungen aus kontrolliert biologischem Anbau und Öko. Produkte, die als Bio beschrieben werden, müssen den Kriterien der EG-Öko-Verordnung entsprechen, aber nicht zwingend mit EU-Bio-Siegel gekennzeichnet werden. Bio-Produkte müssen lebensmittelrechtliche Standards erfüllen, die über die Anforderungen von konventionellen Produkten hinausgehen.
Europäisches Bio-Siegel
Im Juli 2010 wurde EU-weit ein verbindliches neues Bio-Siegel eingeführt (auch als EU-Bio-Logo bezeichnet), das gemäß EU-Recht hergestellte biologische Lebensmittel kennzeichnet. Durch die Einheitlichkeit soll ein breiter Markt gesichert werden – auch Nicht-EU-Länder richten ihre Verordnungen mittlerweile nach dem Lebensmittelrecht des europäischen Biosiegels aus.
In vielen Mitgliedstaaten der EU hat sich das EU-Bio-Siegel durchgesetzt. In Deutschland wurde es bis zur verpflichtenden Kennzeichnung seit 1. Juli 2012 aufgrund des größeren Bekanntheitsgrades des staatlichen deutschen Siegels und der Logos der Anbauverbände relativ wenig bzw. üblicherweise in Kombination mit dem deutschen Siegel verwendet.
Nach einer Klage im Jahr 2018 wurde der Markenschutz des EU-Bio-Logos als Individualmarke gelöscht; anschließend von der Europäischen Kommission als Unionsgewährleistungsmarke wieder geschützt.
Kriterien
Das EU-Bio-Siegel kennzeichnet die Produkte, die mindestens den Anforderungen der EG-Öko-Verordnung genügen.
Demnach dürfen mit dem Siegel gekennzeichnete Lebensmittel u. a.
- nicht zur Konservierung ionisierender Strahlung ausgesetzt werden,
- nicht durch und mit gentechnisch veränderte/n Organismen erzeugt werden,
- nicht mit Einsatz von synthetischen Pflanzenschutzmitteln erzeugt werden,
- nicht mit Hilfe von leicht löslichen mineralischen Düngern erzeugt werden,
- nicht mehr als 5 % konventionell erzeugte Bestandteile enthalten (begrenzt auf eine Liste ausdrücklich erlaubter Rohstoffe),
- keine Süßstoffe und Stabilisatoren sowie synthetische Farbstoffe, Konservierungsmittel und Geschmacksverstärker enthalten und
- nur in einer Positiv-Liste aufgeführte pflanzliche Verdickungsmittel, Backtriebmittel oder Emulgatoren enthalten.
Weitere Anforderungen:
- Die Einfuhr von Rohwaren und Produkten aus Drittländern ist geregelt und wird streng, chargenbezogen kontrolliert.
- Fruchtfolgen (Zwei-, Drei- und Vierfelderwirtschaft) sind abwechslungsreich zu gestalten.
- Es werden Mindeststall- und -freiflächen vorgegeben.
- Tiere sind mit ökologisch produzierten Futtermitteln ohne Zusatz von Antibiotika und Leistungsförderern zu füttern.
In Ausnahmefällen – bei nachweislich zufälligen und technisch nicht vermeidbaren Einflüssen – steht ein GVO-Anteil bis zum Schwellenwert von 0,9 % der Kennzeichnung nicht entgegen.
Bei der Lagerung und dem Fulfillment von Bio-Lebensmitteln sind zertifizierte Logistikbetriebe notwendig, die eine entsprechende Wareneingangskontrolle, Etikettierung, Lagerung und Dokumentation sicherstellen.
Abgrenzung zu nationalen Siegeln und Verbandssiegeln
In einigen europäischen Ländern, darunter Deutschland, gibt es staatliche Siegel. Weil die staatlichen Siegel älter und teils bekannter als das europäische sind, können diese zusätzlich zur Kennzeichnung von Bio-Lebensmitteln verwendet werden.
Darüber hinaus gibt es private Label, die über die Anforderungen der EG-Öko-Verordnung hinaus erweiterte, teilweise strengere Anforderungen stellen. Hierzu zählen die Standards der Anbauverbände Biokreis, Bioland, Demeter oder Naturland.
Bewertung in einem Schweizer Label-Vergleich
Die Schweizer Stiftung Praktischer Umweltschutz (PUSCH) verglich, unterstützt u. a. von WWF Schweiz, Helvetas und SKS 32, dort bedeutsame Lebensmittel-Labels, in Bezug auf Nachhaltigkeit und wertete das EU-Bio-Siegel wie das entsprechende französische staatliche Siegel Agriculture Biologique als „bedingt empfehlenswert“. Damit setzte der Bericht sie auf die letzten Plätze; die ersten acht Plätze belegten Schweizer Labels. Der Bericht kritisiert an der EU-Verordnung, dass (Zitat) „Forderungen in Bezug auf Gesamtbetrieblichkeit, Ökoausgleichflächen, Klimaschutz und soziale Bedingungen fehlen. Ausserdem werden Düngemitteleinsatz, Fruchtfolge, Berücksichtigung wertvoller Schutzgebiete und Tierwohl nur teilweise geregelt.“ Die Bewertung des Labels begründet der Bericht (Zitat): „Die EU-Bio-Verordnung schneidet schlechter ab als andere Biostandards, da sie in den Bereichen Bewässerung, Biodiversität, Klima und Soziales nur wenige oder gar keine Anforderungen stellt. Beim Tierwohl und für Aquakulturprodukte sind die Kriterien etwas strenger.“ Die bemängelte Aussagekraft zu den Kriterien Soziales und Fairness oder Management (mit „Schulung der Lizenznehmer“) erklärt sich aus der Natur des Bio-Siegels als solches ohne Funktion als Sozial- oder Fair-Trade-Siegel oder als Marke eines privaten Lizenzsystems.
Vorläufer
Im März 2000 nahm die Europäische Kommission ein Logo mit der Aufschrift Ökologischer Landbau – EG-Kontrollsystem nach der, inzwischen abgelösten, Verordnung (EWG) Nr. 2092/91 über die ökologische/biologische Produktion und die Kennzeichnung von ökologischen/biologischen Erzeugnissen an. Erzeuger konnten das darin definierte Kennzeichen auf freiwilliger Basis verwenden, wenn ihre Wirtschaftsweise und ihre Erzeugnisse den einschlägigen EU-Vorschriften entsprachen.
In der Verordnung (EWG) Nr. 2092/92 der Europäischen Kommission wurde die Verwendung des Gemeinschaftsemblems geregelt. Das ‚EU-Biosiegel‘ enthielt einen Text und wurde daher in allen EU-Amtssprachen und in verschiedenen Versionen herausgegeben; in deutscher Sprache waren die Bezeichnungen Biologische Landwirtschaft und Ökologischer Landbau zulässig.