25 Jahre Freilandversuche mit gentechnisch veränderten Nutzpflanzen

17.04.2018 - Deutschland

Am 15. April 1993 teilte das Bundesgesundheitsamt in Berlin mit, dass es erstmal einen Freilandversuch mit genetisch veränderten Nutzpflanzen genehmigt habe. Proteste von Umweltschützern und Bürgerinitiativen folgten. Bis heute sind die Diskussionen um die Gentechnik nicht beendet.

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Was war seinerzeit geplant?

Im niedersächsischen Klostergut Wetze und bei Deggendorf in Niederbayern sollten auf Versuchsflächen gentechnisch veränderte Pflanzen eingesetzt werden. Auf dem Feld in Bayern war die Viruserkrankung Rizomania (Wurzelbärtigkeit) nachgewiesen worden, die die Ausbildung einer gesunden Zuckerrübenknolle verhindert und zu finanziellen Einbußen bei den Bauern führt. Zum Vergleich mit dem Anbau auf gesundem Boden diente das Feld in Niedersachsen. Den Zuckerrüben wurden drei Gene eingefügt, die die Pflanzen gegen Rizomania, ein Herbizid und ein Antibiotikum resistent machten. In Niedersachsen gab es zudem Versuche mit genveränderten Kartoffeln.

Welche Reaktionen gab es damals?

Schon im Vorfeld, aber auch nachdem die Versuche erlaubt wurden, kam es zu heftigen Protesten. Kritiker sahen damit die Büchse der Pandora geöffnet: Einmal freigesetzt, könnten gentechnisch veränderte Pflanzen nicht mehr zurückgeholt werden, so die Argumentation. Ihrer Meinung nach könnten umherfliegende Pollen auf andere Pflanzen übergehen, was mit unkalkulierbaren Risiken für Mensch und Umwelt verbunden sei. Grundsätzlich befürchteten Gentechnik-Kritiker, dass mit den Versuchen die Tore zu weitergehenden Genmanipulationen aufgestoßen werden sollen. Projekt-Gegner besetzten unter anderem den Versuchsacker in Niedersachsen und rissen Setzlinge wieder aus dem Boden.

Wo werden heute gentechnisch veränderte Pflanzen angebaut?

In Deutschland gibt es seit 2012 keine kommerziellen Anbauflächen mehr. Sollen genveränderte Pflanzen zu Forschungszwecken im Freiland angebaut werden, sind Sicherheitsauflagen unter anderem für Transport, Lagerung und Entsorgung einzuhalten. Zäune oder Netze müssen Tiere abhalten, zudem müssen bestimmte Abstände zur konventionellen Landwirtschaft gewahrt werden. Der genaue Ort, die Fläche und das Anbaudatum werden in einem Standortregister erfasst. Demnach wurde zum bisher letzten Mal 2014 in zwei Gemeinden in Sachsen-Anhalt Genmais der Sorte "Mon 810" angebaut.

Welche Rolle wird Grüne Gentechnik in der Zukunft spielen?

Nach Ansicht vieler Gentechnik-Experten, werden in diesem Jahr maßgeblich die Weichen für die weitere Entwicklung der Grünen Gentechnik in Europa gestellt: Der Europäische Gerichtshof entscheidet darüber, ob auch Pflanzen, die mit neuen gentechnischen Verfahren erzeugt wurden, überhaupt als gentechnisch verändert angesehen werden müssen oder nicht.

Der Hintergrund: Diese Verfahren, allen voran die so genannte Genschere Crispr/Cas9 (kurz Crispr), manipulieren das Erbgut sehr präzise und sehr schnell. Die resultierende Pflanze unterscheidet sich in vielen Fällen in nur einem oder wenigen genetischen Bausteinen von der Ausgangspflanze. Und: Das gleiche Ziel ließe sich in vielen Fällen auch mit herkömmlichen Züchtungsmethoden erreichen - nur eben wesentlich aufwendiger und langsamer.

Einige Fachleute sind deshalb der Ansicht, solche Pflanzen seien nicht als gentechnisch verändert einzustufen. Gentechnik-Kritiker sehen das anders. Ihrer Ansicht nach unterscheiden sich die "genom-editierten" Pflanzen sehr wohl von ihren natürlichen Vorgängern. Die Risiken der noch jungen Methoden seien zudem noch nicht genügend erforscht.

Was bedeutet die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs?

Die Konsequenzen sind weitreichend: Stuft der Gerichtshof die manipulierten Pflanzen als nicht gentechnisch verändert ein, fallen sie künftig nicht mehr unter die strengen Auflagen des Gentechnikrechts. Sie müssten vor ihrer Zulassung kein aufwendiges Prüfverfahren mehr durchlaufen, auch die Kennzeichnungspflicht wäre obsolet. Sollten sie genau wie die mit herkömmlichen gentechnischen Methoden erzeugten Pflanzen unter die GVO-Regeln fallen, werden sie nach Ansicht vieler Experten mittelfristig in Europa keine Chance haben./sfi/ags/DP/he (dpa)

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