'Hassliebe' zwischen Milchbauern und Genossenschaft

30.08.2017 - Deutschland

Der Bauer liefert seine Milch an die Molkerei, und die macht daraus Trinkmilch, Butter, Käse, Eis, Quark oder Joghurt. Mit der "Andienungspflicht" bindet sich der Landwirt fest und exklusiv an die Molkereigenossenschaft und wird durch Kapitaleinlagen selbst Genosse, also Miteigentümer. Im Gegenzug garantiert die Genossenschaft die Milchabnahme. Die Beziehung ist alles andere als konfliktfrei, eine Kündigung wagen dennoch nur wenige Bauern. Oft fehlt es an Alternativen.

Wie viele Landwirte kündigen ihre Verträge?

Die Wechselquoten von einer Molkerei zur anderen lagen in den Jahren 2013 bis 2015 konstant unter zwei Prozent: 2013 waren es 1,6 Prozent, 2014 1,7 und 2015 nur 1,0 Prozent. Das geht aus dem Sachstandsbericht des Bundeskartellamtes vom 03. März hervor. Daran ändert auch nichts, dass bei der größten Molkerei - dem Deutschen Milchkontor - derzeit viele Kündigungen anstehen. Erfahrungsgemäß werden viele Kündigungen auch wieder zurückgenommen. Das Kartellamt nimmt seit April 2016 die Lieferbeziehungen zwischen Bauern und Molkerei unter die Lupe.

Warum überhaupt kündigen?

Der Grund ist meist Unzufriedenheit mit der eigenen Genossenschaft. Für Ärger sorgt oft der Milchpreis oder die Ausrichtung der Geschäftspolitik. Ist die Kündigung ausgesprochen, muss sie vom Vorstand erst angenommen werden. Oft entscheidet sich der Landwirt nach Gesprächen noch anders. Das DMK will jedenfalls um "jeden Bauern kämpfen". Der Schritt, eine Genossenschaft zu verlassen, macht eigentlich nur Sinn, wenn der Milchbauer bei einer anderen Genossenschaft oder einer Privatmolkerei bessere Konditionen bekommt.

Wie sehen die vertraglichen Lieferbeziehungen aus?

Es gibt je nach Genossenschaft unterschiedliche Vertragsbindungs- und Kündigungszeiten. Bei über der Hälfte der Rohmilchmenge lag die Kündigungsfrist im März bei zwei Jahren. Erschwerend für die Bauern ist zudem: Die meisten Verträge sind nur einmal im Jahr kündbar (Stichtagseffekt). Das gilt laut Kartellamt für 90,5 Prozent der Erzeuger. Ein Fazit der Behörde: "Die bei der Rohmilcherfassung gebräuchliche Kombination von Kündigungsfrist und Exklusivität überschreitet nach vorläufiger Einschätzung der Beschlussabteilung den Rahmen des kartellrechtlich Zulässigen."

Wie sieht es beim Deutschen Milchkontor (DMK) aus?

Das DMK ist mit 8600 Erzeugern und jährlich 7,3 Milliarden Kilogramm verarbeiteter Milch die größte deutsche Molkerei. Ihr bereitet eine Kündigungswelle der Genossenschaftsbauern Sorgen. Derzeit haben rund 1100 Landwirte gekündigt, womit dem Milchkontor zum Januar 2019 insgesamt etwa 1,7 Milliarden Kilogramm Milch fehlen würden. Über 500 Millionen Kilogramm davon fallen zum Januar 2018 weg, weshalb das DMK bereits Werksschließungen ankündigte. Sollten die restlichen 1,2 Milliarden Kilogramm Milch tatsächlich wegfallen, müsste das DMK erneut reagieren.

Wie sind die Vertragsbedingungen bei DMK?

Eine von der DMK-Vertreterversammlung im Juni mit 94,1 Prozent beschlossene Satzungsänderung bietet jetzt jedem Mitglied die Möglichkeit, die zweijährige Andienungspflicht auf ein Jahr zu reduzieren. Das ermöglicht dem Bauern dann seine Milch bereits nach einem Jahr anderweitig zu vermarkten./hr/DP/stb (dpa)

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