Niederlage im Bratwurststreit - Imbissbetreiberin kämpft weiter
So viel Aufmerksamkeit bekommt ein Zaun an der Autobahn selten. Mehr als ein Dutzend Kamerateams und Fotografen sind am Dienstag ins ostthüringische Rodaborn gekommen. Nun schreiten Verwaltungsrichter aus Gera die rund zwei Meter hohe Absperrung bei strahlendem Sonnenschein ab, um sich ein Bild zu machen.
Denn genau dieser Zaun steht im Zentrum eines kuriosen Streits um den Verkauf von Würsten und Getränken auf einem Parkplatz an der A9 (Berlin-München) südlich des Hermsdorfer Kreuzes. Vor Gericht mussten die Betreiber von Deutschlands erster Autobahnraststätte nun eine Niederlage einstecken. Autofahrer können auf dem Parkplatz aber weiter auf eine Thüringer Bratwurst frisch vom Grill hoffen.
Rückblende: Mit dem Bau der A9 wird das Walderholungsheim Rodaborn zur Raststätte umgebaut und 1936 eröffnet - die erste in Deutschland.
2004 kündigt der Betreiber Tank&Rast den Konzessionsvertrag, über Jahre steht das historische Gebäude leer. Dann kaufen Georg und Christina Wagner aus Karlsruhe 2009 dem Bund die Immobilie ab. Im Jahr darauf starten sie den Verkauf von Bratwürsten und Getränken.
Doch Autofahrern, die auf dem angrenzenden Parkplatz Pause machen, versperrt der Zaun den Zugang zum Imbiss. Deswegen steigen Wagners auf eine Leiter und reichen Kunden die Bratwürste über den Zaun. Sie müssen sich per Zuruf oder Läuten einer Glocke bemerkbar machen.
Zunächst wird diese Praxis von Thüringer Behörden geduldet. Auf Druck des Bundes hin wird das aber 2013 untersagt und ein Zwangsgeld von 2000 Euro angedroht. Dagegen legen die Wagners Widerspruch ein. Der Fall landet vor Gericht.
Es liege keine Konzession vor, stellt der Vorsitzende Richter Bengt Fuchs fest. Und der Verkauf an Kunden auf dem Parkplatz auch über den Zaun hinweg sei eine «erlaubnispflichtige Sondernutzung». Das Urteil verkündet er ohne Robe und auf einer Wiese mit gelb blühendem Löwenzahn und Gänseblümchen. Dabei rauscht der Lärm vorbeifahrender Lastwagen von der Autobahn herüber.
Allein durch die anfängliche Duldung der Behörden habe sich kein Rechtstitel ergeben, erläutert Fuchs. Auch dass es sich um eine historische Raststätte handele, ändere nichts: «Das vermittelt keinen Anspruch auf heute.» Zudem habe sich aus dem Verkaufskatalog eindeutig ergeben, dass ein Betrieb als reguläre Autobahnraststätte nicht mehr möglich sei.
Eine Öffnung des Zaunes, wie sie das Ehepaar in der Vergangenheit gefordert hatte, berge enorme Haftungsrisiken - etwa wenn dadurch Wildtiere auf die Autobahn gelangen und Unfälle verursachen, sagt Fuchs. Die Klage wird abgewiesen.
Dennoch bekommen hungrige Autofahrer in Rodaborn erstmal wohl weiter Thüringer Rostbratwürste über den Zaun gereicht. «Ja, auf alle Fälle», sagt Christina Wagner auf die Frage, ob sie weitermachen werde. «Ich habe doch noch nichts Schriftliches.» Auch wolle sie prüfen, den Verkauf der Raststätte durch den Bund anzufechten.
Nach Auskunft des Verwaltungsgerichts Gera ist das Urteil noch nicht rechtskräftig - so lange könne der Verkauf weitergehen. Die Wagners haben zudem die Möglichkeit, beim Oberverwaltungsgericht Antrag auf Zulassung der Berufung zu stellen. Bis zu einer endgültigen Entscheidung können noch Monate, wenn nicht sogar Jahre vergehen.(dpa)
Meistgelesene News
Weitere News aus dem Ressort Politik & Gesetze
Holen Sie sich die Lebensmittel- und Getränke-Branche in Ihren Posteingang
Ab sofort nichts mehr verpassen: Unser Newsletter für die Lebensmittel- und Getränkeindustrie bringt Sie jeden Dienstag und Donnerstag auf den neuesten Stand. Aktuelle Branchen-News, Produkt-Highlights und Innovationen - kompakt und verständlich in Ihrem Posteingang. Von uns recherchiert, damit Sie es nicht tun müssen.