Etymologie
Das Wort „Zucker“ (von althochdeutsch zuccer, seit dem 12. Jahrhundert von mittellateinisch zuccarum) geht auf das Altindische zurück (Sanskrit शर्करा śarkarā, eigentlich „Grieß, Geröll, Kies“, aber auch „Sandzucker“), aus dem es ins Griechische (altgriechisch σάκχαρον sákcharon, daraus auch lateinisch saccharum und ins Arabische (arabisch سكر sukkar) gelangt ist (vgl. deutsch Saccharin). Das Deutsche entlehnte das Wort wohl aus dem Italienischen (italienisch zucchero, von mittellateinisch zuccarum), der älteste Nachweis datiert auf das 13. Jahrhundert.
Daten zur Kulturgeschichte des Zuckers
- 8000 v. Chr.: älteste Zuckerrohr-Funde aus Anbau in Melanesien, Polynesien
- 6000 v. Chr.: Zuckerrohr gelangt von Ostasien nach Indien und Persien.
- Hellenismus (nach Alexander d. Gr.): Zucker wird in der griechischen Welt und später in Rom bekannt, bleibt jedoch ein seltenes Importgut, das v. a. medizinisch genutzt wird. Als Süßstoff werden andere Produkte (Honig, Traubenmost) verwendet.
- 600 n. Chr.: Zuckergewinnung in Persien: heißer, mit Klärmitteln (eiweißhaltige Stoffe und Kalk) behandelter Zuckerrohrsaft wird in Holz- oder Tonkegel gefüllt, in der Spitze kristallisiert der Zucker, es entsteht der Zuckerhut.
- 1100 n. Chr.: Mit den Kreuzfahrern gelangt Zucker erstmals seit der Antike wieder nach Europa. Bis ins Spätmittelalter war er in Apotheken auch unter dem Begriff Sal indicum bzw. Sal indi (indisches Salz) erhältlich. Er war und blieb zunächst ein Arzneimittel und Luxusartikel (v. a. als Gewürz).
- Im 12. Jahrhundert ist die erste Präsenz von Zucker in England dokumentiert worden. Zu dieser Zeit diente Zucker als Gewürz, war ein wertvolles Gut und wurde daher nur von sehr Wohlhabenden verwendet. Trotz dieses luxuriösen Charakters war Zucker bereits im 13. Jahrhundert „auch in den entlegensten Städten“ Europas erhältlich.
- Ab etwa 1500: Zuckerrohr wird weltweit durch Sklaven auf Plantagen angebaut, Zucker bleibt ein begehrtes Luxusgut für die Reichen. Das gemeine Volk süßt nach wie vor mit Honig aus der Zeidlerei. Rohrzucker wird zunehmend von den Westindischen Inseln nach Mitteleuropa eingeführt und von den kolonialen Händlern ab dem 17. Jahrhundert häufiger auch als „white gold“ bezeichnet. Die Zuckerproduktion auf den atlantischen Inseln verdrängte nun zunehmend den nordafrikanischen und mediterranen Zucker.
- Im 16. Jahrhundert breitet sich der Brauch, Zucker nicht nur als Gewürz, sondern auch als Dekor zu verwenden, in den nichtadligen Bevölkerungsschichten Europas immer weiter aus.
- Die moderne Zuckerraffinierung wird Ende des 16. Jahrhunderts entwickelt. Zuvor wurde Rohrzucker mittels Eiweiß gereinigt.
- 17. Jahrhundert: Der Zuckerrohranbau gilt als die „Pfahlwurzel des blühenden Sklavenhandels“.
- 1747: Andreas Sigismund Marggraf entdeckt den Zuckergehalt der Zuckerrübe.
- 1800: Weltweit werden etwa 250.000 t Rohrzucker hergestellt.
- 1801: Der Chemiker Franz Carl Achard schafft die Grundlagen der industriellen Zuckerproduktion. Die erste Rübenzuckerfabrik der Welt entsteht in Cunern/Schlesien.
- 1806: Die napoleonische Kontinentalsperre behindert die Einfuhr von Rohrzucker nach Kontinentaleuropa und hat damit großen Einfluss auf den europäischen Zuckermarkt.
