Gewerkschaft und Fleischindustrie setzen Tarifverhandlungen fort
Die Angebote liegen auf dem Tisch
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Die Gewerkschaft war mit der Forderung nach einem dreistufigen Mindestlohntarifvertrag für die rund 160 000 Beschäftigen der Branche in die Gespräche gegangen. Der Mindestlohn soll demnach bei 12,50 starten. Nach einer kurzen Einarbeitungszeit soll er auf 14 Euro pro Stunde steigen, Facharbeiter sollen 17 Euro pro Stunde erhalten.
Diesen Vorschlag hatten die Arbeitgeber als «realitätsfern und existenzgefährdend» zurückgewiesen. «Wir machen jetzt Schluss mit der Ausbeutung in der deutschen Fleischbranche. Die Beschäftigten sind stinksauer und absolut streikbereit», sagte der stellvertretender NGG-Vorsitzende Freddy Adjan vor der dritten Runde der Deutschen Presse-Agentur.
Diese Tarifverträge sollen nach einer Einigung vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales für allgemeinverbindlich erklärt werden und hätten dann auch Gültigkeit, wenn der Arbeitgeber nicht tarifgebunden ist.
«Mit Ausbeutung und Billiglöhnen wurden in deutschen Schlachthöfen und Wurstfabriken jahrzehntelang nicht nur billige Produkte, sondern auch Skandale ohne Ende produziert. Der Gesetzgeber hat die Branche mit dem Arbeitsschutzkontrollgesetz an die Kandare genommen», sagte Adjan. Das neue Gesetz biete gleichzeitig die Chance auf den überfälligen Neustart. Diese Chance auf eine Zukunft ohne tägliche Skandale müssen die Fleischkonzerne jetzt nutzen, so der NGG-Verhandlungsführer.
Ein Vierteljahr nach dem Aus für Werkvertragsarbeitsverhältnisse in der Schlachthofbranche kritisiert der katholische Pfarrer Peter Kossen nach wie vor einen Mangel an Wertschätzung für die Arbeitskräfte. «An der Haltung hat es nichts geändert», sagte Kossen, der im westfälischen Lengerich den Verein «Aktion Würde und Gerechtigkeit» zur Beratung von Arbeitsmigranten ins Leben gerufen hat.
«Die Fleischindustrie hat das geändert, wozu sie der Gesetzgeber gezwungen hat», sagte Kossen. Den Menschen einen Arbeitsvertrag zu geben, sei zwar besser als Nichts. Das gebe auch den Betriebsräten und der Gewerkschaft mehr Möglichkeiten, die Interessen der meist aus Osteuropa stammenden Menschen zu vertreten. Allerdings sei das Angebot der Arbeitgeberseite, bei den laufenden Tarifverhandlungen ein Angebot über einen Stundenlohn von zehn Euro zu machen, «schäbig.» Nach wie vor gebe es keine Wertschätzung für die Menschen.
Bei der Wohnsituation der Menschen habe sich nichts verändert, sagte Kossen. Sie seien nach wie vor Mietwucher ausgesetzt. «Es bräuchte ein Engagement, wie es das im 19. Jahrhundert im Ruhrgebiet schon einmal gegeben hat und die Unternehmer Wohnungen für die Menschen gebaut haben», sagte Kossen. Ohne vernünftige Unterbringung könnten sie die schwere Arbeit nicht machen.
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