Schadensersatz für Glyphosat im Honig?
Landgericht Frankfurt/Oder hat am 10.08.2021 über Glyphosat-Schaden bei Brandenburger Imkerei Seusing verhandelt.
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152-fache Überschreitung der Rückstandshöchstmengen
Der Imker Sebastian Seusing hatte seine Bienenvölker seit Mai 2018 an einem Waldrand im Landkreis Barnim aufgestellt. Im April 2019 fanden seine Bienen auf dem angrenzenden Feld einen reich gedeckten Tisch vor: der Löwenzahn stand in voller Blüte. Der Pächter des Feldes, eine von niederländischen Investoren geführte Landwirtschaftsgesellschaft, besprühte den Löwenzahn mit Glyphosat, um das Feld für den Maisanbau vorzubereiten. Seusings Bienen sammelten weiter mit Glyphosat besprühten Blütenpollen und Nektar, bevor der Löwenzahn nach zwei Tagen abstarb.
Laboranalysen des Honigs ergaben, dass die zulässigen Rückstandshöchstmengen für Glyphosat bis zu 152-fach überschritten wurden. Imker Seusing musste große Mengen seines Honigs entsorgen, weil dieser nicht mehr verkehrs- und verzehrfähig war. Aufgrund der wirtschaftlichen Schäden hat Seusing seinen Familienbetrieb mittlerweile aufgegeben. Nun fordert er Schadensersatz von der Landwirtschaftsgesellschaft.
Die Verhandlung heute
In der mündlichen Verhandlung erläuterte der Imker, weshalb er den Standort auswählte und nicht mit einer Pestizidanwendung rechnen musste. Es wurde erörtert, ob der Imker den Landwirt in diesem Fall über das Aufstellen der - weithin sichtbaren - Bienenstände ausdrücklich hätte informieren müssen. Daran knüpft sich die Frage, ob das Gericht eine bloße Einzelfallentscheidung oder ein Grundsatzurteil treffen müsse. Nach Ansicht des Imkers geht es um die grundsätzliche Frage, ob Imker*innen darauf vertrauen dürfen, dass Landwirte Pestizide nur so einsetzen, dass die Honigproduktion durch Imker*innen überall in Deutschland möglich ist.
Der Richter gab den Beteiligten Gelegenheit zu weiteren schriftlichen Stellungnahmen und kündigte eine Entscheidung für den 14. September an.
Für den Imker ist die Sache klar: Er konnte weder wissen noch verhindern, dass der Landwirt das Glyphosat ausbringt. Die Landwirtschaftsgesellschaft lehnt einen Schadensersatz ab, weil Glyphosat nicht als bienengefährlich eingestuft sei. Für die Einhaltung der Rückstandshöchstgehalte im Honig fühlt sie sich nicht verantwortlich, obwohl der Pflanzenschutzdienst des Landes Brandenburg seit Jahren darauf hinweist, dass zur Vermeidung von Rückständen im Honig der Glyphosateinsatz bei blühenden Pflanzen unterbleiben sollte. Falls das Gericht zugunsten des Imkers entscheidet, hätte das Urteil eine wichtige Signalwirkung. Denn bisher tragen meist die Imkereien in solchen Fällen die Kosten für die fremdverursachten Schäden.
Sebastian Seusing wird unterstützt von der Aurelia Stiftung. Er wird vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Georg Buchholz vom Berliner Anwaltsbüro Gaßner, Groth, Siederer & Coll.
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