Mehr als nur gesund: Startup-Produkt „Jute-Tee“ im Uni-Shop
Uni Hohenheim
Uni Hohenheim / Intertrop
Jute? Dabei denken die meisten wohl an Stofftaschen. Jute-Tee ist in Deutschland dagegen nahezu unbekannt. Das Start-up „Intertrop“ an der Universität Hohenheim in Stuttgart will das ändern. Das traditionelle Getränk verfügt nicht nur einen hohen Gehalt an Eisen, Kalium, Calcium, sowie auch an Antioxidantien und sekundären Pflanzenstoffen – der Export des Tees könnte für Jute-Bauern in Bangladesch auch eine interessante zweite Einnahmequelle sein. Denn während der Kultivierung der Jutepflanze für die Produktion von Fasern kann ein kleiner Teil der Blätter geerntet und für die Herstellung von Tee verwendet werden. Diese Idee überzeugte nicht nur Partner in Bangladesch, sondern auch an der Universität Hohenheim: Anlässlich des 200-jährigen Uni-Jubiläums 2018 ist der Jute-Tee aus nachhaltigem Anbau ein Jahr lang im erweiterten Sortiment des Online-Shops erhältlich.
Gute Ideen entstehen oft auf Umwegen: Als die Hohenheimer Jung-Unternehmer Julian Kofler, Mizanur Rahman und Julian Börner im Frühjahr 2016 zum ersten Mal gemeinsam nach Bangladesch reisen, wollen sie eigentlich mit Kleinbauern ins Gespräch kommen, um sie als Partner für nachhaltig produzierte Verpackungsmaterialien und trendige Tragetaschen aus der Jutefaser zu gewinnen.
Dank Mitstreiter Mizanur Rahman, der aus Bangladesch stammt, funktioniert die Kommunikation vor Ort sehr gut. So gut, dass Jute-Bauern das neugierige Team auf eine Tasse Tee einladen. Ein Tasse Tee, die alles verändern wird.
Vom Jute-Beutel zum Tee-Beutel
„Selbst Mizanur Rahman, der in Bangladesch aufgewachsen ist, hatte bis dahin noch nicht davon gehört, dass die Blätter der Jute-Pflanze in ländlichen Regionen traditionell für einen Gesundheits-Aufguss verwendet werden“, berichtet Julian Kofler.
Der feinherbe Jute-Tee überzeugte die Jungunternehmer dabei nicht nur geschmacklich. „Wir waren vom ersten Moment an von dem Tee fasziniert. Zum einen, weil ihm von der lokalen Bevölkerung regelrechte Wunderkräfte zugeschrieben werden. Zum anderen weil wir darin eine wirtschaftliche Chance für die Region sehen: Denn während die Jutepflanzen für die Fasergewinnung heranwachsen, kann ein kleiner Teil der Blätter für die Herstellung von Jute-Tee geerntet werden. Wie viele Teeblätter so tatsächlich entnommen werden können, muss zwar noch getestet werden, theoretisch könnten die Jute-Bauern aber auf ein und demselben Feld zwei Produkte ernten“, so Kofler.
Nach ersten Labor-Analysen in Deutschland fühlt sich das Team weiter bestätigt. Die Untersuchungen attestieren den Jute-Blättern einen hohen Gehalt an Kalium (2000 mg / 100g), Eisen (67 mg / 100g) und Calcium (1656 mg / 100g). Aber auch was Antioxidantien, Vitamine und sekundäre Pflanzeninhaltsstoffen betrifft, muss sich Jute-Tee nicht hinter sogenannten „Superfoods“ verstecken.
Die ursprüngliche Geschäftsidee, Jute-Verpackungsmaterialien und nachhaltig und fair produzierte Taschen im trendigen Look auf den Markt zu bringen haben die Gründer inzwischen mit ihrem Startup „Intertrop“ in die Tat umgesetzt. Im Gegensatz zu den verbreiteten Pendants aus Baumwolle können diese den gängigen Namen „Jute-Beutel“ dabei zu Recht für sich beanspruchen.
Doch die Idee, den geheimnisvollen Jute-Tee nach Deutschland zu bringen, lässt das Team seit der ersten Tasse ebenfalls nicht mehr los.
Startup-Idee entstand nach der Vorlesung
Kennengelernt haben sich Julian Kofler und Mizanur Rahman als Studenten des internationalen Masterstudiengangs Agritropics an der Universität Hohenheim.
