Gesundheitliche Risiken bei „Coffee-to-go“-Bechern

27.11.2019 - Deutschland

„Coffee-to-go“-Becher, aber auch anderes Geschirr aus Bambusfasern oder Maismehl, enthalten fast immer Melamin oder Formaldehyd. Bei Schwerpunktuntersuchungen der Bundesländer wurde der spezifische Migrationsgrenzwert für Melamin in einem Viertel der Proben überschritten. Darauf wies das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit bei seiner heutigen (26.11.) Pressekonferenz in Berlin hin. Weitere Schwerpunkte der Betriebskontrollen und Probenuntersuchungen im Jahr 2018 waren Hygienemängel in Großküchen und Verbrauchertäuschung beim Döner-Verkauf.

Derzeit werden als nachhaltige Alternativen zu Einweg-Produkten verstärkt „Coffee-to-go“-Becher aus „natürlichen“ Rohstoffen wie Bambusfasern oder Maismehl angeboten. Auch andere Bedarfsgegenstände wie Teller, Schüsseln oder Besteck gibt es in dieser Form. Die meisten Produkte enthalten jedoch Kunststoffe wie Melamin-Formaldehyd-Harze. Bei höheren Temperaturen können gesundheitlich bedenkliche Mengen an Melamin und Formaldehyd in Lebensmittel übergehen (migrieren), wenn also beispielsweise heiße Getränke wie Kaffee oder Tee eingefüllt oder Speisen in der Mikrowelle erhitzt werden.

Bei Untersuchungen der Bundesländer im Rahmen des bundesweiten Monitorings wurden 56 Produkte untersucht. In einem Viertel der Proben wurde der spezifische Migrationsgrenzwert für Melamin überschritten, in 11 % der Proben für Formaldehyd. Die höchsten Werte lagen um das 4-fache bei Melamin und um das 19-fache bei Formaldehyd über den spezifischen Migrationsgrenzwerten. „Die Verbraucherinnen und Verbraucher denken, sie greifen zu einer umweltfreundlichen Alternative, halten dann aber ein Produkt in Händen, von dem ein gesundheitliches Risiko ausgehen kann“, erklärte BVL-Präsident Dr. Helmut Tschiersky. „Besonders bedenklich ist, dass die Übergänge von Melamin in die jeweiligen Lebensmittel bei mehrfacher Nutzung der Produkte sogar ansteigen.“ Die Untersuchungsämter der Bundesländer untersuchten jeweils das 3. und das 5. Migrat, also den Übergang aufs Lebensmittel bei der 3. bzw. 5. Verwendung.

Großküchen schneiden schlechter ab

In der Gemeinschaftsverpflegung werden verschiedene Verfahren angewandt, um Speisen vorzubereiten, warmzuhalten und abzugeben. Sie werden als „Cook & Serve“-, „Cook & Chill“- und „Cook & Hold“-Verfahren bezeichnet. Ihnen allen ist gemein, dass die Betriebe eine entsprechende Geräteausstattung benötigen. Außerdem sind bestimmte Temperatur- und Zeitvorgaben einzuhalten. „So wird sichergestellt, dass von den Speisen keine mikrobiologischen Gefahren ausgehen und wertvolle Inhaltsstoffe erhalten bleiben“, erläuterte Prof. Dr. Michael Kühne von der Länderarbeitsgemeinschaft Verbraucherschutz. „Allerdings zeigten die Untersuchungen der Bundesländer, dass es große Unterschiede zwischen den Betrieben gibt. Die Großküchen schnitten deutlich schlechter ab.“

Bei den Kontrollen standen Küchen der Gemeinschaftsverpflegung, der Gastronomie und von Handwerksbetrieben mit Catering für sensible Verbrauchergruppen im Mittelpunkt. In 87,7 % aller 708 überprüften Betriebe stand eine angemessene Geräteausstattung zur Verfügung. Bei den 52 überprüften Groß- und Zentralküchen war dies nur bei 82,7 % der Fall. „Gerade hier erwartet man angesichts der großen Mengen von dort ausgegebenen Speisen eine hochprofessionelle Ausstattung“, so Michael Kühne. „Wer viele Menschen versorgt – gerade ältere oder kranke Menschen oder Kinder – trägt eine große Verantwortung und muss dieser auch gerecht werden.“

