Die Aldis: Kooperation ja - Fusion nein
Seit fast 60 Jahren gehen Aldi Nord und Aldi Süd getrennte Wege. Doch jetzt wird über eine Wiedervereinigung der Discounter spekuliert.
Es ist verrückt: Jeder kennt Aldi, aber eigentlich gibt es «den» Aldi überhaupt nicht. Schon 1961 haben die Aldi-Gründer Karl und Theo Albrecht ihr Reich in zwei unabhängige Unternehmen aufgeteilt: Aldi Nord und Aldi Süd. Seitdem durchschneidet der Aldi-Äquator Deutschland. Und auch die Welt ist aufgeteilt: Die Filialen in Frankreich, den Niederlanden, Polen und Spanien etwa gehören zu Aldi Nord. Aldi Süd geht unter anderem in Großbritannien, Italien, Australien und den USA auf Kundenfang.
Doch in den vergangenen Jahren begannen die Grenzmauern im sauber aufgeteilten Aldi-Reich zu bröckeln. Immer öfter arbeiten die Discount-Schwestern zusammen. Unübersehbar wurde dies spätestens im Herbst 2016, als die Aldis erstmals eine große gemeinsame Imagekampagne - inklusive TV-Werbung und Kino-Spots - starteten. Das Motto: «Einfach ist mehr.»
Auch sonst agieren die beiden Ketten immer öfter quasi im Gleichschritt. Beide investieren zurzeit Milliarden, um ihre Läden schöner, größer und moderner zu machen - und beide nehmen immer mehr Markenartikel in ihre Regale auf.
Doch ist dies nach einem Bericht des «Manager Magazins» erst der Anfang. Die Führungsspitze der Discounter prüfe inzwischen eine Zusammenlegung des Einkaufs und mehrerer anderer Bereiche, berichtete das Magazin unter Berufung auf ein «Geheimprotokoll» über ein Treffen von ranghohen Aldi-Managern. Endziel sei es, sämtliche Leistungen im Einkauf und den Dienstleistungsabteilungen wie Qualitätswesen, Corporate Responsibility, Werbung oder Logistik nur noch einmal zu erbringen. «Selbst eine gesellschaftsrechtliche Verschmelzung der beiden Unternehmen zu einem Konzern wird nicht ausgeschlossen», schrieb das Magazin.
Die Fusionsspekulation wollten die Discounter allerdings nicht im Raum stehen lassen. «Eine Fusion ist weder aus der Kooperation folgend noch aus sonstigen Überlegungen geplant oder beabsichtigt», betonten die Unternehmen am Donnerstag. Gleichzeitig räumten sie ein, in Zukunft in wichtigen Bereichen wie Einkauf und Marketing noch enger zusammenarbeiten zu wollen. Daraus ergebe sich aber angesichts des Unternehmenswachstums keine Reduzierung des Personalbedarfs, versuchten die Ketten Mitarbeiterängste vor einem Stellenabbau zu beschwichtigen.
Tatsächlich haben die Discount-Schwestern nach Einschätzung von Boris Planer vom Handelsanalysten Planet Retail kaum eine Alternative dazu, ihre Zusammenarbeit auszubauen: «Die Wettbewerbslandschaft verändert sich radikal», betonte der Branchenkenner. Neue, größere Läden, ein vielfältigeres Warenangebot und Vorbereitungen für die Digitalisierung kosteten viel Geld und stellten selbst einen Branchenriesen vor Herausforderungen. «Um seinen Kostenvorteil zu bewahren, muss Aldi an anderer Stelle noch effizienter werden. Da macht es sehr viel Sinn, hinter den Kulissen zusammenzuarbeiten.»
Für den Branchenkenner steht fest: «Es ist letztlich nicht die wichtigste Frage, ob Aldi Nord und Aldi Süd fusionieren oder nicht.
Entscheidend ist: Beide werden zunehmend zusammenarbeiten. Dazu sind sie verdammt.» Das Bundeskartellamt bewertet die Schwesterunternehmen aufgrund der gemeinsamen historischen Vergangenheit und der nach wie vor unangetasteten Gebietsaufteilung schon heute als «verbundene Unternehmen».
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