- 1840: Jacob Christoph Rad (Direktor der Datschitzer Zuckerraffinerie in Böhmen), erfindet den ersten Würfelzucker, weil seine Frau Juliane sich beim Herausbrechen aus den vorher üblichen Zuckerhüten den Finger verletzt hatte und ihren Mann daraufhin bat, gleich kleinere Zucker-Portionen herzustellen. Rad erfand die Würfelzuckerpresse und stellte den ersten Würfelzucker her. Die ersten, mit Lebensmittelfarbe rot eingefärbten Zuckerwürfel schenkte er seiner Frau zur Erinnerung an den Vorfall. Frau Rad hatte die blutbespritzten Zuckerstücke dennoch ihren Gästen angeboten, da Zucker damals sehr wertvoll war.
- Ab etwa 1850: Der Zuckerpreis fällt durch die beginnende industrielle Herstellung. Damit entwickelt sich Zucker zum Gegenstand des täglichen Bedarfs. Die Tagesproduktion in einigen Zuckerfabriken betrug durch Verbesserungen der Press- und Extraktionsverfahren bereits etwa 2500 t.
- 1900: Die Produktion von Zucker, davon über die Hälfte aus Rüben, liegt weltweit bei etwa 11 Millionen Tonnen.
- Ab 1900: Die Zuckerindustrie profitiert vom allgemeinen Fortschritt im Maschinen- und Apparatewesen (z. B. Einführung elektrischer Antriebe anstelle von Dampf). Untersuchungsmethoden und Normen werden auf internationaler Ebene festgelegt: Gründung der Internationalen Kommission für einheitliche Methoden der Zuckeranalyse (ICUMSA), eines der ältesten Normierungsgremien um die Jahrhundertwende 1900.
Manuelle Herstellung aus Zuckerrohr in der Karibik im 17. Jahrhundert
Nach einer Wachstumszeit von 15 Monaten wurden die bis zu vier Meter hohen Pflanzen geerntet, indem die Stängel wenige Zentimeter über dem Boden gekappt und direkt von den Blättern befreit wurden. Anschließend wurden die Stängel direkt gepresst, um den hohen Zuckergehalt in ihnen zu erhalten. Der so entstehende Saft wurde dann in großen Kupferkesseln zum Kochen gebracht, wodurch eine aus braunem Rohzucker und Melasse bestehende Masse entstand. Aus dieser Masse musste die Melasse über Wochen ablaufen, bevor der Zucker in der Sonne trocknete und in Fässern verschifft wurde.
Da bei diesem Herstellungsprozess viel manuelle Arbeit anfiel, waren Sklaven, die unter brutalen Bedingungen auf den Plantagen 12 Stunden täglich arbeiteten, für den Produktionsprozess essentiell.
Beginn der industriellen Herstellung von Zucker aus Rüben – Zuckerindustrie
Andreas Sigismund Marggraf hatte 1747 nachgewiesen, dass im Rübensaft Zucker enthalten ist. Die Fabrikationsverfahren, die sein Schüler Franz Karl Achard um 1800 entwickelte, führten 1825 zur Entstehung der Rübenzuckerindustrie, die Ende des 19. Jahrhunderts im Weltmaßstab ebenso viel Zucker erzeugte wie die traditionelle Rohrzuckerindustrie.
Der Landwirtschaft war es gelungen, Rüben mit hohem Zuckergehalt zu züchten. Landstriche wie die Magdeburger Börde stellten sich auf den Anbau von Rüben ein. Diese Monokulturen, die viel Dünger benötigten, stimulierten ihrerseits die Entwicklung der Düngemittelindustrie.
Chemiker und Techniker sorgten durch Rationalisierungen und Automatisierungen dafür, trotz der saisonbedingten geringen Auslastung der Fabriken (der sogenannten Kampagne), dass die Rübenzuckerindustrie rentabel wurde. Zu den Pionieren der Rübenzuckerindustrie gehört Adolph Frank, der 1858 ein Patent zur Scheidung und Reinigung von Rübensäften erhielt.