Auch bei der Einhaltung von Vorgaben und deren Dokumentation gab es bei den Großküchen mehr Mängel. So dokumentierten 70,4 % der Gastronomiebetriebe und 73,1 % der Handwerksbetriebe (wie Metzgereien) die Temperatur-Zeit-Parameter ausreichend, aber nur 55,3 % der Groß- und Zentralküchen. Bei 7 von 13 kontrollierten Groß- und Zentralküchen (53,8 %) waren außerdem die Parameter für das Schnellkühlen im „Cook & Chill“-Verfahren nicht festgelegt worden. Das schnelle Herunterkühlen der Speisen auf 3 °C zur anschließenden Aufbewahrung ist wichtig, um eine Vermehrung von Keimen zu vermeiden.

Bio-Putenfleisch enthält seltener resistente Keime

Einen Schwerpunkt der amtlichen Lebensmittelüberwachung bilden auch Untersuchungen auf Zoonose-Erreger und antibiotikaresistente Keime. Im Rahmen des Zoonosen-Monitorings wurden Mastputenbetriebe und Putenfleisch auf MRSA (Methicillin-resistente Staphylococcus aureus) und ESBL/AmpC-bildende E. coli untersucht. In Proben aus ökologisch wirtschaftenden Mastputenbetrieben und insbesondere in Proben von ökologisch erzeugtem Putenfleisch wurden die resistenten Keime deutlich seltener nachgewiesen als in den entsprechenden Proben aus der konventionellen Produktion. Während 12,2 bzw. 11,0 % der Proben von Bio-Putenfleisch positiv für ESBL/AmpC-bildende E. coli bzw. MRSA waren, lagen die Nachweisraten für diese Keime in Proben von konventionell erzeugtem Putenfleisch bei 37,6 bzw. 42,7 %. „Die Ergebnisse bestätigen Untersuchungen bei Masthähnchen und Rohmilch in den Vorjahren“, sagte Dr. Helmut Tschiersky. „Auch hier wurden bei ökologischer Erzeugung seltener resistente Keime gefunden. Dieser Unterschied ist vermutlich auf den geringeren Antibiotikaeinsatz bei ökologisch gehaltenen Tieren zurückzuführen.“ Prof. Dr. Michael Kühne ergänzte für die Bundesländer: „Die Ergebnisse des Zoonosen-Monitorings 2018 verdeutlichen, dass die Anstrengungen, den Antibiotikaeinsatz beim Geflügel durch Verbesserungen der Tiergesundheit zu senken, weiter verstärkt werden müssen“.

Döner oder Drehspieß

Ein Ziel der Lebensmittelüberwachung ist es auch, Verbraucher vor Täuschung zu schützen. Ein Programm des bundesweiten Überwachungsplans 2018 widmete sich daher der Kennzeichnung von Döner bzw. Döner-Kebap im Gastronomie- und Imbissbereich. Ein Döner/Döner-Kebap darf laut den Leitsätzen des deutschen Lebensmittelbuches aus dünnen Fleischscheiben aus Schaf- und/oder Rindfleisch bzw. aus Hähnchen- und/oder Putenfleisch bestehen, die auf einen Drehspieß gesteckt werden. Ein Döner aus Schaf- und/oder Rind-fleisch darf maximal 60 % Hackfleisch enthalten. Bei der Herstellung dürfen nur Salz und Gewürze, Eier, Zwiebeln, Öl, Milch und Joghurt verwendet werden. Die Verwendung von zugelassenen Zusatzstoffen wie Phosphat muss gekennzeichnet werden.

„Produkte, die nicht diesen Anforderungen entsprechen, müssen als Drehspieße oder als Erzeugnisse eigener Art bezeichnet werden“, erläuterte Dr. Georg Schreiber vom BVL. „Hier gibt es keine derartigen Beschränkungen bezüglich der Zutaten.“ Bei den insgesamt 1.183 untersuchten Proben wurden rund 57 % als Döner angeboten, die anderen als Drehspieße oder Erzeugnisse eigener Art. „Bei mehr als einem Drittel war die Bezeichnung der Produkte jedoch irreführend und die Käuferinnen und Käufer wurden getäuscht“, so Dr. Georg Schreiber.

Photo by Tamara Bellis on Unsplash

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