Kartellamt vor Bußgeldrekord - Skepsis gegen Unternehmensstrafrecht

30.05.2014 - Deutschland

In seinem Kampf gegen Preisabsprachen steuert das Bundeskartellamt auf einen Bußgeldrekord zu. 2014 seien bereits Strafen im Umfang von 635 Millionen Euro ausgesprochen worden, sagte Behördenchef Andreas Mundt am Dienstagabend in Düsseldorf.

Weitere Verfahren würden in diesem Jahr gegen Hersteller von Wurstwaren und den Lebensmitteleinzelhandel abgeschlossen. Bisher galt das Jahr 2003 mit einer Strafe von rund 660 Millionen Euro gegen Firmen aus der Zementindustrie als Rekordjahr. Davon wurden aber nur gut 400 Millionen rechtskräftig.

Die Zahl der aufgedeckten Kartellfälle sei seit 2005 kontinuierlich gestiegen, sagte Mundt. Daran habe die Kronzeugen-Regelung maßgeblichen Anteil: Unternehmen bleiben im Gegenzug für entscheidende Hinweise straffrei.

Allein rund die Hälfte der Fälle des Bundeskartellamtes ging auf Hinweise von Kronzeugen zurück, berichtete Mundt. Diese seien für den Nachweis der oft äußerst komplexen Kartelle "völlig unverzichtbar": "Da brauchen Sie oft die Insider, die Ihnen sagen: Wann war welches Treffen, wer hat sich mit wem getroffen?"

2013 hatte die Behörde rund 240 Millionen Euro an Bußgeldern gegen insgesamt 54 Unternehmen und 52 Privatpersonen verhängt. Darunter waren Schienenhersteller, Unternehmen der Mühlenindustrie sowie Süßwaren-, Haushaltsgeschirr- und Drogerieartikel-Produzenten.

Die Geldstrafen seien "schon hoch" und würden nicht nur von den Firmen, sondern auch von verantwortlichen Managern verlangt, sagte Mundt. Manche Unternehmen forderten später sogar noch Schadenersatz von den Managern. Er habe den Eindruck, dass die Sanktionen wirkten: "Es gibt ernsthafte Compliance-Bemühungen, das ist anders als früher. Die Bemühungen sind konkreter geworden. Daran kann man auch ablesen, dass das Thema ernster genommen wird."

Die Einführung eines Unternehmensstrafrechtes, wie NRW-Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) sie vor kurzem vorgeschlagen hatte, sieht Mundt dagegen skeptisch. Nach dem Vorschlag sollen Unternehmen für Verstöße auch selbst angeklagt, von öffentlichen Ausschreibungen ausgeschlossen oder im Extremfall sogar aufgelöst werden können.

Wenn die Kartellverfolgung ins Strafrecht "hineinrutsche", würden die Beweisanforderungen noch komplizierter, meinte Mundt: "Ich glaube, dass angesichts der knappen Ressourcen und des noch aufwendigeren Verfahrens die Kartellverfolgung wahrscheinlich eher leiden würde." Zudem könne er sich nicht vorstellen, dass große Konzerne selbst angesichts schlimmer Verstöße ernsthaft aufgelöst werden könnten./rs/DP/stb -(dpa)-

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