Ergebnisse der Max Rubner Conference 2016 - Food Metabolomics

21.11.2016 - Deutschland

Food Metabolomics ist ein Thema, das derzeit international viel Aufmerksamkeit bekommt. Die Hoffnungen, die sich an diese Methode zur Lebensmittelcharakterisierung knüpfen, beziehen sich auf viele Bereiche. Mehr und tieferes Wissen erbringt sie bereits jetzt in Bezug auf Lebensmittelqualität und Lebensmittelsicherheit. Wichtige Impulse werden aber auch auf dem Forschungsgebiet der Wirkung von Ernährung auf die menschliche Gesundheit erwartet. Den Stand des Wissens und der Forschung auf dem Gebiet präsentierte vom 10. bis zum 12.10. ein internationales Referenten-Panel im Rahmen der Max Rubner Conference 2016 „Food Metabolomics“.

Die diesjährige Max Rubner-Konferenz hatte zum Ziel, den aktuellen Wissenstand zu „Food Metabolomics“ zusammenzufassen und mit Experten aus den verschiedenen Bereichen (Datenbanken, Datenverarbeitung, Analysentechniken, Anwendungen) die Vorteile dieser Technologie wie auch notwendige zukünftige Entwicklungen zu diskutieren. In insgesamt 21 Vorträgen ergänzt durch die Präsentation weiterer Arbeiten in Form von Postern wurden die verschiedenen Themen anschaulich präsentiert und intensiv diskutiert. Strukturiert war die Tagung durch die drei Themenblöcke: „Datenbanken und Methoden“, „Lebensmittelqualität und -sicherheit“ sowie „Metabolomics und Ernährung“.

Im ersten Vortragsblock zum Thema „Datenbanken und Methoden“ wurde die Frage aufgeworfen, wie bestehende Lebensmittel- und Nährstoff-Datenbanken mit Metabolomics-Datenbanken zusammengeführt werden können. Bernd Hartmann, am Max Rubner-Institut seit mehr als einem Jahrzehnt verantwortlich für die größte Nährstoffdatenbank in Deutschland, den Bundeslebensmittelschlüssel, berichtete von den Herausforderungen, die das große Volumen der Daten und deren Komplexität mit sich bringen. In europäischen Initiativen wie EUROFIR werde versucht die bestehenden nationalen Lebensmittel-Datenbanken miteinander zu verknüpfen und so, Information und Datenqualität zu erhöhen. Claudine Manach vom französischen Institut National de Recherche Agronomique (INRA) gab eine informative Übersicht über bestehende Metabolomics-Datenbanken, ihre Strukturen und Besonderheiten. Sie warb für Initiativen wie „FoodComEx“, eine im Rahmen des JPI-Projektes „Foodball“ initiierte Plattform zum nicht kommerziellen Austausch von seltenen Metaboliten zwischen Wissenschaftlern, um den Teil der sogenannten „Unknowns“ , der unbekannten Metabolite im Metabolom von Lebensmitteln schrittweise zu reduzieren. Einen Weg der Strukturidentifizierung dieser unbekannten Meta­boliten zeigte Bioinformatiker Steffen Neumann vom Leibniz Institut für Biochemie in Halle auf, in dem er Spektren-Datenbanken und das frei verfügbare Programm „Metfrag“ vorstellte, ein von seiner Arbeitsgruppe entwickeltes Tool um Strukturinformationen von unbekannten Metabolite zu gewinnen. David Wishart von der University of Alberta in Kanada, Begründer der größten Metabolomics-Datenbank HumanDB, appellierte an die Notwendigkeit der Quanti­fizierung von Metaboliten. In vielen Anwendungen würden bisher vor allem relative Daten generiert werden. Der Wert von quantitativen Daten sei aber ungleich größer und ermögliche die Vergleichbarkeit von Datensätzen und Experimenten.

