Winzer starten Hauptlese - hohe Erwartungen und Sorgenfalten
Höhere Qualität und knapperes Angebot gleich höhere Preise? Klohr schüttelt den Kopf. "So funktioniert das nicht", sagt er. "Der Weinmarkt ist global angelegt." Man stehe nun einmal in Konkurrenz zu Weinen aus anderen Weltregionen, daher werden die Preise für deutschen Wein nach seiner Einschätzung in diesem Jahr nicht steigen.
Soll heißen: Trotz guter Weine dürften die Winzer hierzulande weniger verdienen als in den Jahren zuvor.
Ähnliche Mengeneinbußen prognostiziert auch Peter Wohlfarth, Geschäftsführer des Badischen Weinbauverbandes: "Wir rechnen mit 70 Hektoliter Wein pro Hektar - vergangenes Jahr waren es 85." Die Produzenten kamen mit ihren heimischen Weinen nach Angaben des Deutschen Weininstituts (DWI) zuletzt auf einen Jahresumsatz von etwa 3,5 Milliarden Euro - dieser Wert dürfte wohl sinken.
Der Bauern- und Winzerverband Rheinland-Pfalz Süd hält einen sehr guten Jahrgang für möglich. Entscheidend seien die kommenden Tage.
"Das Wetter gibt es noch her, dass die Trauben länger am Stock bleiben können", sagt Sprecher Andreas Köhr. "Es gab in den letzten Tagen wenig Niederschlag und somit eine geringe Fäulnis-Gefahr."
In Sachsen hatten die Güter weniger Glück. In Teilen des Anbaugebiets hatte Anfang September Hagel gewütet, Trauben platzten auf. "Durch den Hagelschlag wird die Menge zwar ein bisschen reduziert, dennoch gehe ich von einem höheren Ernteertrag als im vergangenen Jahr aus", sagt der Vorstandschef des Weinbauverbands Sachsen, Christoph Reiner.
2014 waren es 42 Hektoliter pro Hektar, nun rechnet er mit rund 50 Hektolitern. Die Sachsen hatten schon im vorigen Jahr mit Starkregen, aufgeplatzten Beeren und damit einhergehenden Pilzinfektionen zu kämpfen. Der Preis pro Flasche soll dieses Jahr stabil bleiben.
Die Winzer an der Mosel sind bekannterweise mit der Lese relativ spät dran. Während zwischen Blüte und Ernte in den meisten Regionen etwa 100 Tage liegen, sind es hier oft 120 Tage und mehr - die längere Reifezeit macht die Weine mineralischer und aromatischer.
Beim Riesling, dem Aushängeschild und finanziellen Zugpferd des Mosel-Gebiets, wird die Lese nach Einschätzung des Vereins Moselwein frühestens im Oktober starten. Auch er geht von sehr guten Weinen aus - die Menge jedoch werde im Vergleich zu vorigen Jahren sinken.
Beim Thema Wein-Jahrgang 2015 ist auch Ulrich Maile guter Dinge, er ist Chef der Lauffener Weingärtner bei Stuttgart: "Das wird ein großer Jahrgang von hoher Qualität." Die Beeren seien wegen der Trockenheit zwar kleiner als sonst, dafür sei die Schale aber aromatischer. Finanziell gebe es hingegen kaum Luft nach oben, meint er - den Preis könne man nur um etwa fünf Prozent anheben. "Mehr gibt der Markt nicht her." Zugleich verweist Maile darauf, dass nicht nur die Erträge sinken, sondern dass auch höhere Kosten durch die im Extrem-Sommer notwendige Bewässerung angefallen sind.
Dass die Winzer von ihrem eigenen Wein in den höchsten Tönen reden, ist zwar keine allzu große Überraschung. Doch zusätzlich zur feierlichen Rhetorik weisen die sogenannten Oechsle-Werte darauf hin, dass Liebhaber edler Tropfen tatsächlich auf ihre Kosten kommen werden. Die Oechsle-Grade geben Aufschluss über den Zuckergehalt, aus dem Zucker wiederum wird der Alkohol gegoren.
Je höher die Oechsle-Werte, desto besser die Qualität des Weins, so eine Faustregel. Das DWI nennt vielversprechende Zwischenstände aus einigen Anbaugebieten, denen zufolge die Werte deutlich höher sind als in Vorjahren. "Es sieht gut aus", meint Sprecher Ernst Büscher./wdw/kah/DP/zb