Gift in Babybrei: Erpresser gesteht

10.10.2018 - Deutschland

Er soll Gift in Gläschen mit Babynahrung gemischt haben. Kurz vor Beginn des Prozesses vor einer Woche verletzt sich der Angeklagte in seiner Zelle selbst, die Verhandlung wird deshalb vertagt. Im zweiten Anlauf erscheint er nun - und äußert sich.

Ausgerechnet in Babybrei hat ein Supermarkt-Erpresser vor einem Jahr Gift gemischt und dabei auf Millionenbeute gehofft. Der 54-Jährige gab das am Montag in seinem Prozess vor dem Landgericht Ravensburg zu. «Ich möchte mich aber nicht zum Mörder machen lassen», mit diesen Worten beendete der Mann sein Geständnis. In der schriftlichen Einlassung, die sein Verteidiger vorlas, gab der 54-Jährige an, fünf Gläser Babynahrung mit Gift versetzt und diese in Geschäften platziert zu haben. «Was allerdings nicht stimmt, ist der Vorwurf der Staatsanwaltschaft, dass ich jemanden töten wollte oder einen Tod billigend in Kauf genommen hätte», betont der Angeklagte (Az: 1 Ks 31 Js 20283/17).

Die Staatsanwaltschaft wirft ihm versuchten Mord in fünf Fällen vor - außerdem versuchte besonders schwere räuberische Erpressung in sieben Fällen und gemeingefährliche Vergiftung. Laut Ermittlern wäre die beigemischte Menge Ethylenglykol in jedem Glas für Säuglinge oder Kleinkinder tödlich gewesen.

Der Erpresser hatte sich nach eigener Aussage für Babynahrung entschieden, «um größtmögliche Aufmerksamkeit zu erzeugen». Er sei aber sicher gewesen, dass niemand die Produkte kaufen würde. Sein Rechtsanwalt Manuel Reiger betonte, der Angeklagte habe in einer E-Mail unter anderem an das Bundeskriminalamt die betroffenen Unternehmen und Produkte benannt - am selben Tag, an dem er die Gläser in fünf Supermärkten in Friedrichshafen ausgelegt hatte.

Das sehen die Ermittler anders. Ob ein Glas verkauft worden wäre oder nicht, habe der Täter nicht ausschließen können, erklärte der Hauptsachbearbeiter bei der Polizei, Walter Butsche. Zwei Gläser seien sogar erst Tage später gefunden und aus dem Verkauf gezogen worden. «Für mich war alles ein großer Bluff», formulierte der Angeklagte. Der Hartz-IV-Empfänger habe demnach lediglich Geld von den Unternehmen erpressen wollen. Im Nachhinein bereue er dies zutiefst: «Eine einfache Entschuldigung wird der Angst, die ich bei Eltern ausgelöst habe, nicht gerecht.»

Der Fall hatte bundesweit Aufsehen erregt, weil der Erpresser in seiner E-Mail gedroht hatte, 20 weitere vergiftete Lebensmittel in Geschäften im In- und Ausland in Umlauf zu bringen. Seine Forderung an Lebensmittel- und Drogeriemärkte: 11,75 Millionen Euro.

Zur Verhandlung ein Jahr später kamen nun zahlreiche interessierte Bürger als Zuhörer. Sie wollten sehen, wer der Erpresser ist, den die Ermittler seinerzeit als «sehr skrupellos» und «ausgesprochen gefährlich» eingestuft hatten.

Der 54-Jährige richtete seinen Blick am Montag kaum nach oben, mit zitternden Händen saß er auf der Anklagebank. Am Morgen hatte sein Rechtsanwalt verkündet, der Mandant habe seit einigen Tagen nichts gegessen, sei extrem geschwächt. Reiger beantragte, nur einen halben Tag zu verhandeln.

Der psychiatrische Sachverständige sprach in diesem Zusammenhang von einer Belohnung unerwünschten Verhaltens - der Antrag wurde abgelehnt. Der Sachverständige meinte damit, dass der Angeklagte mit seinem Hungern und auch einem Suizidversuch Zeit und Rahmen der Verhandlung beeinflussen wolle - und man ihm dafür nicht zu viel Raum geben sollte. In der Nacht vor dem Prozessauftakt vor einer Woche hatte sich der Angeklagte in seiner Zelle Schnittwunden am Unterarm zugefügt. Die Verhandlung war deshalb vertagt worden. (dpa)

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