Kakao und Regenwald

Schoko-Fans sollten Fragen an die Hersteller schicken

05.10.2018 - Deutschland

Schokolade ist eine süße Sünde. Doch denkt ein Schoko-Fan beim Essen auch an die Arbeiter auf den Kakaoplantagen? Eine Expertin sagt, das wäre gut.

pixabay/stokpic

Viele Schokoladenhersteller machen sich Gedanken über die nachhaltige Produktion von Kakao, die gut ist für Umwelt und Menschen. Der Expertin Etelle Higonnet von der US-Nichtregierungsorganisation Mighty Earth reicht das noch nicht. Sie fordert im dpa-Interview, dass die Verbraucher bei den Firmen nachfragen sollten, wie deren Lieferketten aussehen. Und die deutsche Regierung solle sich für verbindliche EU-Regeln einsetzen, wann Arbeitsbedingungen fair sind.   

Die Deutschen gehören zu den größten Schokoladenkonsumenten der Welt. Zugleich gibt es an den Kakaoanbauern Kritik. Wie kann ich Schokolade genießen, ohne mich schlecht zu fühlen?

Ich bin ein großer Schokoladenfan, aber einer mit schlechtem Gewissen. Ich würde jetzt gerne sagen, dass wir Schokoladenfans uns, was den Konsum angeht, in naher Zukunft besser fühlen können. Aber die Wahrheit ist: Wenn man normale Supermarktschokolade kauft, dann kauft man auch Schokolade, die im Zusammenhang mit Abholzung steht, oft sogar mit illegaler Abholzung. Das Beste, was man tun kann, ist nach einer Zertifizierung zu schauen.

Das heißt?

Der Hinweis auf Bio-Kakao bedeutet immerhin, dass keine starken Chemikalien enthalten sind. Auch bedeutet dies, dass die Menschen, die auf den Plantagen arbeiten, viele davon Kinder, nicht in Kontakt mit all den Pestiziden und Umweltgiften kommen. Zudem können wir auch auf «Fairtrade»-Label achten. Dies garantiert zwar nicht den Erhalt von Wald, bedeutet aber, dass die Firma ihre Arbeiter besser behandelt. Aber: Unterm Strich sollte unser Schokoladenkonsum uns ein schlechtes Gewissen einjagen.

Welche Macht hat denn der normale Schokoladenesser?

Verbraucher haben mehr Macht, als sie denken. Jedes Mal, wenn man Schokolade kauft, dann wählt man mit seinem Geld. Verbraucher fühlen sich oft hilflos und weit entfernt von der Herkunft ihres Schokoriegels. Sie wissen nichts über die Zusammenhänge in der Lieferkette. Aber so muss es nicht sein. Verbraucher können den Firmen schreiben. Sie können soziale Medien nutzen wie Twitter und Facebook. (...)

Was machen Regierungen, wie zum Beispiel die deutsche, um einen fairen und nachhaltigen Handel zu gewährleisten?

Das Thema ist präsent, und es wurde auch schon viel geredet - passiert ist aber leider so gut wie nichts. Und das ist irgendwie verrückt, denn Deutschland ist der drittgrößte Kakaoverarbeiter der Welt. Die Deutschen konsumieren nach den Schweizern in Europa die meiste Schokolade pro Kopf, man könnte sie als schokoladensüchtig bezeichnen. Dass Deutschland keine verbindlichen Vorgaben bezüglich Nachhaltigkeit und fairer Arbeitsbedingungen hat, ist für mich unverständlich. Im Zusammenschluss mit anderen EU-Ländern wie Frankreich, Belgien und den Niederlanden könnte auf europäischer Ebene einiges bewirkt werden. Der Schokoladenmarkt in Ländern wie Indien und China ist winzig, der europäische Markt ist der größte. Deutschland kann auf EU-Ebene Veränderung in die Wege leiten.

Steht eine Zertifizierung immer im Zusammenhang mit nachhaltigem Anbau?

Eine Firma kann für Nachhaltigkeit zertifiziert sein und nachhaltig agieren. Aber es gibt auch Firmen, die kein Nachhaltigkeitssiegel haben und dennoch nachhaltig produzieren. Es gibt sehr kleine Schokohandwerksbetriebe, die nach der Prämisse «Bean-to-Bar», also von der Bohne zum Riegel, produzieren. Diese Manufakturen kaufen ihren Kakao von kleinen Kooperativen oder nur aus bestimmten Regionen. Sie wissen also genau, von wem sie kaufen, und behandeln diese fair. Sie garantieren, dass an dem Ort, aus dem sie ihre Bohnen beziehen, kein massiver Chemikalieneinsatz stattfindet, Bäume nicht abgeholzt und Tiere getötet werden.

Was könnte passieren, wenn weiter unkontrolliert in einer Region abgeholzt wird?

Wenn unkontrolliert abgeholzt wird, verschwindet nicht nur der Wald, sondern auch der Regen bleibt aus. Wälder sind große Regenmaschinen. Dies kann man gut am Beispiel der Elfenbeinküste beobachten. Hier hat die massive Abholzung unter anderem für Kakaoplantagen in den letzten Jahrzehnten zu einer immer weiter zunehmenden Dürre im Land geführt. (...)

Zur Person: 
Etelle Higonnet (39) ist Rechts- und Kampagnenbeauftragte bei der Nichtregierungsorganisation Mighty Earth mit Sitz in der US-Hauptstadt Washington. Zuvor war die Juristin schon länger im Bereich Umweltschutz und Menschenrechte tätig, etwa für Greenpeace und als Beraterin der UN-Kinderhilfsorganisation Unicef.

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