Chondroitinsulfatketten sind unverzweigte Polysaccharide mit variabler Länge. Sie bestehen immer aus zwei sich abwechselnden Einfachzuckern: D-Glucuronsäure (GlcA) und N-Acetylgalactosamin (GalNAc). Hierbei ist die Glucuronsäure mit GalNAc β-1→3 und GalNAc zur Glucuronsäure β-1→4-glykosidisch verknüpft. Eine Chondroitin-Kette kann aus über 100 Zuckereinheiten bestehen, welche unterschiedlich stark und an den Positionen C6 und/oder C4 der GalNAc sulfatiert sein können. Epimerisiert die Glucuronsäure am C5 zur Iduronsäure, spricht man von Dermatansulfaten. Das Verständnis der auffälligen Diversität des Chondroitinsulfats und des verwandten Glykosaminoglykans ist eines der Ziele der Glykobiologie.
Sulfatierung
Jeder Einfachzucker kann entweder ohne, mit einer oder mit zwei Sulfatgruppen vorliegen. Am häufigsten sind die Hydroxygruppen der Kohlenstoffatome 4 und 6 des N-Acetyl-Galactosamins mit einer Sulfatgruppe versehen. Die Sulfatierung wird von verschiedenen Sulfotransferasen katalysiert. Der Sulfatierungsgrad liegt bei durchschnittlich 0,8 bezogen auf das Disaccharid.
Folgende Typen werden unterschieden:
Chondroitin-Typ | Systematischer Name | Disaccharideinheit | Beschreibung |
---|---|---|---|
Chondroitinsulfat A | Chondroitin-4-sulfat | GlcA-GalNAc4S | Sulfatgruppen vorwiegend am Kohlenstoffatom 4 des N-Acetyl-Galactosamins (GalNAc) |
Chondroitinsulfat B | Dermatansulfat | IdoA2S-GalNAc4S | Sulfatgruppen vorwiegend am Kohlenstoffatom 2 der Iduronsäure und am Kohlenstoffatom 4 des GalNAc |
Chondroitinsulfat C | Chondroitin-6-sulfat | GlcA-GalNAc6S | Sulfatgruppen vorwiegend am Kohlenstoffatom 6 des GalNAc |
Chondroitinsulfat D | Chondroitin-2,6-sulfat, Dermatansulfat | GlcA2S-GalNAc6S | Sulfatgruppen vorwiegend am Kohlenstoffatom 2 der Glucuronsäure und am Kohlenstoffatom 6 des GalNAc (Chondroitin-2,6-sulfat) |
Chondroitinsulfat E | Chondroitin-4,6-sulfat | GlcA-GalNAc4,6diS | Sulfatgruppen vorwiegend am Kohlenstoffatom 4 und 6 des GalNAc |
Die Typisierung durch die Buchstaben A bis E stammt aus der Zeit, als Chondroitinsulfat bereits isoliert wurde, die Struktur aber noch nicht bekannt war. Die Einordnung von Dermatansulfat unter die Chondroitinsulfate als Chondroitinsulfat B wird heute als Fehlbenennung angesehen, da sich diese Verbindung nicht von der Glucuronsäure, sondern von der Iduronsäure ableitet. Die häufigsten Chondroitinsulfate sind die Typen A, B und C.
Die früher gebräuchliche Bezeichnung Chondroitin ohne „Sulfat“, die benutzt wurde, um eine Kette ohne oder mit sehr wenigen Sulfatgruppen zu beschreiben, ist nicht mehr üblich.
Obwohl der Name darauf hindeutet, dass Chondroitinsulfat ein Salz mit einem Sulfat-Anion sei, ist das Sulfat kovalent an den Zucker gebunden. Da das Molekül bei physiologischem pH mehrere negative Ladungen aufweist, liegt es in den Salzen des Chondroitinsulfats als Anion vor. Das handelsübliche Produkt des Chondroitinsulfats ist gewöhnlich dessen Natriumsalz. Barnhill et al. haben vorgeschlagen, dass alle Chondroitinsulfat-Produkte als „Natriumchondroitin“ bezeichnet werden sollten, ohne Rücksicht auf deren Sulfat-Bindungen.
Eine synthetisch nachsulfatierte Variante ist das Chondroitinpolysulfat („übersulfatiertes Chondroitinsulfat“, englisch „oversulfated chondroitin sulfate“, OSCS). Durch die zusätzliche Sulfatierung wird die antientzündliche (antiinflammatorische) Wirkung der Substanz verstärkt. Chondroitinpolysulfat weist zudem eine gerinnungshemmende (antikoagulatorische) und fibrinolytische Aktivität auf.
Proteinbindung
Biologisch liegt Chondroitinsulfat gewöhnlich an Proteine gebunden vor, als Teil eines Proteoglykans. Die Bindung der Chondroitinsulfatketten erfolgt an den die Hydroxygruppen der Serin-Reste bestimmter Proteine. Wie genau die Proteine für die Bindung mit Glykosaminoglykanen ausgewählt werden, ist noch nicht verstanden. Glykosylierten Serinresten folgen häufig Glycinreste, in der Nachbarschaft finden sich saure Aminosäurenreste.
Als Bindeglied der GAG-Kette dient stets dieselbe Zuckerkette aus drei Zuckereinheiten:
| Ser–O–Xyl–Gal–Gal–GlcA-… |
Jeder Zucker wird von einem spezifischen Enzym angebunden, wodurch eine vielschichtige Kontrolle über die GAG-Synthese erlaubt wird. Xylose wird im endoplasmatischen Reticulum an die Proteine gebunden, während der Rest der Zucker im Golgi-Apparat übertragen wird.