Lebensmittel retten – mit Leibniz-Forschung
Jährlich werden in Deutschland 710.000 Tonnen Lebensmittel entsorgt; nur ein Drittel davon landet bei den Tafeln, obwohl der Bedarf an geretteten Lebensmitteln selten so groß war. Abhilfe schaffen soll ein neuer Algorithmus.
11.07.2023 · News · ZEW – Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung · Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Raumwissenschaften · Projekte
Forschende des ZEW Mannheim zeigen in Zusammenarbeit mit Tafel Deutschland e.V., wie man die Lebensmittelverteilung mithilfe eines Verteil-Algorithmus fairer und effizienter gestaltet und dadurch Lebensmittel rettet.
In Deutschland werden jährlich 710.000 Tonnen Lebensmittel entsorgt. Etwa ein Drittel davon retten die ehrenamtlichen Helfer/innen der Tafeln und verteilen sie an Bedürftige. Aufgrund einer ineffizienten Lebensmittelverteilung wird das Potenzial jedoch nicht vollständig ausgeschöpft. In einem vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) geförderten Projekt zeigen Forschende des ZEW Mannheim in Zusammenarbeit mit Tafel Deutschland e.V., wie man die Lebensmittelverteilung mithilfe eines Verteil-Algorithmus fairer und effizienter gestaltet und dadurch Lebensmittel rettet.
„Bisher können einige Ausgabestellen den Konsumbedarf ihrer Kundinnen und Kunden nicht decken, während die verfügbaren Spenden in anderen Ausgabestellen den Konsumbedarf übersteigen“, erklärt Prof. Dr. Thilo Klein, Ökonom im ZEW-Forschungsbereich „Marktdesign“ und Professor an der Hochschule Pforzheim. Grund dafür ist, dass jede Ausgabestelle eigene Spenden sammelt und – unabhängig von der gesammelten Menge – jeweils 25 Prozent des Bedarfs aus einem zentralen Großlager bekommt.
ZEW-Kollegin Dr. Marion Ott erklärt dies an einem Beispiel: „Ausgabestelle A bekommt 100 Prozent des Bedarfs von lokalen Märkten und hat somit keinen Bedarf mehr. Ausgabestelle B hingegen erhält nur 50 Prozent des Bedarfs von lokalen Märkten. Beide Ausgabestellen bekommen aber zusätzlich 25 Prozent des Bedarfs aus dem Großlager. Während Ausgabestelle A mit 125 Prozent einen Überschuss hat, kann Ausgabestelle B nur 75 Prozent des Gesamtbedarfs abdecken. Hätte das Großlager bessere Information über die Ergänzungsbedarfe der Ausgabestellen, könnte es seine Verteilung daran anpassen.“
Zur Lösung des Problems entwickelten die Wissenschaftler/innen als Verbundpartner zusammen mit Tafel Deutschland eine Plattform, die alle Spendenströme in Echtzeit und zentral zur Verfügung stellt. Die Bedarfsermittlung der jeweiligen Ausgabestelle erfolgt über einen Verteil-Algorithmus, der auf eine möglichst gleichmäßige Verteilung der Spenden eines Tages auf die Kundinnen und Kunden abzielt. Hierzu werden die in der Optimierung berechneten Spendenmengen mit dem Status quo verglichen und anschließend so an die einzelnen Ausgabestellen verteilt, dass allen Kunden/-innen ein möglichst ähnlicher Anteil an den täglichen Spenden angeboten werden kann.
„Unser Vorschlag führt zu einer effizienten und fairen Verteilung der Lebensmittel. Der Verteil-Algorithmus wirkt sich positiv auf die Lebensmittelrettung aus, weil keine Überschüsse mehr verderben“, fasst Thilo Klein die Vorteile zusammen und ergänzt: „Die Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen sehen vor, die Lebensmittelverschwendung bis 2030 zu halbieren. Dank der Entwicklungen in der Digitalisierung können die Tafeln in Deutschland ihren Beitrag dazu erheblich verstärken.“
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