Japans saftige Juwelen - Asiaten machen Obst zum Luxusgeschäft
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Obst ist in der drittgrößten Volkswirtschaft der Welt keine Rarität. Was Hiraishi verkauft, ist nicht teure Importware, sondern wächst im eigenen Land. Es gibt Melonen in jedem gut sortierten Supermarkt zu kaufen, genauso wie Erdbeeren, Kirschen, Pfirsiche, Weintrauben und andere Fruchtsorten. Die Preise mögen zwar auch dort über dem liegen, was Europäer gewöhnt sind. Doch was Hiraishi und seine Kollegen in ihren edlen Auslagen anbieten, ist eine Klasse für sich.
Möglich macht das die ausgeprägte Geschenkkultur der Japaner. "80 Prozent unserer Kunden hier kaufen Obst als Präsent", erläutert Manager Hiraishi. Japaner lieben generell Essen und damit auch Obst. Lebensmittel sind deswegen auch Produkte, die man seinen Geschäftspartnern, Verwandten und Freunden als ein Zeichen der Wertschätzung überreicht. Entsprechend groß ist der Aufwand, den Japans Produzenten in den Anbau wie in die Verpackung investieren.
Beispiel Melone: "Normalerweise trägt eine Melonenpflanze so um die sechs Früchte. Bei unseren Melonen aber schneidet der Bauer erstmal die Hälfte ab", erklärt Hiraishi. Nach einer Weile schneidet er weitere zwei ab. Übrig bleibt die, die "am besten" heranwächst.
Sie bekommt rund 100 Tage lang die ganzen Nährstoffe für sich alleine. Aber was heißt "am besten"? Ist eine Melone auch nur an einer winzigen Stelle etwas "kantig" oder "schief", ist sie gleich weniger wert. "Die Frucht muss ein schönes Netzmuster haben, schön schwer sein und eine schöne, runde Form haben", erläutert Manager Hiraishi.
Andere Bauern haben sich auf Luxus-Erdbeeren spezialisiert. Bei der Firma Ichigo Co. aus der Provinz Niigata zum Beispiel kostet eine einzelne Erdbeere 1000 Yen, umgerechnet 8 Euro. Angebaut werden die Edel-Früchte dort in einem weltweit einmaligen Produktionsverfahren:
In klinisch sauberen, hellen Hightechräumen, in denen die Temperatur, Luftfeuchtigkeit und der Sauerstoff genauestens kontrolliert werden, wachsen die Erdbeeren unter LED-Licht heran. Auf diese Weise sind sie von den Wetterbedingungen unabhängig. Zudem gelangen hier keine Schädlinge hin, weswegen der Bauer keinerlei Chemie verwenden muss.
Ichigo Co vertreibt seine handverlesenen luxuriösen Erdbeeren über das Internet wie Pralines in Verpackungen zu jeweils sechs Stück. Kostenpunkt: 6000 Yen. Auch bei Senbikiya in Tokio werden die Früchte in aufwendigen Schachteln oder Holzkisten dargeboten. Seit 183 Jahren existiert das Unternehmen bereits. Damals, im Jahre 1834, sei das Obst nichts besonderes gewesen, erzählt Manager Hiraishi. Erst die Frau des zweiten Besitzers, Tochter eines Händlers von Katsuobushi (getrocknetem und geriebenem Bonito), habe damit begonnen, auserlesenes Obst als edles Produkt zu verkaufen, erzählt er.
Das Hauptgeschäft des Unternehmens befindet sich noch heute in Tokio an bester Adresse, umgeben von lauter Großbanken. Über die Hälfte der Käufer seien Geschäftskunden, erklärt der Manager und legt die kostbare Melone vorsichtig ins Regal zurück. Wenige Tage zuvor war auf der nördlichsten Hauptinsel Hokkaido bei der ersten Auktion der diesjährigen Erntesaison ein Paar der berühmten Yubari-Melonen zum Preis von 1,5 Millionen Yen (rund 12 100 Euro) verkauft worden.
Der Händler kündigte an, die von ihm ersteigerten Melonen an Kinder einer Grundschule zu verschenken. Die Investition lohnt sich trotzdem für ihn. Denn das Ganze ist eine geschickte PR-Aktion, über die die Medien denn auch alljährlich berichten. In keinem anderen Land der Welt bekommt Obst eine derartige mediale Aufmerksamkeit. Ein Marketing-Trick, der in Japan auch beim Thunfisch angewendet wird./ln/DP/das (dpa)