Weil: Lebensmittel-Preisdumping beenden
Chancen für EU-Agrarreform
Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil hält die jüngsten Proteste von Bauern gegen Lebensmittelketten für gerechtfertigt. Er fordert den Bund auf, bei verbindlichen Regeln für Qualitätsstandards in der Landwirtschaft nachzulegen. "Der Kampf der Landwirte für faire Preise ist ausdrücklich berechtigt", sagte der SPD-Politiker der Deutschen Presse-Agentur in Hannover. "Auch für die Aktionen vor Supermärkten habe ich Verständnis. Ich bedauere sehr, dass das Management der großen Einzelhandelsketten vorher nicht genügend Einsicht gezeigt hat."
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Bild von Till Voigt auf Pixabay
Weil machte die Handelskonzerne für einen anhaltenden Billigkurs zulasten vieler Agrarbetriebe verantwortlich. "Da hat sich der Lebensmittel-Einzelhandel nicht mit Ruhm bekleckert, der Preiskampf ist bedenkenlos durchgetragen worden", kritisierte er. Das Bewusstsein, dass mehr Qualität auch mehr koste, müsse sich auch bei den Verbrauchern noch mehr verbreiten. Doch die Einkaufsmacht der großen Ketten spiele gleichermaßen eine zentrale Rolle.
"Wir müssen zu einer Politik kommen, die unterstreicht und durchsetzt: Wenn wir mehr Qualität bei Lebensmitteln erwarten, müssen wir auch mehr Geld dafür bezahlen", sagte Weil. "Meines Erachtens sind dafür zusätzliche Regeln notwendig. Im Kern geht es darum: Wer schützt Landwirte vor Dumping-Angeboten, wenn sie sich große Mühe geben bei der Lebensmittelproduktion?"
Aus diesem Grund sei er für ein verbindliches, staatliches Tierwohl-Label. Weil äußerte hier scharfe Kritik in Richtung von Bundesagrarministerin Julia Klöckner (CDU): "Die Bundesregierung redet sich da mit Hinweisen auf die EU aus der Verantwortung raus - aber ich habe nicht wahrgenommen, dass sie irgendwelche größeren Aktivitäten in Richtung Brüssel oder anderer Mitgliedsländer entwickelt hätte."
Die neue Landwirtschaftspolitik der Europäischen Union mit einem größeren Finanzierungsanteil für Öko-Projekte sieht der Regierungschef des Agrarlandes Niedersachsen grundsätzlich positiv.
"Die neuen Umweltvorgaben sind ein weiterer Anreiz für den Umbau der Landwirtschaft", sagte Weil. "Wir sind bei uns mit dem "Niedersächsischen Weg" auch schon einen großen Schritt
vorangekommen: Naturschutz, Landwirtschaft und Politik haben gemeinsame Positionen erarbeitet, obwohl wir von völlig unterschiedlichen Interessen her kamen."
Dass Betriebe etwa bei mehr Landschaftsschutz und weiteren Umweltleistungen anteilig mehr Geld bekommen sollen, hält Weil für richtig. "Die Landwirtschaft wird für öffentliche Aufgaben in die Pflicht genommen - dass sie dafür auch Entgelte einfordert, ist völlig verständlich."
Für viele Bauern sei die "Sandwich-Situation" zwischen steigenden Erwartungen und Behauptung auf dem Weltmarkt schwierig. "Sie sind Adressaten von immer größeren Forderungen - Tierschutz, Gewässerschutz, Umweltschutz, Verbraucherschutz, Artenschutz -, andererseits aber auch Teilnehmer an einem großen internationalen Markt. Dort ist der Preis das knallharte Kriterium. Deshalb müssen wir der Landwirtschaft helfen, ansonsten überfordern wir sie."/jap/DP/zb (dpa)
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