Warum gelagertes Leinöl bitter schmeckt
Was man dagegen tun könnte
Marion Schmid
Leinöl ist im Vergleich zu anderen Pflanzenölen besonders reich an lebensnotwendigen Omega-3-Fettsäuren und kann daher zu einer gesunden Ernährung beitragen. Frisch gepresst hat es einen delikaten, nussigen Geschmack. In Abhängigkeit von den Lagerbedingungen entwickelt es jedoch relativ rasch eine unangenehme bittere Fehlnote, was der Verbraucherakzeptanz entgegenwirkt.
Oxidationsprodukte unter Verdacht
Bereits frühere Analysen hatten annehmen lassen, dass im gealterten Öl neben oxidierten Fettsäuren auch ringförmige Peptide (Cyclolinopeptide) ursächlich für den Bittergeschmack sind. Diese bestehen aus acht bis neun Aminosäuren und lassen sich in sechs Klassen (1 bis 6) einteilen. Bislang war jedoch unbekannt, welche der 25 menschlichen Bitterrezeptortypen sie stimulieren.
Um dies zu ergründen, bestimmte das Forschungsteam zunächst mit spektroskopischen Analysemethoden die Konzentrationen der verschiedenen Cyclolinopeptide in frischem sowie acht Monate altem, bei Raumtemperatur gelagertem Leinöl. Ebenso ermittelte es den jeweiligen Gehalt der verschiedenen Oxidationsprodukte. Im Anschluss untersuchten Tatjana Lang und Maik Behrens vom Leibniz-Institut die Wirkung der isolierten nicht-oxidierten als auch oxidierten Peptide auf die unterschiedlichen Bitterrezeptortypen. Hierzu verwendeten sie ein am Leibniz-Institut etabliertes zelluläres Testsystem.
Nur zwei menschliche Bitterrezeptortypen reagieren
„Wie angenommen, stieg lagerungsbedingt der Anteil der oxidierten Peptide deutlich an“, berichtet Lebensmittelchemiker Oliver Frank vom Lehrstuhl für Lebensmittelchemie und molekulare Sensorik. Erstautorin Tatjana Lang ergänzt: „Erstaunlicherweise reagierten aber nur zwei der 25 Bitterrezeptortypen auf die Peptide – insbesondere der TAS2R14.“ Nach Aussage der Forschenden enthielten dabei fast alle getesteten Peptide, die in der Lage waren, die Rezeptoren zu aktivieren, ein oder zwei oxidierte Methioninbausteine in ihrer Ringstruktur. Methionin ist eine schwefelhaltige Aminosäure, deren Oxidation zu Methioninsulfoxid oder Methioninsulfon führt.
Wie die Studie zeigt, war im gelagerten Öl hauptsächlich ein Methioninsulfoxid-haltiges Oxidationsprodukt der Peptidklasse 4 in relevanten Mengen nachweisbar. Gleichzeitig aktivierte es den Rezeptor TAS2R14 sehr stark. „Im Vergleich zu anderen scheint daher dieses Oxidationsprodukt maßgeblich für die bittere Fehlnote verantwortlich zu sein“, sagt Studienleiter Maik Behrens. „Folglich wäre es denkbar, die Geschmacksqualität von gelagertem Leinöl zu optimieren, indem diese Peptidklasse durch züchterische oder technische Maßnahmen im Öl entfernt bzw. deren Gehalt gesenkt wird“, so der Wissenschaftler weiter.
Die Gene, die im Flachs die Cyclolinopeptide kodieren, seien nach Aussage der Forschenden bekannt. Ebenso gäbe es Leinsamensorten wie „Flanders“, die im Vergleich zu anderen Sorten weniger Cyclolinopeptide der Klasse 4 enthielten und potentiell als Basis für Neuzüchtungen in Frage kämen.
Originalveröffentlichung
Meistgelesene News
Originalveröffentlichung
Lang, T., Frank, O., Lang, R., Hofmann, T., and Behrens, M. (2022). Activation Spectra of Human Bitter Taste Receptors Stimulated with Cyclolinopeptides Corresponding to Fresh and Aged Linseed Oil. J Agric Food Chem. 10.1021/acs.jafc.2c00976. https://pubs.acs.org/doi/abs/10.1021/acs.jafc.2c00976
Organisationen
Weitere News aus dem Ressort Wissenschaft
Holen Sie sich die Lebensmittel- und Getränke-Branche in Ihren Posteingang
Mit dem Absenden des Formulars willigen Sie ein, dass Ihnen die LUMITOS AG den oder die oben ausgewählten Newsletter per E-Mail zusendet. Ihre Daten werden nicht an Dritte weitergegeben. Die Speicherung und Verarbeitung Ihrer Daten durch die LUMITOS AG erfolgt auf Basis unserer Datenschutzerklärung. LUMITOS darf Sie zum Zwecke der Werbung oder der Markt- und Meinungsforschung per E-Mail kontaktieren. Ihre Einwilligung können Sie jederzeit ohne Angabe von Gründen gegenüber der LUMITOS AG, Ernst-Augustin-Str. 2, 12489 Berlin oder per E-Mail unter widerruf@lumitos.com mit Wirkung für die Zukunft widerrufen. Zudem ist in jeder E-Mail ein Link zur Abbestellung des entsprechenden Newsletters enthalten.