Wie Drohnen und DNA Ernten retten können
iGEM2021: HHU-Projekt CereX
Bild von DJI-Agras auf Pixabay
Das diesjährige Team will ein System entwickeln, welches Stress in Pflanzen sowohl frühzeitig identifizieren als auch feststellen kann, woran die Pflanzen leiden. Landwirte können so wesentlich schneller Pflanzenschutzmaßnahmen einleiten, um ihre Felder effektiver zu schützen. Die gewonnenen „Stressdaten“ sollen zusätzlich maschinell ausgewertet werden, um unter anderem die Ausbreitung von Pflanzenkrankheiten besser vorhersehen zu können.
„Der effiziente Ressourceneinsatz ist eine der großen Herausforderungen dieses Jahrhunderts, dies gilt vor allem für den Ackerbau. Die Landwirtschaft muss mit der stetig wachsenden Bevölkerung zwangsläufig effizienter werden. Gleichzeitig kommt es zu hohen Ernteverlusten aufgrund von Pflanzenpathogenen. Genau da möchten wir ansetzen”, umreißt Wasim Djamriani, Mitglied des iGEM-Teams der HHU, das Ziel ihres Projekts „CereX“.
Pflanzen sind aufgrund ihrer stationären Natur der Umwelt stärker ausgesetzt als andere Lebewesen: Sie können nicht umziehen, wenn sich die Bedingungen verschlechtern. Sieht sich die Pflanze mit einer Herausforderung konfrontiert, so kommt es – wie beim Menschen auch – zu einer Stressreaktion. Reize, die zu solch einer Reaktion führen, bezeichnet man als „Stressoren“, wobei zwischen sogenannten biotischen und abiotischen Stressoren unterschieden wird.
Abiotische Stressoren kommen aus der unbelebten Umwelt –beispielsweise lange Trockenperioden –, während biotische Stressoren mit anderen Lebewesen zusammenhängen. Dies können zum Beispiel pathogene Erreger sein. Ist eine Pflanze chronisch bestimmten Stressoren ausgesetzt, führt es zu signifikanten Ertragsminderungen, bis hin zum Verlust ganzer Ernten.
In der Praxis will das CereX-Team eng mit Landwirten zusammenarbeiten. In regelmäßigen Intervallen sollen die Felder der Bauern mit Drohen überflogen werden, die mit speziellen Kameras ausgestattet sind und die Fotosynthese-Aktivität der Pflanzen registrieren. Mithilfe verschiedener Algorithmen kann dann zwischen biotischen und abiotischen Stressherden unterschieden werden. Bei biotischem Stress begeben sich die Studierenden in das Feld und benutzen ihren Test, um den pathogenen Erreger zu identifizieren.
Für die Pathogenidentifikation arbeitet das Team an einem Schnelltest, welcher einem Schwangerschafts- oder Corona-Schnelltest ähnelt. Während in letzteren oftmals Antikörper benutzt werden, setzt das iGEM-Team sogenannte Aptamere ein. Sie sind im Vergleich zu Antikörpern einfacher und günstiger herzustellen. Als Zielmoleküle, auch „Targets“ genannt, dienen die Pathogene selbst.
Für die Erreger müssen dann zwei unterschiedliche Aptamere generiert werden, die wie ein Antikörper mit dem Target binden. Eines der Aptamere wird mit Goldnanopartikeln versehen. Der zweite Aptamer sitzt an der Testlinie. Sobald die Probe auf den Teststreifen getropft wird, wandert die Flüssigkeit den Streifen entlang. Ist das Target in der Probe enthalten, so bindet der erste Aptamer mit den Goldpartikeln und dieser Komplex bindet an dem zweiten Aptamer, wo dann eine rote Linie sichtbar wird. Neben der Testlinie befindet sich üblicherweise noch eine Kontrolllinie, die immer rot ist. Die rote Farbe rührt von den Goldnanopartikeln her. Somit signalisieren zwei rote Linien ein positives Testergebnis und das Vorhandensein eines spezifischen Pathogens.
