Hygienemängel in Großbäckereien

foodwatch-Report deckt schwere Hygienemängel in Großbäckereien auf – Verbraucher wurden nicht informiert

29.06.2017 - Deutschland
  • teils ekelerregende Hygienezustände in mehreren bayerischen Großbäckereien

foodwatch

  • Behörden wussten Bescheid, informierten aber nicht die Öffentlichkeit

  • foodwatch fordert Veröffentlichung aller Ergebnisse von Lebensmittelkontrollen 

  • Mäusekot, Käferbefall, Schimmel, Dreck: In mehreren Großbäckereien in Bayern herrschten über Jahre hinweg immer wieder teils ekelerregende Zustände. Das zeigen Kontrollberichte der bayerischen Lebensmittelbehörden, die die Verbraucherorganisation foodwatch heute in dem Report „Bayerisches Brot“ erstmals öffentlich gemacht hat. Die Behörden haben die Verbraucherinnen und Verbraucher über die Zustände nicht informiert. foodwatch forderte alle Bundesländer auf, jeweils per Landesgesetz vorzuschreiben, dass ausnahmslos alle Lebensmittelkontrollergebnisse veröffentlicht werden müssen. Denn Bayern sei keineswegs ein Einzelfall, so foodwatch: Jedes Jahr wird in Deutschland jeder vierte kontrollierte Lebensmittelbetrieb beanstandet, vor allem wegen Hygieneverstößen. Die Verbraucherinnen und Verbraucher erfahren jedoch nicht, welche Betriebe betroffen sind. 

    „Das Schweigen der Behörden ist der eigentliche Skandal, und der ist politisch offenbar gewollt“, sagte Johannes Heeg von foodwatch. Die Verbraucherorganisation forderte eine Neuausrichtung der Lebensmittelüberwachung in Deutschland: Die Behörden müssten dazu verpflichtet werden, ausnahmslos alle Ergebnisse der amtlichen Kontrollen zu veröffentlichen. Bisher fehlt dazu die rechtliche Grundlage – wollen Beamte Informationen veröffentlichen, drohen daher Klagen der betroffenen Unternehmen. Union und SPD hatten in ihrem Koalitionsvertrag zwar bereits 2013 versprochen, auf Bundesebene rechtliche Klarheit für eine bessere Verbraucherinformation zu schaffen. Dieses Versprechen wurde aber nicht eingelöst, kritisierte foodwatch. Solange der Bund nicht für Rechtssicherheit sorgt, könne aber jedes Bundesland mit einem eigenen Landesgesetz Transparenz vorschreiben. So könnten Fälle wie in Bayern in Zukunft verhindert werden. „Verbraucherinnen und Verbraucher haben ein Recht zu erfahren, wo alles sauber ist und wo Mäuse und Kakerlaken ein und ausgehen. Erst das schafft für Lebensmittelbetriebe einen Anreiz, sich jeden Tag an die Hygieneregeln zu halten, und sorgt für einen fairen Wettbewerb, in dem die sauberen Betriebe nicht länger die Dummen sind. Solange nicht alle Kontrollergebnisse öffentlich sind, muss die Frage gestellt werden: Von welchen Hygieneskandalen wissen die Behörden noch, ohne darüber zu informieren?“, sagte Johannes Heeg von foodwatch.

    Die Ergebnisse von amtlichen Lebensmittelkontrollen werden bisher in aller Regel nicht veröffentlicht. foodwatch hatte jedoch über das sogenannte Verbraucherinformationsgesetz (VIG) bei den zuständigen Behörden die Herausgabe von Kontrollergebnissen bei acht der größten bayerischen Bäckerei-Unternehmen beantragt. VIG-Verfahren sind langwierig, kompliziert und können hohe Gebühren nach sich ziehen. Letztlich erhielt foodwatch so jedoch Informationen zu 69 Kontrollen aus den Jahren 2013 bis 2016 bei den Unternehmen Bachmeier, Der Beck, Heinz, Hiestand, Höflinger, Hofpfisterei, Ihle und LSG. Die Ergebnisse dokumentiert der Report „Bayerisches Brot“, den foodwatch heute in München vorstellte: Bei manchen Kontrollen war alles in Ordnung, in anderen Fällen stießen die Kontrolleurinnen und Kontrolleure auf ekelerregende Fälle. Nur kleinere Beanstandungen gab es bei der Hofpfisterei und LSG. Besonders unhygienische Zustände hingegen dokumentierten die Beamten bei Kontrollen in den Produktionsbetrieben von Bachmeier, Ihle und Der Beck. Die Beamten fanden Schimmel, verdreckte Geräte, Mäusekot und Käferbefall, außerdem mehrfach Fremdkörper in Backwaren. Besonders problematisch aus Sicht von foodwatch: Die Behörden beanstandeten regelmäßig und immer wieder Hygieneverstöße. Ihnen gelang es offensichtlich jedoch nicht, die Verstöße zu verhindern – auch weil die Öffentlichkeit nicht informiert wurde.

    Anders ist die Situation in Dänemark. Das Land ist aus Sicht von foodwatch Vorbild für eine Reform der Lebensmittelüberwachung. Dort sind Lebensmittelbetriebe seit 15 Jahren verpflichtet, die Kontrollergebnisse an der Eingangstür auszuhängen. Die Prüfberichte sind zudem im Internet abrufbar. Zusammengefasst und bewertet wird das Ergebnis mithilfe eines Smileys. Seit Einführung des „Smiley-Systems“ hat sich die Quote der beanstandeten Betriebe halbiert, von 30 auf 15 Prozent (Deutschland rund 25 Prozent). Inzwischen haben weitere Länder, unter anderem Frankreich und Großbritannien, ähnliche Systeme eingeführt. In Deutschland hatte kürzlich Nordrhein-Westfalen als erstes Bundesland überhaupt ein Transparenzgesetz beschlossen – die neue schwarz-gelbe Landesregierung will das Vorhaben wieder stoppen.

    (Den foodwatch Report 2017 "BAYERISCHES BROT" finden Sie recht neben dem Artikel verlinkt. )

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