Zu wenig Sonne, zu kleine Körner: Bauern ernten weniger Getreide
Gerste und Raps seien bereits weitgehend abgeerntet. Beim Weizen stehe jedoch noch einiges auf den Feldern - gut ein Drittel nach seiner Schätzung. "In diesem Jahr sind die Körner einfach kleiner", sagte Hemmerling. Das wirkt sich auf das Gewicht aus. Man brauche zum Beispiel mehr Körner als sonst, um eine entsprechende Menge Mehl daraus zu bekommen, erklärte Hemmerling als stellvertretender Generalsekretär des Bauernverbands.
Verbraucher bekommen von der geringeren Erntemenge nach seiner Einschätzung aber wenig mit: Der Großteil des Getreides - etwa 60 bis 70 Prozent - je nach Art werde nämlich als Viehfutter verwendet, erklärte er. Lediglich 30 Prozent würden zu Backwaren verarbeitet, der Rest werde etwa zur Herstellung anderer Produkte wie Stärke genutzt oder gehe zu einem kleinen Teil in Biokraftstoffe.
Im vergangenen Jahr hatten die Landwirte nach Angaben des Statistischen Bundesamtes rund 48,8 Millionen Tonnen Getreide einschließlich Mais geerntet. Die wichtigste Getreideart ist dabei der Weizen - knapp 26,5 Millionen Tonnen holten die Bauern im vergangenen Jahr ein. Dazu kamen zum Beispiel rund 11,6 Millionen Tonnen Gerste und etwa 3,5 Millionen Tonnen Roggen. Am Freitag (19. August) zieht der Bauernverband offiziell Bilanz zur neuen Ernte.
Dauerregen bremst die Bauern an einigen Orten momentan aus. Im Rheinland sei gerade mal gut ein Drittel des Weizens geerntet, erklärte zum Beispiel der Rheinische Landwirtschaftsverband in Bonn. "Im Vergleich zum vergangenen Jahr sind die Landwirte gleich zwei Mal gestraft: Zum einen mit schlechten Preisen, zum anderen mit schlechten Erträgen." Die Landwirte sehnen sich nun nach trockenem, sonnigem Wetter, um das Korn einholen zu können.
Dass Ernten unterschiedlich ausfallen, sei für Landwirte nicht neu, sagte Hemmerling. 2013 und 2014 seien sehr gute Erntejahre gewesen. 2015 seien dann die Mengen gut gewesen, aber die Preise auf dem Weltmarkt nicht. Und in diesem Jahr sei beides etwas kritischer. Derzeit sei der Ackerbau eher in einem wirtschaftlichen Abwärtstrend, sagte er. In Nordamerika, Russland und der Ukraine würden dagegen in diesem Jahr sehr gute Getreideernten erwartet.
Manchen Landwirten in Deutschland setzt das Wetter auch beim Obst zu. In Hessen etwa startete vor einigen Tagen die Apfel-Ernte - manche Früchte könnten aber kleine Schönheitsfehler haben, wie ein Sprecher des hessischen Bauernverbands erklärte: "In Gebieten, wo es gehagelt hat, haben die Äpfel Dellen." Geschmacklich gebe es keinen Unterschied, "aber die sehen halt nicht so schön aus".
Regen und die Überflutungen in einen Gegenden merke man auch bei Schädlingen an Gemüse, Obst und Weinbau, sagte Hemmerling. Auch die Krautfäule in der Kartoffel sei dieses Jahr ein Thema. In vielen Gegenden Europas kämpfen Winzer nach starkem Regen auch gegen einen Pilzbefall ihrer Weinberge. In Rheinhessen und im Rheingau drohen bei Ökowinzern wenige Wochen vor Beginn der Weinlese Totalausfälle, wie der Verband Ökologischer Weinbau "Ecovin" vor kurzem erklärt hatte.
Die Unwetter im Frühjahr machten auch Baden-Württembergs Landwirten zu schaffen, stellenweise sind die noch jungen Pflanzen regelrecht im Wasser oder Schlamm versunken. Bauernpräsident Joachim Rukwied sagte im Juni, einzelne Betriebe im Südwesten seien "massiv betroffen". Das Landesstatistikamt prognostizierte kürzlich dennoch eine immerhin durchschnittliche Ernte. Brandenburgs Bauern rechnen mit schlechteren Ernten bei Getreide und Raps./kil/DP/he (dpa)