In zweiten großen Vortragsblock wurde diskutiert, welchen Beitrag Metabolomics-Methoden leisten können, um Fragen zur Qualität wie zur Sicherheit von Lebensmitteln künftig umfassender zu beantworten: Wie verändern Verarbeitung, Lagerung oder Düngung die chemische Zusammensetzung und die Qualität unserer Lebensmittel? Können Metabolomics-Methoden einen signifikanten Beitrag zur Prüfung der Authentizität von Lebensmitteln leisten oder auch den Einsatz von unerlaubten Verbindungen aufdecken? Gaud Dervilly-Pinel vom nationalen Referenzlabor für Rückstände und Kontaminanten in Lebensmitteln (LABERCA, Nantes) präsentierte ein Modell, das auf Basis von ungerichteten LC-MS-Metabolom-Analysen entwickelt wurde und den unerlaubten Einsatz von anabol wirkenden Verbindungen wie etwa Clenbuterol in der Kälbermast ermöglicht.  Das Verfahren, das in mehrjähriger Arbeit etabliert wurde, ist in Frankreich auf dem Weg, als offizielle Screening-Methode in diesem Bereich anerkannt zu werden. Karl-Heinz Engel von der TU München zeigte eindrucksvoll wie nützlich GC-MS-basierte Profiling-Methoden sind, um neu gezüchtete Sorten wie zum Beispiel Phytinsäure-arme Sojasorten  aus der Mutationszüchtung hinsichtlich ihrer Unterschiede zum Wildtyp umfassend zu charakterisieren - oder zu verstehen, wie sich Trockenstress auf die Qualität und das Metabolitenprofil von verschiedenen Gerstensorten auswirkt. Christoph Weinert vom MRI knüpfte hier an und präsentierte Ergebnisse aus einem Kooperationsprojekt mit Göttinger Kollegen zum Einfluss von Kaliumdüngung auf Ertrag und Qualität verschiedener Tomatensorten. Ann van Loey (KU Leuven) adressierte die Frage, welche Veränderungen durch den Einsatz von Hochdruckverfahren in Lebensmitteln induziert werden und zeigte auf, wie umfassend diese Veränderungen mit einem Metabolomics-Ansatz erfasst werden können. Thomas Henle von der TU Dresden warb dafür, neben ungerichteten Methoden auch weiterhin gerichtete Methoden einzusetzen. Er zeigte in seinem Vortrag, welche Verbindungen durch die Maillard-Reaktion und Folgereaktionen beim Erhitzen von zucker- und proteinhaltigen Lebensmitteln entstehen können.

Im dritten Vortragsblock ging es um die Frage, wie Metabolomics eingesetzt werden kann, um besser zu untersuchen und zu verstehen wie Lebensmittel in unserem Körper wirken und physiologische Prozesse beeinflussen. Hannelore Daniel (TU München) präsentierte Daten aus kontrollierten humanen Interventionsstudien und demonstrierte eindrucksvoll wie unterschiedlich die metabolische Antwort von gesunden Menschen auf selbst einfache „Challenges“ wie einen Glucose-Toleranz-Test ist. Menschen lassen sich demnach in sogenannte Metabotypen einteilen, die erstaunlich stabil sind. Lars Dragstedt von der Universität Kopenhagen griff die Frage auf, inwieweit mit Hilfe von Metabolomics valide und robuste Marker für den Lebensmittelverzehr identifiziert werden können. Er präsentierte mehrere Beispiele aus akuten Interventionsstudien mit verschiedenen Lebensmitteln und zeigte auf, wo es momentan noch Forschungsbedarf gibt, um diese Marker künftig in epidemiologischen Studien einsetzen zu können. Heiner Boeing vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung in Potsdam demonstrierte zum Abschluss der Tagung die Nützlichkeit von Metabolomics bei der Auswertung großer Kohortenstudien wie EPIC.

Mit rund 140 Teilnehmern war die Max Rubner Conference zu Food Metabolomics ausgebucht. Sabine Kulling, die die Metabolomics-Aktivitäten am MRI koordiniert und für das wissenschaftliche Programm der diesjährigen MRC verantwortlich war, zeigte sich in ihrer Zusammenfassung sehr zufrieden mit Verlauf und Ergebnis der gut besuchten Tagung. Am Ende der Konferenz wurde der Wunsch nach einer Wiederholung des Themas in wenigen Jahren laut. Der stürmische Fortschritt, der auf dem Gebiet Food Metabolomics zurzeit in vielen Forschungsgruppen international erzielt wird, und der noch keinesfalls abreißt, wurde auf der Max Rubner Conference mehr als deutlich. Kulling kündigte darum in ihrem Statement an, dass dies sicher nicht die letzte Tagung zu diesem Thema am MRI gewesen sei.

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