Vom Nischenprodukt zum Zukunftstrend

Schlüsseltechnologie für die Herstellung von Fleischersatzprodukten

16.02.2021 - Deutschland

Noch vor einigen Jahren fristeten Tofu-Wiener, Erbsen-Patties oder Soja-Schnitzel ein Nischendasein. Inzwischen sind sie im Kühlschrank vieler Menschen angekommen: Im ersten Quartal 2020 stieg der Absatz auf rund 20.000 Tonnen, das entspricht einem Anstieg um 37 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal. Eine dynamische Entwicklung wie nie zuvor wird für die kommenden Jahre erwartet – globale Kampagnen wie der Veganuary (ein “veganer Januar”) tragen auch hierzulande dazu bei: Ethische, gesundheitliche und ökologische Gründe sprechen für viele Verbraucherinnen und Verbraucher für den Konsum der pflanzenbasierten Alternativen zum Fleisch.

PhilippArnoldt / TU Berlin

Forschte im Rahmen des IGF-Projekts an der TU Berlin – und heute auf Unternehmensseite: Elisabeth Högg bei Nassextrusionsversuchen.

Doch der Veggie-Boom konnte erst an Fahrt aufnehmen, seitdem die Qualität stimmt und die Produkte nicht mehr etwas versprechen, was sie nicht halten können – vor allem die Strukur und die Konsistenz vieler Produkte war bis vor wenigen Jahren nicht wirklich überzeugend: Der typische Biss der fleischbasierten Vorbilder fehlte.

Dies zu ändern, war das Ziel eines Projektes der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF), das über den Forschungskreis der Ernährungsindustrie e.V. (FEI) koordiniert wurde. Drei Wissenschaftlerteams der Technischen Universität Berlin, des Deutschen Instituts für Lebensmitteltechnik in Quakenbrück und des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) haben gemeinsam daran geforscht. Mit großem Erfolg!
Unterstützt und begleitet wurde das 2018 abgeschlossene Projekt von einem Ausschuss aus 21 Unternehmen, darunter 12 kleinen und mittelständischen Unternehmen sowie drei Branchenverbänden.

Um die Weichen für eine gleichbleibend hohe Qualität der Alternativprodukte zu stellen, nahm das Projektteam eine Schlüsseltechnologie unter die Lupe, die auch zuvor schon für die Produktion von pflanzlichen Fleischalternativen eingesetzt wurde: Die Nassextrusion, auch High-Moisture-Extrusion genannt. Doch das hohe Potential dieses Verfahrens konnte vor Beginn der Forschungsarbeiten 2015 nur unzureichend ausgeschöpft werden. Denn wie der Prozess im Detail funktioniert und welche Wechselwirkungen dabei eine Rolle spielen, war weitgehend unbekannt – eine Black Box für jeden Hersteller. Sie mussten bei der Entwicklung hochwertiger neuer Produkte auf einen zeit- und kostenaufwändigen Trial-and-Error-Prozess setzen und fanden bei Qualitätsschwankungen häufig nicht die Ursache.

Mit den Ergebnissen des IGF-Projekts wird Herstellern von pflanzenbasierten Proteinprodukten nun ermöglicht, bereits im Vorfeld der Produktion und in Abhängigkeit der eingesetzten Rohstoffe die erforderlichen Parameter des Extrusionsprozesses festzulegen und so hochwertige Produkte mit gewünschter Struktur herzustellen. Die Gefahr von Ausfallzeiten und Fehlchargen wird dadurch erheblich minimiert. Dies ist besonders für kleine und mittlere Unternehmen bedeutend, da diese in diesem kontinuierlich wachsenden Markt besonders aktiv sind.

Dass auch junge Unternehmen von Industrieller Gemeinschaftsforschung profitieren, bestätigt Dr. Achim Knoch, Head of R&D/Quality bei der Like Meat GmbH in Düsseldorf, die 2013 gegründet wurde und auf das Know-How aus der Forschung setzt: "Die Ergebnisse des IGF-Projekts haben dazu beigetragen, dass wir heute mit weniger Verlusten und effektiver Produkte von hoher Qualität herstellen können."

Durch die gezielte Variation von Rezeptur und Bearbeitungsparametern gelingt es inzwischen vielen Unternehmen kontinuierlich besser, die Struktur von Produkten aus Pflanzenproteinen noch genauer an die von unterschiedlichen Fleischarten anzugleichen und damit den Erwartungen von Verbraucherinnen und Verbrauchern zu entsprechen. Sie leisten damit einen Beitrag zur Erhöhung des Anteils an pflanzlichem Protein in der Ernährung der Bevölkerung.

Der entwickelte Modellierungsansatz wurde nach Abschluss des IGF-Projektes vertieft – im Rahmen eines Kooperationsprojektes des Zentralen Innovationsprogramms Mittelstand (ZIM), das ebenso wie die Industrielle Gemeinschaftsforschung von Bundesministerium für Wirtschaft und Energie gefördert wird.

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