Das waren die Wünsche der beiden Hauptredner des traditionellen Neujahrsempfangs Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde e.V. (BLL) in Bonn, Barbara Klepsch, sächsische Staatsministerin für Soziales und Verbraucherschutz, und Stephan Nießner, Präsident des BLL.
Stephan Nießner setzte in seiner Ansprache eine klare Botschaft für den Kurs des BLL im Wahljahr 2017: "Wir fordern die Freiheit für Unternehmen und Konsumenten, aber auf der anderen Seite auch staatliche Fürsorge für die Rechte der Unternehmer!" Letztere Forderung bezieht er vor allem auf die von Seiten einzelner Bundesländer und der Verbraucherministerkonferenz immer wieder diskutierte Veröffentlichung amtlicher Kontrollergebnisse im Wege eines Kontrollbarometers oder einer Hygieneampel. "Diese Pläne haben eine Pranger-Wirkung für Unternehmen. An die Ausgestaltung müssen daher hohe rechtstaatliche Anforderungen gestellt werden", so Nießner. Dazu zähle er die Sicherstellung einer zeitnahen Routinekontrolle nach Beseitigung der festgestellten Mängel sowie vor allem eine zeitnahe öffentliche Rehabilitation.
Mit Sorge sieht Präsident Nießner Tendenzen, die die Freiheit der Konsumenten zugunsten von mehr Verbraucherbevormundung und Verbraucherlenkung einschränken wollen. Werbeverbote und Strafsteuern seien für ihn der falsche Weg. "Die Antwort muss für mich sein, die Menschen stark zu machen, damit sie Freiheit leben können und ihrer Pflicht, für sich selbst Verantwortung zu übernehmen, gerecht werden können", mahnte Nießner. Der richtige Weg ist in seinen Augen, auf Transparenz und Bildung zu setzen. Er räumte ein, dass Informationen auf den Verpackungen vielleicht neu gedacht werden müssten, um tatsächlich an der Lebenswirklichkeit der Verbraucher anzusetzen. Einer "Ampel" erteilte er jedoch eine klare Absage, da diese nicht die Freiheit des Verbrauchers stärke, sondern ihn lenke. Bei der Schulung von Ernährungskompetenz sieht Nießner neben den Schulen auch die Familien in einer besonderen Verantwortung. "Nur wenn den Kindern ein gesundes und ausgewogenes Essverhalten vorgelebt wird und wenn Kinder frühzeitig beim Kochen aktiv einbezogen werden, wird die Ernährungskompetenz entscheidend gestärkt", betonte Nießner.
Ein weiterer Aspekt von Freiheit ist für Stephan Nießner die Absage an staatliche Ge-schmacks- und Rezeptvorgaben. Nießner wünscht sich hier ein Engagement der Verbraucherverbände: "Aktuelle Studien belegen, dass der Geschmack bei den Konsumenten Trumpf beim Kauf von Lebensmitteln ist. Ein Eingreifen des Staates geht also klar gegen Verbraucherinteressen". Verbraucherverbände müssten sich hier für die Interessen der Verbraucher stark machen.
Die sächsische Staatsministerin und diesjährige Vorsitzende der Verbraucherschutzministerkonferenz (VSMK), Barbara Klepsch, stellte in ihrer Rede die Schwerpunkte der VSMK vor. Einer der Schwerpunkte wird die Lebensmittelsicherheit sein. Pragmatismus und schnelles, gemeinsames Handeln liegen der Ministerin dabei besonders am Herzen: "Am Beispiel der Pyrrolizidinalkaloide in Tee haben die Überwachungsbehörden der Länder und die Lebensmittelwirtschaft schon einmal demonstriert, dass sie pragmatisch und schnell auf Herausforderungen reagieren können. Ich möchte heute dafür werben, diesen Weg erneut zu gehen", so Klepsch. Ein solches Vorgehen wünsche sie sich auch bei der Reduzierung von Mineralölrückständen.
Ein weiterer Schwerpunkt des sächsischen Vorsitzes der VSMK wird die Verbraucherinformation sein. Sie erkennt an, dass viele Unternehmen in Deutschland bereits vor dem Stichtag am 13. Dezember 2016 die Nährwertkennzeichnung freiwillig umgesetzt haben. Allerdings würden verschiedene Ausnahmeregelungen, eine bessere Verbraucherinformation verhindern. Daher möchte sie hier den Dialog mit der Lebensmittelwirtschaft suchen.
Kernthema der kommenden Verbraucherschutzministerkonferenz wird die Digitalisierung sein. Hier ist laut Staatsministerin Klepsch beispielsweise der Online-Handel von Lebensmitteln auf der Agenda, der an Bedeutung zunehmen wird. Aus diesem Grund wird sie sich für eine Weiterentwicklung der vorhandenen rechtlichen Regelungen und der Kontrollstrukturen stark machen. "Deutschland ist mit der gemeinsamen Zentralstelle der Ländern beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) bereits ein guter Start gelungen", erläutert Klepsch. "Dennoch sind Überlegungen zur Weiterentwicklung des Systems notwendig. Wir werden uns mit der Frage befassen, wie die Aufklärung der Verbraucher über Risiken noch besser gelingt, die sich beim Lebensmitteleinkauf ergeben", so Klepsch. Ein weiteres Ziel sei, die Online-Händler verstärkt auf ihre rechtlichen Verpflichtungen hinzuweisen.
Der vierte Schwerpunkt, den die Ministerin in ihrer Rede skizzierte, war das Thema interdisziplinäre Kontrollteams. Für sie liegen hier die Vorteile auf der Hand: "Kontrollen erfolgen zielgerichteter, tiefgreifender und unabhängig von möglichen Interessenkonflikten. Die überregionale Vergleichbarkeit wird verbessert. Das Vier-Augen-Prinzip wird gewahrt", erläutert Klepsch. Bewährte Modelle in den Ländern möchte sie auf andere Bundesländer übertragen.