Hunger auf Steak und Soja befeuert Brände im Amazonasgebiet

27.08.2019 - Brasilien

Die Bilder vom brennenden Regenwald in Brasilien lösen auf der ganzen Welt Betroffenheit aus. Zwar wüten die Feuer Tausende Kilometer von Deutschland entfernt, dennoch hat die Katastrophe auf der anderen Seite des Atlantiks auch mit dem Konsumverhalten in Europa zu tun. Vor allem der Heißhunger auf saftige Steaks und herzhafte Koteletts befeuert die Abholzung und Brandrodung großer Flächen im Amazonasgebiet.

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"Natürlich hat auch unser Handeln in Deutschland viel mit dem Verlust des Regenwaldes zu tun", sagt der Professor für Welternährungswirtschaft an der Universität Göttingen, Matin Qaim. "Zum Beispiel importieren wir große Mengen Soja als Futtermittel für unsere Rinder und Schweine, und der steigende Sojaanbau trägt in Brasilien mit zur Regenwaldrodung bei."

Das Amazonasgebiet ist ein faszinierendes Ökosystem und die grüne Lunge der Welt, aber eben auch ein gigantischer Ressourcenschatz, der Begehrlichkeiten weckt: Im Regenwald lässt sich gutes Geld verdienen mit Rindfleisch und Soja, Energie und Gold. Laut einer Studie der Weltbank können gerade Landwirte im Amazonasgebiet deutlich profitabler wirtschaften als in anderen Regionen.

Nach Einschätzung von Umweltschützern haben Farmer die jüngsten Brände im Amazonasgebiet gelegt, um neue Weideflächen für ihre Viehherden oder Felder für den Sojaanbau zu schaffen. Üblicherweise werden bereits gerodete Waldflächen angezündet, um das Unterholz und die Baumstümpfe zu verbrennen, wie die Naturschutzorganisation Greenpeace erklärt. Weil es derzeit in der Region ungewöhnlich trocken ist, greifen die Brände auch auf noch intakte Waldflächen über und breiten sich immer weiter aus.

Die Welternährungsorganisation FAO macht die Umwandlung in Weideland für 80 Prozent der Verluste an Regenwald in der Amazonasregion verantwortlich. In den vergangenen Jahren ist die Fleischproduktion in Brasilien explodiert - rund 200 Millionen Rinder leben heute in dem größten Land Südamerikas. Die Exporte stiegen laut einer Analyse der Organisation Foodwatch in den vergangenen 14 Jahren um mehr als 700 Prozent. Heute ist Brasilien der größte Rindfleischexporteur der Welt.

Was auf den riesigen Weiden und Feldern in Brasilien angebaut wird, landet auch in Europa auf den Tellern. Nach Angaben der EU-Kommission ist Brasilien der größte Exporteur landwirtschaftlicher Produkte in die Europäische Union. Im vergangenen Jahr verkaufte Brasilien Agrarerzeugnisse im Wert von 14,5 Milliarden Euro an die EU. Durch das kürzlich vereinbarte Freihandelsabkommen zwischen dem südamerikanischen Wirtschaftsbündnis Mercosur und der Europäischen Union könnten es in Zukunft sogar noch mehr werden.

"Deutschland und die Europäische Union machen sich mit ihrer Unterschrift unter das Freihandelsabkommen mit den Mercosur-Staaten an den verheerenden Waldbränden mitschuldig", sagt der Brasilien-Referent des katholischen Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat, Klemens Paffhausen. "Die versprochenen niedrigeren Zölle auf Importe von Rindfleisch und Soja aus Südamerika führen zu mehr Abholzung und mehr Anbauflächen."

Frankreich und Irland drohen nun, das Mercosur-Abkommen angesichts der massiven Abholzung im brasilianischen Regenwald zu blockieren. Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) verlangte Schutzgarantien für das Amazonasgebiet. Auch die EU-Kommission will über den Mercosur-Deal Druck auf die Regierung des brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro ausüben.

Die EU ist der drittwichtigste Absatzmarkt für brasilianisches Rindfleisch. Nach Angaben des Verbands der brasilianischen Fleischexporteure (ABIEC) gingen im vergangenen Jahr rund 118 000 Tonnen Rindfleisch im Wert von 640 Millionen Euro in die EU.

Allerdings liegen die Europäer weit hinter den Hauptabnehmern China und Hongkong zurück. Nach Deutschland gingen zuletzt nur rund 5 700 Tonnen Rindfleisch aus Brasilien.

Noch viel wichtiger ist das Geschäft mit Soja. Mittlerweile ist Brasilien der zweitgrößte Produzent der grünen Bohne. Zuletzt wurden in dem südamerikanischen Land 117 Millionen Tonnen Sojabohnen geerntet. Auch hier geht der Löwenanteil nach China - und es könnten wegen des Handelskonflikts zwischen Peking und Washington noch mehr werden.

Um etwas gegen die Abholzung von Regenwald für neue Acker- oder Weideflächen zu tun, sollten nach Ansicht des Klimaforschers Richard Fuchs vom Karlsruher Institut für Technologie die Verbraucher zur Kasse gebeten werden. "Der Fleischkonsum muss sinken", sagt er kürzlich der Deutschen Presse-Agentur. "Die EU-Staaten könnten Fleisch von Tieren, die mit Soja aus Regenwaldgebieten gemästet werden, pauschal besteuern. Damit würden die ökologischen Folgekosten mit eingepreist."/dde/DP/fba

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