Viele Proteine, weniger Fleisch

Veränderte Ernährungsgewohnheiten in Deutschland

30.11.2020 - Deutschland

Fleisch galt in der westlichen Gesellschaft lange Zeit als beste Quelle für eine ausreichende Proteinversorgung – vor allem in der männlichen Bevölkerung. Doch Gesundheitsprobleme, Klimawandel und Tierschutz lassen die Menschen umdenken. Wie sich die Herstellung und der Konsum des begehrten Nährstoffs ändern und welche gesellschaftlichen Konflikte damit einhergehen, untersuchen Soziologinnen und Soziologen der TU Darmstadt in ihrem neuen, vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Forschungsprojekt „Proteinversorgung zwischen Biopolitik und Biotechnologie - ProteinBioTech“.

ulleo / Pixabay

Proteine, bislang vorwiegend Gegenstand naturwissenschaftlicher Forschung, werden für den Alltagskonsum und die Ernährungskultur immer wichtiger. Ob über Hülsenfrüchte, Sojaschnitzel, Insekten oder hybride Burger: Die Proteinzufuhr soll gesichert bleiben, auch in Zeiten, in denen der Verzehr von zu viel Fleisch zunehmend in die Kritik gerät. „Proteine entwickeln sich gerade zu einer eigenen Produktkategorie. Wir beobachten einen regelrechten Hype um diesen Nährstoff“, berichtet Professorin Dr. Tanja Paulitz, Kultur- und Wissenssoziologin an der TU Darmstadt.
An den Schnittstellen von Wissenschafts- und Technikforschung, Kultur- und Wissenssoziologie sowie der Geschlechterforschung wollen Paulitz und ihr Team im Rahmen des Projektes „ProteinBioTech“ analysieren, wie sich ernährungskulturelle Leitbilder hierzulande mit Blick auf Proteine verändern. Mit ihrem Forschungsvorhaben docken sie an den aktuellen politischen Diskurs um das „Proteinproblem“ an, das der Bioökonomierat der Bundesregierung mit Blick auf den Klimawandel und wachsende Gesundheitsprobleme, aber auch hinsichtlich globaler Verteilungskämpfe als zentrales Thema definiert. Ein Ziel der Bioökonomie-Strategie ist es deswegen mehr alternative Proteinquellen zu nutzen.
„Uns interessieren vor allem die gesellschaftlichen Konfliktlinien, die mit diesem Wandel verbunden sind“, erläutert Martin Winter, Wissenschaftler am Institut für Soziologie der TU Darmstadt. Warum wird Fleischkonsum verteidigt? Welche Rolle spielen Proteine im Alltag? Was passiert, wenn Kulinarik auf Naturwissenschaft stößt? Welche Rolle spielen Geschlecht und Sozialstatus beim Konsum von Proteinen? Diese Fragen soll das Projekt auf der Basis empirischer Studien unter anderem in der Nahrungsmittelindustrie, in Restaurants und Kantinen sowie der Ernährungsberatung beantworten.

Hintergrund:
Das Projekt „ProteinBio Tech – Proteinversorgung zwischen Biopolitik und Biotechnologie“ wird im Rahmen der Förderlinie „Bioökonomie als gesellschaftlicher Wandel“ vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert (Fördervolumen: ca. 645.000€). Unter der Leitung von Prof. Dr. Tanja Paulitz, Fachgebiet Kultur- und Wissenssoziologie am Institut für Soziologie der TU Darmstadt, knüpft es an das vom Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst geförderte Projekt „Ernährungskulturen und Geschlecht“ an. Es ist angesiedelt im Arbeitsbereich Kultur- und Wissenssoziologie.

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