Lebensmittelfarbstoffe: Titandioxid markiert Meilenstein der Neubewertung
In den vergangenen sieben Jahren hat das EFSA-Gremium für Zusatzstoffe und Nährstoffquellen, die Lebensmitteln zugesetzt werden (ANS) die Sicherheit von 41 Lebensmittelfarbstoffen neu bewertet und dabei sämtliche verfügbaren wissenschaftlichen Studien und Daten berücksichtigt. Soweit möglich, hat das Gremium für jeden Stoff einen ADI-Wert bestimmt oder aktualisiert.
Ruud Woutersen, stellvertretender Vorsitzender des ANS-Gremiums, erklärte: „Der Abschluss der Neubewertungen aller Lebensmittelfarben ist ein wichtiger Meilenstein für die EFSA. Aber unsere Arbeit geht weiter. Es gibt noch immer eine beträchtliche Zahl sonstiger Lebensmittelzusatzstoffe, die bis 2020 neu zu bewerten sind. Und selbstverständlich sind wir jederzeit darauf vorbereitet, etwaige zusätzliche Ersuchen der Europäischen Kommission um die erneute Prüfung von Farb- und anderen Zusatzstoffen im Lichte neu vorliegender wissenschaftlicher Informationen zu beantworten.“ (Vollständiges Interview mit Prof. Woutersen)
Die verfügbaren toxikologischen Daten zu Titandioxid geben keine Hinweise auf schädliche Wirkungen bei oraler Aufnahme. Zwar war das ANS-Gremium aufgrund der beschränkten Datenlage nicht in der Lage, einen ADI-Wert für Titandioxid zu bestimmen, kam aber unter Berechnung einer Sicherheitsmarge („Margin of Safety“-Ansatz) zu dem Schluss, dass die ernährungsbedingte Exposition keine gesundheitlichen Bedenken aufwirft. Die Sachverständigen betonten allerdings die Notwendigkeit neuer Forschungen, um Datenlücken bezüglich möglicher Auswirkungen von Titandioxid auf das Fortpflanzungssystem zu schließen.
Was ist Titandioxid?
Bei Titandioxid handelt es sich um ein Weißpigment, das häufig verwendet wird, um einen milchigen Effekt oder einen weißfarbigen Hintergrund zu erzielen. Im Lebensmittelbereich wird es hauptsächlich bei Süßwaren, Backwaren und Saucen verwendet, findet sich aber auch in Kosmetika und hat zahlreiche industrielle Anwendungen.
Ein Großteil des aufgenommenen Titandioxids verlässt den Körper unverändert über den Stuhl; ein kleiner Anteil jedoch (maximal 0,1%) kann vom Darm resorbiert und in den verschiedenen Organen verteilt werden.
Titandioxid in Lebensmittelqualität gilt nach der aktuellen Empfehlung der Europäischen Kommission zur Definition von Nanomaterialien nicht als Nanomaterial, kann aber bis zu 3,2% Nanopartikel (von weniger als 100 Nanometer Größe) pro Gewichtseinheit enthalten. Die Sachverständigen der EFSA werteten daher Studien mit für Lebensmittel geeignetem sowie nicht geeignetem Titandioxid (einschließlich solchem in Nanogröße) aus. Eine kleine Zahl von Studien mit einem gewissen Anteil an für Lebensmittel nicht geeignetem Titandioxid legt mögliche negative Auswirkungen auf das Fortpflanzungssystem nahe.
Was ist der „Margin of Safety“?
Sind für einen Lebensmittelzusatzstoff nicht genügend Daten zur Festlegung eines ADI-Werts vorhanden, berechnen Risikobewerter eine Sicherheitsmarge, um zu bestimmen, ob die derzeitige Exposition potenziell bedenklich sein könnte. Generell gilt eine Sicherheitsmarge von 100 oder darüber als für die öffentliche Gesundheit unbedenklich.
Im realistischsten Szenario mit lebensmittelgeeignetem Titandioxid ergab sich für Kinder mit hohem Konsum (die am stärksten exponierte Bevölkerungsgruppe) eine Sicherheitsmarge von 150, während für die meisten Szenarien die Margen um ein Mehrfaches höher waren.
"Scientific Opinion on the re-evaluation of titanium dioxide (E171) as a food additive" finden Sie rechts neben dem Artikel verlinkt.
Mehr Daten erforderlich
Zusätzliche Tests zu Titandioxid in Lebensmittelqualität – eine erweiterte 90-Tage-Studie oder eine Mehr-Generationen- bzw. erweiterte Ein-Generationen-Studie zur Reproduktionstoxizität gemäß den aktuellen OECD-Richtlinien – würden dazu beitragen, mögliche Auswirkungen auf die Fortpflanzung zu klären, und umfassendere Daten zur Ableitung eines ADI-Werts liefern.
Die Sachverständigen der EFSA empfehlen, bei der Entscheidung über Versuchsansätze zur Generierung neuer toxikologischer Daten auch Tierschutzaspekte zu berücksichtigen.