Die antibakterielle Wirkung der Senföle
Kombination aus Kapuzinerkresse und Meerrettich wirkt auch bei Krankenhauskeimen
CGC Cramer-Gesundheits-Consulting GmbH/© Thomas Weidner
Senföle aus Kapuzinerkresse und Meerrettich werden seit Jahrhunderten zur Therapie von Infektionen der Harn- und Atemwege eingesetzt. Seit 1958 sind diese pflanzlichen Wirkstoffe in kombinierter Form als pflanzliches Arzneimittel (ANGOCIN® Anti-Infekt N) in Apotheken erhältlich. Die antibakterielle Wirkung der Senföle ist in zahlreichen Studien und Forschungsarbeiten nachgewiesen. Darunter sind auch zahlreiche internationale unabhängige Untersuchungen sowie zwei große Übersichtsarbeiten aus den Jahren 2015 und 2017, die die antibakteriellen Eigenschaften und Wirkmechanismen der Senföle anhand von jeweils mehr als einhundert Forschungsarbeiten analysiert haben[4,5].
Blasenentzündungen zählen zu den häufigsten Krankenhausinfektionen
Krankenhausinfektionen sind ein drängendes Problem. Darunter versteht man Infektionen, die während eines Aufenthalts oder einer Behandlung in einem Krankenhaus auftreten. Das Robert-Koch-Institut (RKI) beziffert die Zahl der jährlich in deutschen Krankenhäusern erworbenen Infektionen auf 400.000 bis 600.000, etwa 10.000 bis 15.000 Todesfälle resultieren daraus[6]. Zu den häufigsten Krankenhausinfektionen zählen Blasenentzündungen[6,7], mehr als 80 Prozent davon werden durch Blasenkatheter verursacht[8], die den Bakterien als Eintrittspforte in den Körper dienen. Blasenkatheter werden zur künstlichen Ableitung von Urin eingesetzt. Im Krankenhaus sind sie zum Beispiel bei querschnittgelähmten Patienten notwendig.
Blasenentzündungen werden meist durch den bakteriellen Erreger E. coli ausgelöst. Gegen diesen und zahlreiche weitere Keime - sogar gegen antibiotikaresistente Spezies - zeigten die in Kapuzinerkresse und Meerrettich enthaltenen Senföle in Laboruntersuchungen der Universität Freiburg eine ausgeprägte bakterienhemmende und -abtötende Wirkung[9,10]. Auch in zahlreichen internationalen Studien der letzten Jahre konnte die antibakterielle Wirkung dieser Pflanzenstoffe untermauert werden[4,5,11-15]. Darüber hinaus ist ebenso das antientzündliche[16-24] und antivirale[25-27] Potenzial der Senföle umfangreich belegt.
Forscher schlagen Alarm: Immer weniger wirksame Antibiotika verfügbar
Neuartige Substanzen zur Bekämpfung hartnäckiger Krankheitserreger werden dringend gesucht. Doch die Zahl der Antibiotika, die neu auf den Markt kommen, ist stark rückläufig[28]. Denn zum einen wird es immer schwieriger, Antibiotika-Klassen mit neuem Wirkprinzip zu erfinden. Zum anderen sind die Ertragsmöglichkeiten mit solchen Präparaten meist gering, weil sie als sogenannte Reserve-Antibiotika möglichst selten zum Einsatz gelangen sollen[29]. Reserveantibiotika sind oft das letzte Mittel gegen resistente Bakterien. Diese hochwirksamen Antibiotika sind der Therapie schwerer, lebensbedrohlicher Erkrankungen vorbehalten, wenn die infektiösen Bakterien bereits Resistenzen gegen andere Antibiotika entwickelt haben.
Zur Vermeidung zunehmender Antibiotikaresistenzen ist daher der Einsatz von Kapuzinerkresse und Meerrettich bei Blasenentzündungen als First-Line-Therapie zu empfehlen, so das Fazit deutscher Ärzte und Wissenschaftler bei einer interdisziplinären Expertendiskussion in Frankfurt am Main[29]. Konsequenterweise wird in der 2017 aktualisierten S3-Leitlinie zur Therapie von unkomplizierten Harnwegsinfektionen unter anderem der Einsatz von Kapuzinerkresse und Meerrettich als phytotherapeutische Option bei häufig wiederkehrenden Blasenentzündungen empfohlen[31]. Leitlinien sind Empfehlungen für den Arzt, die ihn bei der Behandlung seiner Patienten unterstützen und zum Beispiel aufzeigen, zu welchen Behandlungsmöglichkeiten Studien mit hoher Aussagekraft vorliegen. "Die seit langem zur Therapie von Infektionen der Harn- und Atemwege eingesetzten Senföle aus Kapuzinerkresse und Meerrettich erleben derzeit zu Recht eine Renaissance", sagt Prof. Kirschner-Hermanns. "Angesichts der dramatischen Resistenzentwicklung und der Suche nach neuen antimikrobiell wirksamen Substanzen, die keine Resistenzen verursachen, ist das antiinfektive Potenzial dieser Pflanzenstoffe daher von hohem Wert", resümiert die Expertin.