Als Vorläufer der heutigen Liköre gelten unter anderem die aromatisierten Weine der römischen und griechischen Antike. Im Geschmack ähnlich sind auch manche Obst- und Fruchtweine Mitteleuropas wie der schwarze Ribiselwein (Johannisbeere).
In der Medizin
Arnaldo von Villanova, Rektor der medizinischen Fakultät der Stadt Montpellier, die damals zu Katalonien gehörte, brachte im letzten Viertel des 13. Jahrhunderts die Technik der Destillation – zur Erzeugung von alkoholischen Getränken mit einem höheren Alkoholgehalt als Bier oder Wein – von einem Kreuzzug mit nach Europa.
In Alkohol und Alkoholwassergemische legte er eine Vielzahl von Heilpflanzen ein, um deren Wirkstoffe herauszulösen. Diese Technik nennt man Mazeration. Sie gehört neben dem Destillieren noch heute zu den beiden Grundtechniken der Likörherstellung. Die Mazeration kann von ein paar Stunden bis zu mehreren Wochen dauern.
Nach der Mazeration wird der Alkohol mitsamt den extrahierten essenziellen Ölen noch ein- bis zweimal destilliert. Die zweite Destillation bezeichnet man als Rektifikation. Um die Pflanzenauszüge genießbar zu machen, rundete Villanova den Geschmack mit Honig ab.
Als Heilmittel blieben diese und ähnliche Mischungen die Domäne der Apotheken und der Klöster mit ihren Kräutergärten.
Kräuterauszüge mittels Alkohol ohne Zuckerzusatz werden noch heute in Apotheken angeboten, z. B. Kamillenauszug oder Salbeiauszug.
Als Genussmittel
Bereits im 14. Jahrhundert begann man Liköre für den gleichzeitigen Genuss von Alkohol, Aroma und Süße herzustellen.
Aufgrund der sehr hohen Zuckerpreise war der Genuss von Likören bis ins 17. Jahrhundert auf die wohlhabendsten Schichten der Bevölkerung begrenzt. Als die italienische Adlige Katharina von Medici 1532 den französischen König Heinrich II. heiratete, gehörten ihrem Gefolge auch Spezialisten für die Herstellung von Likören an.
Seit Zucker, zuerst infolge des Kolonialismus, allgemein zur Verfügung steht, gibt es Liköre von fast allen bekannten Früchten und Kräutern. In Frankreich gab es praktisch in jedem Ort einen oder mehrere Liquoristen, die eine bunte Mischung von Likören herstellten. Einige dieser Marken haben eine lange Tradition, aber landesweite Verbreitung erreichten Likörmarken erst im 19. Jahrhundert.
Zu den traditionsreichsten, noch heute am Markt tätigen Herstellern gehören die niederländischen Unternehmen Bols (Spirituosenherstellung seit 1575), De Kuyper (seit 1695) und die französische Firma Marie Brizard (seit 1755). Der bekannte Klosterlikör Chartreuse wird seit dem 18. Jahrhundert hergestellt, die kommerzielle Produktion des ebenfalls angeblich auf alte Klosterrezepturen zurückgehenden Bénédictine begann 1863. Ebenfalls in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstand der Curaçao-Likör Cointreau. Zu den traditionsreichsten deutschen Likören zählt „Der Lachs zu Danzig“. 1876 gründete Eugen Verpoorten in Heinsberg die Liqeur-Fabrik & Colonialwaaren von H. Verpoorten, in der er erstmals kommerziell Eierlikör herstellte.