„In den englischsprachigen Vorlesungen des Studiengangs sitzen Studierende aus den unterschiedlichsten Herkunftsländern gemeinsam im Hörsaal. Unsere Profs haben immer gesagt: Nutzen Sie diese Chance – und stellen Sie gemeinsam etwas auf die Beine! Das haben wir uns zu Herzen genommen“, erinnert sich Julian Kofler.
Schnell fassten die beiden Kommilitonen zusammen mit dem Hohenheimer Alumnus Julian Börner den Vorsatz, gemeinsam ein Startup zu gründen.
Auf der Suche nach Geschäftsideen fokussierten sie sich dabei auf landwirtschaftliche Produkte aus Bangladesch, der Heimat von Mizanur Rahman. Dabei landete das Team schnell beim Thema Jute. Denn die Jutefaser-Produktion gehört neben der Textil-Industrie in Bangladesch zu den wichtigsten Wirtschaftszweigen – es existiert sogar ein eigenes Textil- und Jute-Ministerium.
Jute-Ministerium finanziert Feldstudie
Von dort erhalten die Jungunternehmer bei ihrem Jute-Tee-Projekt inzwischen sogar Unterstützung: Auf einer Innovationsmesse zeigten sich Vertreter des Ministeriums von der Vision so beeindruckt, dass sie kurzerhand eine Feldstudie zur Doppelnutzung der Jute-Pflanze bewilligten. Intertrop ist dabei als Berater offiziell mit im Boot, und so beraten Julian Börner und Mizanur Rahman derzeit die Jute-Bauern vor Ort in Bangladesch.
„Die Studie soll ausloten, wie viele junge Teeblätter man ernten kann, ohne das weitere Gedeihen der Pflanze zu sehr zu beeinträchtigen, die später ja für die Faserproduktion genutzt werden soll“, erklärt Kofler. „Zum anderen untersuchen wir, ob Jute-Anbau für die Teeproduktion auch außerhalb der Hauptsaison möglich ist. Normalerweise wird Jute lediglich in der Regenzeit zwischen März und Oktober angebaut. Bauern kultivieren in der Nebensaison hauptsächlich Gemüse, da für die Faserproduktion Temperatur und Niederschlag zu gering und die Tageslängen zu kurz sind.“
Verschiedene Geschmacksrichtungen in Bio-Qualität
Parallel zur Feldstudie haben sich die Hohenheimer Unternehmer bereits an die Produktentwicklung gemacht. Bis die Doppelnutzung der Jutepflanzen in größerem Maßstab umgesetzt werden kann, nutzt das Startup dafür zunächst Jutepflanzen, die von Kleinbauern in der Region Manikganj, speziell für die Teeproduktion angebaut werden.
„Wichtig war uns von Anfang an, dass wir die Kleinbauern überzeugen können, auf biologischen Anbau umzusteigen“, berichtet Kofler. „Wir haben uns für die Gespräche mit den Kleinbauern viel Zeit genommen. Sie sind den Anbau ohne chemische Düngemittel und ohne den Einsatz von Pestiziden gerade während den Fruchtfolgen in den Wintermonaten nicht gewohnt. Deshalb mussten wir zuerst einiges an Überzeugungsarbeit leisten, um ihnen die Angst vor Einkommensverlusten zu nehmen. Zum Glück stießen wir letztendlich auf offene Ohren.“
Um zusätzliche Geschmacksrichtungen zu kreieren, experimentierte das Team außerdem mit verschiedenen Beimischungen, wie Ingwer, Zitronenverbene oder Minze – selbstverständlich in zertifizierter Bioqualität.
Jute-Tee im Uni-Shop
Erhältlich ist der Jute-Tee bereits in einigen Weltläden in der Region Stuttgart – entweder in einer klassischen Papierverpackung oder stilecht im Jute-Säckchen.
Auch an der Universität Hohenheim überzeugte das Startup mit seinem nachhaltig-innovativen Produkt: Anlässlich des 200-jährigen Uni-Jubiläums 2018 erweitert der Online-Shop ein Jahr lang sein Sortiment. Auch der Jute-Tee wird dann als besonderes Jubiläums-Produkt verfügbar sein. Verkaufsstart ist der 6. Dezember 2017.
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