Neue Eiweißquellen: Hafer als nachhaltige Alternative
Hafer ist reich an Eiweiß, wird bislang jedoch kaum als Proteinquelle genutzt. Seine Verarbeitung ist technisch anspruchsvoll. Ein Forschungsteam der Hochschule Anhalt untersucht, wie sich Haferprotein besser nutzbar machen lässt.

Haferprotein als Herausforderung für die Lebensmitteltechnologie: Wie wird daraus ein stabiles Produkt?
Uwe Jacobshagen
Hintergrund: Warum Haferprotein?
Drinks, Joghurt, Käse und Aufstriche – immer mehr Lebensmittelhersteller suchen pflanzliche Alternativen zu Milch. Doch pflanzliche Eiweiße haben andere Eigenschaften als tierische. Haferprotein stellt eine besondere Herausforderung dar: Es ist schlecht löslich, bildet kein stabiles Schaum- oder Gelgerüst wie zum Beispiel Milch- oder Sojaproteine. Dennoch ist Hafer als Rohstoff vielversprechend. Die Pflanze lässt sich ertragreich anbauen und enthält rund zehn Prozent Eiweiß. Aufgrund dieser Eigenschaften fördert das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) die Erforschung neuer Nutzungsmöglichkeiten mit dem Projekt „funHapro“.
Herausforderung: Haferprotein funktional nutzbar machen
Hafer gehört zu den ältesten Kulturpflanzen und hat in der humanen Ernährung bislang vor allem in Form von Haferflocken und – seit kurzem – als Haferdrink eine Rolle gespielt. Dafür werden hauptsächlich die Kohlenhydrate des Haferkorns genutzt, während die Eiweiße eher ein Nebenprodukt bilden. "Für eine spezifische Nutzung müssen wir die Eigenschaften des Eiweißes verbessern und geeignete Verarbeitungsverfahren entwickeln", sagt Lisa Höhme-Matthes, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Hochschule Anhalt. Für das Projekt „funHapro“ untersucht sie mit zwei weiteren Forschenden, wie sich das Haferprotein modifizieren lässt.
Ultraschall und Hydrolyse für bessere Haferproteine
Ein zentraler Forschungsansatz ist der Einsatz von hochintensivem Ultraschall. Erste Tests zeigen, dass sich das Haferprotein durch diese Behandlung stabiler in Flüssigkeiten verteilt. "Das bedeutet, dass sich das Eiweiß weniger stark absetzt und so besser verarbeitet werden kann, etwa für proteinreiche Haferdrinks", erklärt Lisa Höhme-Matthes. Ein weiteres Verfahren ist die enzymatische Hydrolyse. Hierbei spalten Enzyme das Protein in kleinere Teile, wodurch es seine Eigenschaften verändert und – zum Beispiel – Bindungen besser eingeht. Das Verfahren ist in der Lebensmitteltechnologie etabliert. "Doch für Hafer brauchen wir noch das passende biochemische Besteck, also die richtigen Enzyme", erklärt Prof. Dr. Thomas Kleinschmidt den Forschungsbedarf. Er ist Leiter des Projekts „funHapro“ und der Arbeitsgruppe Lebensmittelverfahrenstechnik an der Hochschule Anhalt.
Von Haferdrink bis Käse: Wo Hafer-Protein eingesetzt werden könnte
Gelingt die Optimierung, könnte Haferprotein in vielen neuen Produkten zum Einsatz kommen. Besonders vielversprechend sind Milchalternativen, die nicht nur geschmacklich, sondern auch funktionell mit tierischen Produkten mithalten können. Hafer-Produkte bieten zudem gesundheitliche Vorteile: Sie enthalten Beta-Glucane, die laut der Health-Claim-Verordnung der EU nachweislich den Cholesterinspiegel senken können.
Globale Bedeutung: Nachhaltige Proteine für die Zukunft
Die Nachfrage nach pflanzlichen Proteinen wächst weltweit. Hafer hat das Potenzial, als heimische Eiweißquelle einen wichtigen Beitrag zur Ernährungssicherheit zu leisten. Aber auch aus ernährungsphysiologischer Sicht ist eine breitere Nutzung von Hafer sinnvoll: "Noch konzentrieren wir uns darauf, tierische Proteine zu ersetzen", sagt Prof. Dr. Thomas Kleinschmidt. "Aber was ist mit komplett neuen Produkten auf Haferbasis? So könnten etwa fermentierte Haferprodukte ein nächster Schritt sein."
Lebensmittelverfahrenstechnik an der Hochschule Anhalt
Die Expertise für die innovative Haferforschung an der Hochschule Anhalt hat ihre Wurzeln in der Milchforschung. Die Arbeitsgruppe Lebensmittelverfahrenstechnik um Prof. Dr. Thomas Kleinschmidt verfügt über eine einzigartige Erfahrung in der Proteinverarbeitung – von Hydrolyse über Membranfiltration bis hin zu hochintensivem Ultraschall und Trocknungsverfahren. In den vergangenen 20 Jahren wurden mehr als 40 Forschungsprojekte in diesem Bereich durchgeführt. Ihre Erkenntnisse flossen in zahlreiche Verfahren und Produkte der Milchindustrie ein. Ein bekanntes Beispiel aus dem Konsumentenbereich ist die pflanzliche Schlagcreme "Schlagfix", die noch heute auf dem Markt erhältlich ist.
Das Projekt "funHapro"
Die Unternehmenspartner der Arbeitsgruppe Lebensmittelverfahrenstechnik im Projekt "funHapro" sind: die H & J Brüggen KG sowie die Obermühle Herbsleben. Die Forschung wird von 2023 bis 2026 vom BMEL gefördert. Prof. Dr. Thomas Kleinschmidt ist erreichbar unter: +49 (0) 3496 67 2539, Thomas.Kleinschmidt@hs-anhalt.de. Lisa Höhme-Matthes steht für Fragen bereit unter +49 (0) 3496 67 2535 und lisa.hoehme-matthes@hs-anhalt.de. Themen und Projekte der Arbeitsgruppe Lebensmittelverfahrenstechnik stehen auf der Homepage der Hochschule Anhalt.
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