Kaltes Plasma für sichere Lebensmittel
Forscher-Team prüft neues Verfahren, um Bakterien auf Lebensmitteln abzutöten.
pixabay/tookapic
Wie wird kaltes atmosphärisches Plasma erzeugt?
Plasma entsteht, wenn einem Gas ausreichend Energie zugeführt wird – beispielsweise über ein elektrisches Feld. Dabei entstehen geladene Teilchen. „Diese Teilchen reagieren mit den Zellmembranen und dem Erbgut von Bakterien und zerstören sie. Menschliche und tierische Zellen bleiben dabei intakt“, erklärt Dr. Birte Ahlfeld aus dem Institut für Lebensmittelqualität und -sicherheit der TiHo. Die terraplasma GmbH, eine Ausgründung des Max-Planck-Instituts für extraterrestrische Physik in Garching, ist auf kaltes Plasma spezialisiert, das sich bereits unter Atmosphärendruck bildet und Zimmertemperatur hat. Für die aktuelle Studie entwickelte das Unternehmen ein Gerät, das kaltes Plasma aus Raumluft erzeugt: das Plasmatube-System. Die wesentlichen Bestandteile des Systems sind seine zwei zylindrischen Plasmaquellen, bestehend aus jeweils zwei elektrisch voneinander isolierten Elektroden. Wird eine Spannung an die Elektroden angelegt, lösen sich Elektronen aus ihrem Gitternetz und bewegen sich vom negativen zum positiven Pol. Auf ihrem Weg erzeugen sie aus einem Teil der umgebenden Gasmoleküle der Luft reaktive Teilchen, sodass eine Plasmawolke entsteht. „Die Fläche der Elektroden ist erweiterbar, so können wir vermutlich große Oberflächen mit kaltem Plasma behandeln. Das“, so Ahlfeld, „ist mit bisher untersuchten Verfahren noch nicht möglich gewesen.“
Im Einsatz gegen Mikroorganismen
Mit dem kalten Plasma behandelten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Lachsschinken, den sie zuvor mit Listerien und Salmonellen kontaminiert hatten. Dabei wendeten sie verschiedene Protokolle an: Sie variierten die Spannung des elektrischen Feldes, die Luftfeuchtigkeit des Gases sowie die Behandlungsdauer. Anschließend verglichen sie die Proben von behandeltem und unbehandeltem Lachsschinken hinsichtlich der Anzahl und der Art der noch lebenden Mikroorganismen. Ihr Ergebnis: Mit verschiedenen Ansätzen ließ sich die Bakterienzahl auf dem behandelten Schinken signifikant reduzieren – dennoch konnten sie in den Proben weiterhin Bakterien nachweisen. „Wir vermuteten allerdings, dass überlebende Mikroorganismen nach der Plasmabehandlung irreversibel geschädigt waren und eine anschließende Kühlung des Produktes sie doch noch inaktivieren könnte“, erklärt TiHo-Wissenschaftlerin Karolina Lis. Weitergehende Untersuchungen bestätigten diese Vermutung: Nachdem der behandelte Lachsschinken unter handelsüblicher Schutzgasatmosphäre verpackt und bei acht Grad Celsius gekühlt wurde, sank die Bakterienmenge im Gegensatz zu den Kontrollprodukten deutlich – zum Teil sogar unter die Nachweisgrenze. Auch das Verpacken unter Schutzgasatmosphäre spielt dabei eine Rolle: „Das Schutzgas enthält keinen Sauerstoff, stattdessen hohe Konzentrationen an Stickstoff und Kohlenstoffdioxid“, sagt Lis. „Dadurch werden sauerstoffabhängige Mikroorganismen in ihrem Wachstum gehemmt und im Schinken enthaltenes Fett wird nicht ranzig.“
Fazit
Das Forscher-Team konnte zeigen, dass kaltes atmosphärisches Plasma das gängige Konservierungsverfahren effektiv unterstützen kann. Lis betont weitere Vorteile: „Kaltes atmosphärisches Plasma zu erzeugen, ist relativ kostengünstig, da wir Raumluft als Arbeitsgas verwenden. Zudem ist es umweltfreundlich, da die Plasmaproduktion keinen Abfall erzeugt. Dass die Produkte nach der Behandlung gekühlt werden müssen, um gute Ergebnisse zu erzielen, ist kein großer Nachteil – Lachsschinken nach dem Verpacken zu kühlen, ist auch jetzt bereits vorgeschrieben.“ Weitere Untersuchungen sind jedoch nötig, bevor das Verfahren in einem größeren Maßstab eingesetzt werden könnte: „Wir möchten ein Behandlungsprotokoll entwickeln, das gegen alle relevanten Bakteriengattungen wirksam ist. Zudem müssen wir ausschließen, dass sich der Nährstoffgehalt, die Beschaffenheit und der Geschmack des Lebensmittels durch die Behandlung verändern. “
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