Skyfood-Tagung: Essbare Insekten bieten viel Potenzial
Bild: ZHAW
Vielversprechende Forschung in Thailand
Eigens aus Thailand angereist waren zwei Forschende von der bekannten Landwirtschaftsuniversität Khon Kaen im Nordosten des Landes. Dr. Sivilai Sirimungkararat ist seit 30 Jahren Expertin für die Zucht des Eri-Seidenspinners (Samia ricini), der nicht nur zur Seidengewinnung, sondern auch als essbares Insekt dient und ausserdem Sericin für Kosmetikartikel liefert. Sie berichtete über das grosse Potenzial dieses Insekts, dessen Zucht dieses Jahr erstmals im Rahmen einer Forschungsarbeit erkundet wurde, unterstützt von der Innovationsförderungsagentur Swiss Food Research. Der Phytomediziner Dr. Weerasak Saksirirat arbeitet an der Khon Kaen-Universität mit Pilzen und Insekten. Er berichtete über seine jüngsten Erfolge bei der Zucht von Cordyceps-Pilzen auf den Puppen und Raupen des Eri-Seidenspinners. Die in Asien hochbegehrten Medizinalpilze der Gattung Cordyceps werden in der Pharmaindustrie intensiv erforscht wegen ihrer potenziell immunstärkenden und tumorhemmenden Wirkungen.
Drohnenmaden und Schmetterlingspuppen als essbare Insekten in der Schweiz
Der Spezialist für Pilz- und Käferzucht Daniel Ambühl, Mitorganistor der Skyfood-Tagung und Forschungspartner der ZHAW, erläuterte, welche Arten die ZHAW-Forscher für die Liste essbarer Insekten in der Schweiz empfehlen: Dies sind die Puppen und Präpuppen des Maulbeer-Seidenspinners (Bombyx mori) und des bereits genannten Eri-Seidenspinners (Samia ricini) sowie die Maden und Drohnen der Honigbiene (Apis mellifera). Vorarbeiten zu Machbarkeitsstudien über diese Insekten seien abgeschlossen. Jährlich werden allein in der Schweiz 50 bis 100 Tonnen Drohnenmaden weggeworfen. Vierzehn Landwirte züchten gegenwärtig in der Schweiz wieder Seidenraupen, Tendenz steigend.
Entwurf zum neuen Lebensmittelgesetz in Diskussion
Im Zentrum der Skyfood-Tagung stand die Diskussion über das neue Lebensmittelgesetz der Schweiz, das gemäss Entwurf des Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen BLV erstmals Insekten als essbare Tiere enthalten soll. Die Anhörungsfrist zu diesem Entwurf dauert bis zum 16. Oktober 2015. Im entsprechenden Verordnungsrecht sind erstmals drei Insektenarten erwähnt, die in der Schweiz als Lebensmittel zugelassen werden könnten: der Mehlwurm (Tenebrio molitor), das Heimchen, eine Grillenart (Acheta domesticus) und die Europäische Wanderheuschrecke (Locusta migratoria). Margrit Abel vom BLV erklärte dazu, dass zu diesen drei Arten im BLV Risikobewertungen stattgefunden hätten. Die Studie selber und die Resultate seien aber nicht für die Öffentlichkeit bestimmt. Die Risikobewertungen hätten noch nicht zu abschliessenden Resultaten geführt, sondern es seien weitere Abklärungen nötig. Bis Mitte 2016 will der Bund entscheiden, ob Insekten auch in Restaurants und Läden angeboten werden können und welche Arten.
Interessengemeinschaft IGILS gegründet
Im August 2015 wurde die IGILS „Interessengemeinschaft für Insekten als Lebensmittel in der Schweiz“ gegründet. Die IGILS setzt sich ein für die Verbesserung des Umfeldes von Markt und Forschung für essbare Insekten in der Schweiz. Sie befürwortet den Konsum und die Produktion von essbaren Insekten nach Grundsätzen von Oekologie, Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung. Präsident der IGILS ist Matthias Grawehr von Essento, Vizepräsident Prof. Dr. Jürg. Grunder von der ZHAW.
Insektenprotein als Alternative zur Fleischproduktion
Keynote Speaker war Paul Vantomme, Senior forestry officer der Uno-Welternährungsorganisation FAO, appellierte eindringlich und mit eindrücklichen Fakten über die Folgen der heutigen tierischen Fleischproduktion für einen Wechsel zu den viel effizienteren Insekten als zukünftige Lieferanten tierischer Eiweisse und Fette.
Dr. Marc Kenis vom Centre for Agriculture and Biosciences International (Cabi) in Delémont berichtete über aktuelle internationale Forschungsprojekte zur Verwendung von Fliegenmaden für die Hühner- zucht in Afrika. Dr. Peter Braun, CEO von Swiss Food research zeigte Wege auf für Verarbeitungs- technologien von Insektenprodukten. Urs Fanger, CEO von Entomos, präsentierte erstmals die Resultate einer umfangreichen aber nicht repräsentativen Studie über die Akzeptanz von Insekten. Demnach sind 50 Prozent der in der Schweiz befragten Personen grundsätzlich bereit, Insekten zu essen. Dr. Nils Grabowski von der tierärztlichen Universität in Hannover referierte über mikrobiolo- gische Untersuchungen von Insekten und über die speziellen hygienischen Anforderungen bei Zucht und Verarbeitung von Insekten.
Ausstellung mit essbaren Insekten
Eine besondere Attraktion der Fachtagung war eine grosse Ausstellung mit Insektenprodukten aus aller Welt, einem kleinen Insektenzoo mit den wichtigsten essbaren Arten und mit Tieren und Objekten aus dem Forschungsprojekt Food from Wood. Dieses Projekt versucht den Kompostierungsvorgang holzhaltiger Pflanzenabfälle so zu reorganisieren, dass dabei Lebensmittel für den Menschen erzeugt werden: Speisepilze und essbare Insekten, ein Circular Economy Projekt, bei dem kein Abfall entsteht sondern als Endprodukt ein von Insekten „vorbehandeltes“ Erdsubstrat für den Gartenbau anfällt.
Die nächste Skyfood-Tagung findet am 1. September 2016 statt.