Reinigen und Zerkleinern
Die geernteten Zuckerrüben werden in der Zuckerfabrik zunächst gewaschen, von anhaftenden Bodenbestandteilen (Lehm, Sand, Steine) gereinigt und unmittelbar danach zu „Zuckerrübenschnitzeln“ zerteilt.
Auslaugen und Ausfällen von nichtlöslichen Begleitstoffen
Anschließend wird durch heißes Wasser im Extraktionsturm mithilfe des Gegenstromverfahrens, unter Nutzung des Diffusionsprozesses, der Rohsaft ausgelaugt und damit die Saccharose zu 99 % herausgelöst. Der entstandene schwarz-blaue Rohsaft mit circa 14 % Rohzuckergehalt enthält noch viele andere organische und anorganische Stoffe, die vor dem Kristallisationsprozess entfernt werden müssen. Dies geschieht durch Einrühren von Kalkmilch, die Säuren neutralisiert und den pH-Wert auf etwa 11 anhebt, um einer Invertzuckerbildung (Spaltung der Saccharose zu Fructose und Glucose) vorzubeugen. Dabei können etwa 35 % der verunreinigenden Stoffe entfernt werden, z. B. fallen viele Metallionen als schwerlösliche Metallhydroxide aus. Der für die Kalkmilch benötigte gebrannte Kalk wird direkt in den Fabriken gebrannt, denn auch das dabei entstehende Kohlendioxid wird benötigt, um die verbliebenen Calcium-Ionen zu Calciumcarbonat (Kalk) zu binden, wobei auch andere Fremdstoffe mitgebunden werden. Der Kalk wird in Kerzenfiltern und Filterpressen vom Zuckerdünnsaft getrennt. Der anfallende Kalk wird meistens an die umliegenden Landwirte abgegeben, die ihn als Carbokalk auf die Felder zur Einstellung des pH-Wertes des Bodens aufbringen.
Beim Diffusionsprozess fallen als Nebenprodukt die ausgelaugten Schnitzel an, die in Schnitzelpressen mechanisch auf ca. 30–34 % Trockensubstanz abgepresst werden. Das Presswasser wird zurück in den Extraktionsturm gepumpt, die Schnitzel werden thermisch auf über 90 % Trockensubstanz getrocknet und anschließend unter Zugabe von Melasse zu Pellets gepresst. Diese Pellets werden als Viehfutter verkauft.
Verdampfstation
Der gereinigte, nun klare, hellgelbe Zuckerdünnsaft wird in der Verdampfstation in einem mehrstufigen Prozess eingedickt. Der Abdampf aus der Verdampfstation wird an mehreren Stellen der Fabrik zum Anwärmen benutzt, z. B. für den Rohsaft nach der Gegenstrom-Schnitzelmaische. Außerdem werden die Kochapparate im Zuckerhaus mit Abdampf aus der Verdampfstation geheizt. Am Ausgang der Verdampfstation hat der Zuckerdicksaft einen Trockensubstanzgehalt von bis zu 70 %.
Kristallisation
Anschließend wird aus dem Dicksaft (Zuckergehalt 65–80 %) durch mehrmaliges Kristallisieren bei erhöhter Temperatur und Unterdruck der Zucker gewonnen. Als Zwischenprodukt entsteht hierbei das Magma als Mischung aus Dicksaft und Kristallzucker.
Raffinieren
Bei der Kristallisation entsteht in den „Kochapparaten“ eine Kristallsuspension. Die Kochapparate werden mit Brüden aus der Verdampfstation beheizt und stehen unter Vakuum, um eine energiesparende Verdampfung des Wassers unter niedrigen Temperaturen zu gewährleisten. Die Kristallsuspension aus den Kochapparaten enthält ca. 50 % Zuckerkristalle und wird in speziellen, vollautomatisch arbeitenden Zentrifugen von der Mutterlauge getrennt, in der Zentrifuge gewaschen, und anschließend getrocknet. Dabei kann die Korngröße der Kristalle beeinflusst werden. Nach der Trocknung wird der Raffinadezucker in den meisten Fällen in einem klimatisierten Silo bis zum Versand gelagert.
Früher wurde der Zucker direkt nach der Kristallisation in Säcke verpackt und in Lagerhäusern gelagert. In vielen Fabriken in Entwicklungsländern geschieht dies auch heute noch auf diese Weise. Brauner Rohzucker stellt eine weniger reine Form des Zuckers dar, er ist durch die noch vorhandenen Nichtzuckerstoffe braun gefärbt.
Als Nebenprodukt entsteht die Melasse mit einem Zuckeranteil von etwa 50 Prozent, aus der kein Zucker mehr kristallisiert werden kann, da keine Übersättigung mehr vorliegt. Die Melasse findet Verwendung bei der Hefeproduktion, in der Lebensmittelindustrie, in der pharmazeutischen Industrie und bei der Rumherstellung. Außerdem wird Melasse als „Presshilfsstoff mit Nährstoffgehalt“ bei der Futtermittelherstellung verwendet.
Zur Verbesserung der Ausbeute bei der Kristallisation wird die Melasse noch weiter aufbereitet. Eines der wirtschaftlichsten Verfahren hierfür ist das Quentin-Verfahren. Hierbei wird die Melasse mit einem Kationenaustauscher, der mit Magnesiumionen beladen ist, behandelt. Die Natrium- und Kaliumsalze der Melasse werden durch Umsalzung in Magnesiumsalze umgewandelt. Die Kristallisationsrate und damit die Ausbeute an Saccharose wird hierdurch gesteigert.