Der synthetisch-biologische Anteil des Projektes findet sich vor allem im Projekt „Ampelpflanze“ wieder. Dabei wird eine Pflanze der Art Arabidopsis thaliana (Ackerschmalwand) genetisch modifiziert, sodass sich die Blätter der Pflanze bei Stresseinwirkung verfärben. Das Blatt einer gesunden Pflanze ist demnach grün, bei Trockenstress färbt sich das Blatt gelb und bei einem Pathogen-induzierten Stress ändert sich die Farbe zu rot. Dem Team dient dies primär als konzeptioneller Beweis und ermöglicht verschiedene Versuche: So soll beispielsweise die Sensitivität des Tests bestimmt sowie ermittelt werden, ab und in welchen Stadien der Infektion ein positives Ergebnis zu erwarten ist.
Beim Finale im Oktober, dem sogenannten „Giant Jamboree“ in Paris, werden die Projekte aller teilnehmender Gruppen von der Jury nach verschiedenen Kriterien bewertet. Dabei wird nicht nur die wissenschaftliche Umsetzung bewertet, sondern vor allem die Kommunikation des Teams mit seinem Umfeld; dazu zählen Gespräche mit Experten, Unternehmen, aber auch Feedback von potenziellen Kunden.
Das Düsseldorfer Team hat bereits Gespräche mit verschiedenen Professoren geführt, um das Projekt auf Herz und Nieren zu prüfen. Dieser Kommunikationsschwerpunkt unterscheidet iGEM auch von anderen Wettbewerben. Es ähnelt insgesamt mehr an das Aufbauen eines Start-ups als an einen klassischen Projektwettbewerb.
„Die letzten sieben Monate waren eine wertvolle Erfahrung für mich als angehende Wissenschaftlerin“, so Teammitglied Eva-Helena Aden: „Gerade während der Pandemie hat iGEM mir die Möglichkeit geboten, nicht nur theoretische und praktische Kompetenzen im Umgang mit einem wissenschaftlichen Projekt zu gewinnen, sondern auch, um mit meinen Mitstudierenden über die Grenzen unserer Universität hinaus in Kontakt zu treten.“
Team CereX
Der Name CereX ist eine Komposition aus den Begriffen Ceres und SELEX. Hierbei ist Ceres das römische Pendant zu Demeter, der Göttin des Ackerbaus und der Fruchtbarkeit. SELEX ist ein Akronym für „Systematic Evolution of Ligands by EXponential Enrichment“ und bezeichnet den Prozess der Aptamer-Generierung.
Strukturiert sind die iGEM-Teams in drei Kategorien. Die treibende Kraft des Projekts sind die sogenannten „Member“, in diesem Jahr elf Studierende. Mit Rat und Tat beiseite stehen ihnen die „Advisor“, die allesamt schon ein iGEM-Jahr erfolgreich hinter sich gebracht haben. Als oberste wissenschaftlich-leitende Instanz hat das Team zwei „Primary investigator“, zum einen Prof. Dr. Oliver Ebenhöh vom Institut für quantitative und theoretische Biologie und zum anderen Prof. Dr. Nicole Linka vom Institut Biochemie der Pflanzen an der HHU. Zusätzlich unterstützen Professorinnen und Professoren von verschiedensten Instituten das Team nach besten Kräften.
Der iGEM-Wettbewerb
iGEM steht für „international Genetically Engineered Machine“. 2003 am Massachusetts Institute of Technology in den USA ins Leben gerufen, richtet die iGEM-Foundation einen internationalen Wettbewerb aus, bei dem studentische Teams selbstständig Projekte im Bereich der synthetischen Biologie auf die Beine stellen. In der synthetischen Biologie werden neue Mechanismen durch Kombination von Komponenten verschiedener Organismen erschaffen. Dieses Jahr beteiligen sich 364 studentische Teams aus über 42 Ländern. Bereits dreimal haben die Düsseldorfer Studierenden Goldmedaillen gewonnen.
Die Forschungsprojekte orientieren sich an aktuellen Themen und versuchen, entweder nützliche neue Werkzeuge und Verfahren für die Wissenschaft zu entwickeln oder bestehende Probleme von Industrie, Medizin und Umwelt zu lösen. Das übergeordnete Ziel des Wettbewerbs ist es, die Welt über die Möglichkeiten der synthetischen Biologie aufzuklären und mit den Projekten zu verbessern. Ein knappes Dreivierteljahr haben die teilnehmenden Teams Zeit, ihr Projekt von der Ideenfindung bis zur finalen Präsentation voranzutreiben. Dabei müssen sie sowohl den wissenschaftlichen Teil im Labor selbst organisieren, als auch sich um Unterstützung durch Sponsoren kümmern.