Bain-Studie zu Energieeffizienz in produzierenden Unternehmen: Energieeffizienz ist der Wettbewerbsfaktor der Zukunft
Bain & Company
- Energieeffizienz ist Chefsache
- Erhebliche Potenziale bei Kostensenkung und Umsatzwachstum
- Durch Energieeffizienzprogramme bis zu zwei Prozent Profitabilitätssteigerung möglich
- Positive Auswirkungen auf Attraktivität als Arbeitgeber
- Neun Stellhebel zur Erhöhung der Energieeffizienz
Im Jahr 2002 startete der Chemiekonzern BASF ein umfassendes Energieeffizienzprogramm – zunächst mit dem Ziel, Kosten zu senken. Bald zeigte sich, dass Energieeffizienz nicht nur eine technische Aufgabe ist, sondern auch eine kulturelle. Denn viele Maßnahmen benötigen die Mitarbeit auf allen Hierarchieebenen. Heute ist Energieeffizienz ein wichtiger Baustein der Nachhaltigkeitsagenda des Unternehmens und prägt das Selbstverständnis sowie die Kultur von BASF. Das Thema steht unter der Führung des CEO und wird weltweit in zahlreichen Initiativen umgesetzt – und immer mehr Mitarbeiter identifizieren sich mit den Energiesparzielen. Wie weit das gehen kann, zeigt die jüngst von und für BASF-Mitarbeiter herausgegebene Broschüre zum Energiesparen zu Hause und am Arbeitsplatz.
„Was wir bei BASF sehen, spiegelt die allgemeine Entwicklung wider. Das Thema Energieeffizienz ist aus der Kostensenkungsecke herausgetreten“, berichtet Oliver Strähle, Studienautor und Leiter der Industrie-Praxisgruppe von Bain & Company im deutschsprachigen Raum. „Achtsam mit Energie umzugehen und den richtigen Energiemix zur richtigen Zeit zu beziehen, ist heute Teil des Selbstverständnisses und der Kultur energieeffizienter Unternehmen.“ Denn Energieeffizienz steigert die Attraktivität als Arbeitgeber, prägt das Unternehmensimage und ist Teil der gesellschaftlichen Verantwortung. Gleichzeitig steigern Energieeffizienzprogramme den Gewinn und kurbeln die Umsätze an – durch neue energieeffiziente Produkte und mit neuen Dienstleistungen zur Steigerung der Energieeffizienz bei den eigenen Kunden.
Energieeffizienz wird zur Pflicht
Auch die staatlichen Lenkungsinstrumente entwickeln sich weiter und machen Energieeffizienz zu einem Compliance-Thema: Seit der Einführung der Ökosteuer in Deutschland 1999 können produzierende Unternehmen einen Spitzenausgleich geltend machen. Davon profitierten 2012 rund 100.000 Firmen. Für 2013 und 2014 wird der Spitzenausgleich nur noch gewährt, wenn ein Energiemanagement nach DIN EN ISO 50001 oder ein EU-Ökoaudit zumindest begonnen wurden. Ziel dieser Normen ist es, Organisationen beim Aufbau von Systemen und Prozessen zur Verbesserung ihrer Energieeffizienz zu unterstützen. Ab 2016 müssen Unternehmen ein Energie- oder Umweltmanagementsystem verpflichtend nachweisen. Ähnlich ist die Situation in der Schweiz. Im Rahmen der Energiestrategie 2050 sollen Unternehmen, die sich durch Zielvereinbarungen zu Energiesparprogrammen verpflichten, von finanziellen Anreizen profitieren.
Plus zwei Prozent Rohmarge
Obwohl Energieeffizienz kein reines Kostenthema mehr ist, sind Einsparungen Pflicht. Die Bain-Studie zeigt, dass in der Bilanz eines durchschnittlichen Produktionsunternehmens rund fünf Prozent direkte Energiekosten stehen. Davon können in der Regel bis zu 30 Prozent binnen drei Jahren eingespart werden. Hinzu kommen weitere Einsparungen bei den indirekten Energiekosten, die sich auf noch einmal 50 Prozent der direkten Kostensenkungen addieren – aufgrund reduzierter Wartung, geringeren Materialeinsatzes und weniger Abfallstoffe. Ein gutes Risikomanagement ist ein weiterer wichtiger Punkt. Denn wer den Energieverbrauch seines Unternehmens genau kennt, kann die hohe Volatilität der Energiepreise besser absichern und mit sogenannten Demand-Response-Programmen sogar davon profitieren.
„Im Schnitt können produzierende Unternehmen durch ein Energieeffizienzprogramm bis zu zwei Prozent Profitabilitätssteigerung erzielen, energieintensive Unternehmen sogar noch mehr“, schlussfolgert Dr. Kim Petrick, Co-Autor der Studie und Energieexperte bei Bain & Company. „Das ist eine so signifikante Größenordnung, dass Energieeffizienz mittelfristig über die Zukunft des Produktionsstandorts Europa mitentscheiden wird.“
Zahlreiche positive Begleiterscheinungen
Diese Einschätzung teilen auch Vorreiter wie GE, Dow oder BASF. Der Chemiekonzern Dow hat nach eigenem Bekunden seit Beginn seines Effizienzprogramms 1995 insgesamt 24 Milliarden US-Dollar eingespart. GE und BASF verweisen auf zahlreiche weitere Vorteile: Sie sind attraktiver für Investoren, Kunden und Bewerber und haben engagiertere Mitarbeiter sowie eine geringere Personalfluktuation. Darüber hinaus hat sich die Zusammenarbeit mit Kunden und Lieferanten verbessert. Zudem berichten sie, dass die gestiegene Sensibilität im Unternehmen gegenüber dem Thema Energieeffizienz auch zu Produktverbesserungen geführt hat. Und nicht zuletzt entstehen neue Geschäftsideen rund um Produkte und Services, die den Kunden helfen, selbst energieeffizienter zu werden.
Energieeffizienz betrifft das ganze Unternehmen
Auch wenn technische Veränderungen in der Produktion die Basis aller Energieeffizienzmaßnahmen sind, sind sie nur ein kleiner Teil der zu bewältigenden Aufgabe. Bain hat neun Hebel für eine erfolgreiche und dauerhafte Umsetzung eines Energieeffizienzprogramms identifiziert, die sich über drei Bereiche erstrecken: Kernproduktionsprozesse, Infrastruktur und Wertschöpfungskette sowie Organisation und Mitarbeiter (vgl. Abb. 1 „Neun Hebel zur erfolgreichen Umsetzung“).