Gegen die Billig-Banane: Branche diskutiert über Lieferketten

06.02.2020 - Deutschland

Zahlt der Verbraucher für Lebensmittel zu wenig an der Supermarktkasse? Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte Anfang dieser Woche deutsche Landwirte und den Handel zusammengetrommelt, um über diese Frage zu streiten. Den Bauern machen extreme Billigangebote etwa bei Fleisch oder Milch zu schaffen, weil am Ende kaum Geld bei ihnen ankommt. Nicht am Tisch saßen Bananenbauern aus Costa Rica, oder Orangen-Produzenten aus Süd-Europa. Dabei kämpfen sie mit ähnlichen Problemen - nicht bei tierischen Produkten, sondern bei Obst und Gemüse.

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"80 Prozent aller Produkte beim Obst müssen importiert werden", sagte Dieter Krauß, Präsident des Deutschen Fruchthandelsverbands (DFHV), am Rande der Fachmesse Fruitlogistica, die am Mittwoch in Berlin beginnt.

Während Zitrusfrüchte wie Zitronen, Orangen oder Pomelos meist aus EU-Ländern, allen voran Spanien kommen, stammen Südfrüchte wie Bananen, Kiwis oder Ananas in der Regel aus Drittländern. Costa Rica, Kolumbien, Ecuador und Peru sind die größten Ausfuhrländer für den deutschen Markt, wie aus Daten des Statistischen Bundesamts hervorgeht.

"Insbesondere um diese Jahreszeit ist ein großer Teil des Gemüses aus Spanien oder anderen südeuropäischen Ländern", sagte Katrin Wenz, wissenschaftliche Mitarbeiterin für Agrarpolitik bei der Umweltschutzorganisation Bund. "Der größte Abnehmer sind deutsche Supermärkte." Um die Preise für Obst und Gemüse weiter zu drücken, würden in den Erzeugerländern immer mehr Sozialstandards nicht eingehalten.

Teilweise koste die Ananas bei Sonderaktionen für die Verbraucher lediglich einen Euro, sagte DFHV-Präsident Krauß. Dabei brauche die Frucht vom Setzling bis zur Ernte zwei Jahre. "Dann muss sie noch von Costa Rica mit dem Schiff hierherreisen und dann gehen noch sieben Prozent Umsatzsteuer von dem Euro runter", sagte Krauß. "Da kann man sich ungefähr vorstellen, was noch für den Produzenten am Ende der Kette übrig bleibt." Denn auch der Lebensmitteleinzelhandel wolle selbst bei solch einem Preis noch Geld verdienen.

Dass Obst und Gemüse so billig ist, liegt aus Verbandssicht vor allem an den Ungleichgewichten in der Lebensmittelkette und der Marktmacht des Handels. "Je größer der Abnehmer, desto mehr Marktmacht hat er gegenüber den kleineren Lieferanten und kann den Preis und die übrigen Vertragsbedingungen weitestgehend diktieren", heißt es im aktuellen Jahresbericht des DFHV.

Ähnlich sieht es Bund-Fachfrau Wenz. "Trotz der oft blumigen Nachhaltigkeitsversprechen versuchen Lebensmitteleinzelhandel und Discounter, sich weiter gegenseitig zu unterbieten", sagte sie.

Die Politik will das Thema mit zwei Gesetzesinitiativen angehen. Die EU will kleinere Marktteilnehmer mit einer Richtlinie über unlautere Handelspraktiken am Ende der Lieferkette schützen. Bis Mai 2021 hat die Bundesregierung noch Zeit, diese in nationales Recht umzusetzen.

Deutlich konkreter sind die Planungen derweil beim sogenannten Lieferkettengesetz. Nach Plänen der Bundesregierung sollen deutsche Unternehmen damit zur Einhaltung von Menschenrechtsstandards verpflichtet werden. Besonders Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) treibt das Gesetz voran. Arbeitgeberverbände sowie der CDU-Wirtschaftsrat lehnen das Vorhaben ab.

Auch DFHV-Präsident Krause kritisiert den Plan. "Das ist eine Frage der Definition", sagte er. "Wir haben bereits 2007 Sozialstandards definiert für unsere Branche." Diese würden auch vor Ort überprüft. Bei den Lieferketten sei allerdings die Frage: "Wo fängt sie an, wo hört sie auf?" Schwieriger mit der Überprüfung werde es etwa mit Blick auf die Arbeitsbedingungen auf dem übrigen Transportweg - vom Lastwagenfahrer im Herkunftsland bis zur Schiffsbesatzung.

Umweltschützerin Wenz kann diese Kritik nicht nachvollziehen. Gerade bei Produkten wie Obst und Gemüse ließe sich sehr gut nachvollziehen, was zur Lieferkette gehört und was nicht. "Komplexer wird es bei gemischten Produkten, wo 15 Komponenten aus der ganzen Welt kommen, aber im Gemüse- und Obstbereich ist das ja gar nicht der Fall." Auch zu den Arbeitsbedingungen von Lastwagenfahrern lägen Informationen vor. "Wenn das Lieferkettengesetz kommt, haben wir schon eine richtig gute Grundlage."

Die Fruitlogistica, die Leistungsschau der Fruchthandelsbranche, öffnet von Mittwoch bis Freitag die Tore. Erwartet werden rund 3300 Aussteller aus mehr als 90 Ländern./maa/DP/stk (dpa)

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