Das Medizin- und Wissenschaftsbündnis Deutsche Allianz Nichtübertragbare Krankheiten (DANK) fordert anlässlich des Tags des der gesunden Ernährung eine komplette Streichung der Mehrwertsteuer für frisches Obst, Gemüse und Hülsenfrüchte. Die stark steigenden Lebensmittelpreise träfen Menschen mit geringem Einkommen besonders. Hier müsse gegengesteuert werden, so das Bündnis, dem 21 medizinisch-wissenschaftliche Fachgesellschaften und Forschungseinrichtungen angehören – darunter die Deutsche Gesellschaft für Ernährungsmedizin (DGEM), die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG), die Deutsche Adipositas-Gesellschaft (DAG) und die Deutsche Krebshilfe. Laut Angaben des Statistischen Bundesamts sind die Lebensmittelmittelpreise im Februar um 5,3 Prozent und im Januar um 5,0 Prozent im Vergleich zum jeweiligen Vorjahresmonat gestiegen. Frisches Gemüse war besonders betroffen. Das Wirtschaftsforschungsinstitut ifo rechnet damit, dass die Lebensmittelpreise im Jahr 2022 um sieben Prozent gegenüber dem Vorjahr ansteigen werden.
„Die Lebensmittelpreise kennen zurzeit nur eine Richtung: nach oben. Eine gesunde Ernährung darf keine Frage des Geldbeutels sein. Die Bundesregierung muss die neuen rechtlichen Spielräume nutzen und die Mehrwertsteuer für Gemüse und Obst ein für alle Mal abschaffen“, fordert Barbara Bitzer, Sprecherin von DANK und Geschäftsführerin der DDG. „Im Gegenzug sollten die Hersteller überzuckerter Getränke zur Kasse gebeten werden. Zuckergetränke sind ein wesentlicher Treiber für Adipositas und Diabetes. Die Hersteller brauchen endlich wirksame Anreize, den Zuckergehalt drastisch zu reduzieren“, so Bitzer.
Bislang sieht das EU-Recht einen Mindestsatz von 5 Prozent Mehrwertsteuer für Lebensmittel vor. Im Dezember 2021 haben sich die Finanzminister der EU-Mitgliedsstaaten darauf verständigt, dass in Zukunft für Lebensmittel und andere Waren des Grundbedarfs Mehrwertsteuersätze von 0 Prozent möglich werden. Die EU-Kommission hatte eine Reform bereits im Jahr 2018 vorgeschlagen. Sobald das Parlament seine Stellungnahme abgegeben habe, werde die Richtlinie förmlich angenommen, kündigte der EU-Ministerrat im Dezember an. In Deutschland gilt derzeit für die meisten Lebensmittel ein Steuersatz von 7 Prozent.
Um eine gesunde Ernährung zu fördern, ist nach einhelliger wissenschaftlicher Einschätzung ein Zusammenspiel verschiedener Maßnahmen nötig. Dazu gehören Werbebeschränkungen für ungesunde Lebensmittel, Mindeststandards für das Essen in Kitas und Schulen, eine laienverständliche Nährwertkennzeichnung sowie eine Lebensmittelbesteuerung, die sich am Gesundheitswert der Produkte orientiert. Beispiele aus anderen Ländern zeigen, dass diese Maßnahmenbündel wirken. SPD, Grüne und FDP haben sich im Koalitionsvertrag darauf geeinigt, dass die an Kinder gerichtete Werbung für Lebensmittel mit einem hohen Gehalt an Zucker, Fett, Salz eingeschränkt und bis 2023 eine Ernährungsstrategie beschlossen werden soll. Eine Mehrwertsteuerbefreiung für Gemüse und Obst sowie eine Herstellerabgabe für Zuckersteuergetränke sind bislang nicht angekündigt. Beide Maßnahmen seien für eine wirksame Ernährungsstrategie unerlässlich, so das Wissenschaftsbündnis DANK.
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