Jetzt geht es um die Veggie-Wurst

Veggie-Produkte: EU-Parlament entscheidet über Bezeichnungsverbot

23.10.2020 - Belgien

Das Europaparlament stimmt am Freitag über einen Gesetzesentwurf ab, nach dem pflanzliche Lebensmittel keine tierisch anmutenden Bezeichnungen mehr tragen dürfen. Dass Hersteller ihre Fleischersatzprodukte Soja-Schnitzel oder Tofu-Burger nennen können, wäre damit passé - das Vorhaben wird jedoch innerhalb des EU-Parlaments mit Skepsis gesehen.

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Der Gesetzesvorschlag ist Teil eines Berichts zur Gemeinsamen Agrarreform (GAP) der Europäischen Union, über die das Parlament in dieser Sitzungswoche abstimmt. Die EU-Abgeordneten entscheiden mit ihrem Votum über den Standpunkt des EU-Parlaments, mit dem es anschließend in die Verhandlungen mit EU-Rat und -Kommission geht.

Dass es der Gesetzesentwurf dann auch in das endgültige Reformpaket zur EU-Agrarpolitik schafft, ist nicht sicher. Erwartet wird die Entscheidung des Parlaments gegen Mittag.

Und der Vorlage zufolge soll es nicht nur der Tofu-Wurst an die pflanzliche Pelle gehen: Er sieht auch strengere Regeln für Milchalternativen vor. Bezeichnungen wie "Mandelmilch" sind in der EU bereits verboten. Der Europäische Gerichtshof urteilte 2017, dass als Milch nur Erzeugnisse bezeichnet werden dürfen, die aus der "normalen Eutersekretion" von Tieren gewonnen werden. Das Gleiche gilt für die Bezeichnungen von Milchfolgeprodukten als "Käse" oder "Butter". Der Gesetzesentwurf schlägt nun vor, auch beschreibende Ausdrücke wie "à la", "Typ" oder "Nachahmung" nicht zuzulassen.

Einige EU-Parlamentarier kritisierten die Diskussion über das Thema vor der Abstimmung. "Wir halten die ganze Debatte für völlig überflüssig", sagte der FDP-EU-Abgeordnete Jan-Christoph Oetjen der Deutschen Presse-Agentur. "Wir sind überzeugt, dass sich der Bürger selbst ein Bild machen kann." Schließlich wisse der Verbraucher auch, dass man Scheuermilch nicht trinken könne, so Oetjen. Er kündigte an, dass die FDP gegen die entsprechenden Änderungsanträge stimmen werde.

Vor allem Landwirtschaftsverbände hatten vorab massiv Werbung für das Verbot der Fleischbezeichnungen für Ersatzprodukte gemacht. Der EU-Landwirtschaftsverband (Copa-Cogeca) erklärte in einem Tweet, dass mit der Zulassung von Fleischbezeichnungen für pflanzenbasierte Alternativen die Büchse der Pandora geöffnet werde. Er sprach von einem Schaden für Landwirte und Konsumenten, die durch die unklaren Bezeichnungen verwirrt würden.

Der Deutsche Bauernverband (DBV) forderte "ehrliche" Produktnamen für Ersatzprodukte. Dass für die pflanzlichen Alternativen Fleisch-Benennungen gewählt würden, bezeichnete DBV-Generalsekretär Bernhard Krüsken Anfang Oktober als "merkwürdige Form von Trittbrettfahrerei". "Ein Marketing, mit dem das Original erst in Verruf gebracht und dann in der Bezeichnung kopiert wird, ist unlauter", erklärte Krüsken.

Es ginge nicht darum, den Veggie-Markt auszubremsen, betonte der Vorsitzende des Agrarausschusses des Europaparlaments, Norbert Lins (CDU). Er forderte jedoch Klarheit bei den Bezeichnungen. "Wir wollen die Bezeichnung "reiner" Fleischprodukte schützen, während das Ersatzprodukt für Fleischzubereitungen das "Veggie-Label" führen sollte."

Grünen-Europapolitiker Martin Häusling sah kein Risiko der Verwirrung für Konsumenten an den Kühlregalen. Er glaube nicht, dass es bei Veggie-Burgern und Burgern aus Fleisch zu Verwechslungen kommen könnte, so Häusling. Er befürchte eher, dass das EU-Parlament Gefahr laufe, damit in einer "zweiten Gurken-Verordnung" zu enden.

Die berühmt-berüchtigte - und mittlerweile wieder aufgehobene - Verordnung zur erlaubten Krümmung von Gurken wird von Kritikern gern als Beispiel für eine Überregulierung aus Brüssel genannt.

Neben dem Gesetzesentwurf, der eine Unterbindung der Fleisch-Bezeichnungen für Pflanzenprodukte vorsieht, steht auch eine Vorlage mit einem Kompromiss zur Abstimmung. Nach diesem könnte das Soja-Schnitzel weiterhin Schnitzel heißen, müsste aber deutlich mit dem Vermerk "ohne Fleisch" gekennzeichnet sein.

In Deutschland sind Fleischbezeichnungen für Pflanzenprodukte derzeit möglich. Voraussetzung dafür ist der Deutschen Lebensmittelbuch-Kommission zufolge, dass es eine Ähnlichkeit der Produkte gibt. Diese kann durch verschiedene Kriterien wie den Verwendungszweck, Konsistenz oder auch das Mundgefühl gegeben sein./ari/DP/stk (dpa)

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