Am 7. Juni 2021 findet zum dritten Mal der „Welttag der Lebensmittelsicherheit“ (World Food Safety Day) der Vereinten Nationen statt. Das Motto des Aktionstages, dass sichere Lebensmittel Mensch, Planet und Wirtschaft unmittelbar und langfristig nutzen, geht alle etwas an. „Hochwertige Lebens- und Futtermittel täglich sicher bereitzustellen, ist eine große Herausforderung für alle Warenketten-Beteiligten“, sagt Professor Dr. Dr. Andreas Hensel, Präsident des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR). Anlässlich des World Food Safety Day macht er auf betrügerische Praktiken mit Lebensmitteln aufmerksam. „Absichtlich verfälschte Produkte stellen ein globales Problem dar und bergen oft gesundheitliche Risiken“, sagt Hensel. Das BfR forscht deshalb aktuell im Rahmen des EU-Forschungsprojekts MEDIFIT an innovativen Labor-Technologien, die Echtheitskontrollen und Rückverfolgungen grenzübergreifend verbessern sollen.
Kommt der Thymianhonig tatsächlich aus Spanien, wie es das Etikett anpreist? Wurde der Ziegenkäse aus Ziegenmilch hergestellt? Kurz: Steckt drin, was draufsteht? Häufig werden Produkte gestreckt, abgewandelt oder durch Zusätze absichtlich verändert - und falsche Angaben auf das Etikett gedruckt. Vor allem beliebte und teure Produkte bieten Kriminellen eine hohe Gewinnmarge. Die langen, globalen Warenketten erschweren es jedoch, die Betrüger zu überführen.
Um die Echtheit von Lebensmitteln sicherzustellen und die Rückverfolgbarkeit verbessern zu können, bedarf es deshalb komplexer Technologien im Bereich der chemischen Analytik und ebenso ausgeklügelter Software-Lösungen. An ihnen forscht das BfR im Rahmen von MEDIFIT zusammen mit elf Partnern aus Behörden, Forschungseinrichtungen und Unternehmen aus Deutschland, Griechenland, Malta, Spanien, Tunesien und der Türkei. Der Startschuss des EU-Forschungsprojekts fiel im Juni 2020, weitere zwei Jahre läuft die Kooperation. Derzeit werden Analyseverfahren optimiert, erste Daten zusammengetragen und Grundlagen der IT-Anwendungen geschaffen.
Für das BfR steht die Weiterentwicklung sogenannter Fingerprinting-Verfahren im Fokus. Mit ihrer Hilfe kann die Zusammensetzung von Lebensmitteln genau bestimmt und ein individueller chemischer „Fingerabdruck“ ermittelt werden. Dabei kommen insbesondere spektroskopische Analyseverfahren zum Einsatz, die zunehmend auch bei Routinekontrollen von Lebensmitteln genutzt werden.
Mit Blick auf eine zukünftig gemeinschaftliche Anwendung der Fingerprinting-Verfahren zur Überprüfung der Lebensmittelechtheit bedarf es spezifischer Softwarelösungen, mit denen Produzenten, Lebensmittelhändler und Behörden ihre jeweiligen Analysedaten zusammen mit produktbegleitenden Informationen wie Etikett-Angaben verwalten und ebenso zwischen Systempartnern teilen können. Außerdem wird ein cloudbasiertes System entwickelt, mit dem sich die Mitglieder einer beliebigen Warenkette untereinander über Messwerte und passende Datenauswerteverfahren informieren können. Das MEDIFIT-System orientiert sich dabei am Informationsbedürfnis der Verbraucherinnen und Verbraucher und wahrt stets die Eigentumsrechte der Dateneigner.
MEDIFIT steht für „An Interlinked Digital Platform for Food Integrity and Traceability of relevant Mediterranean Supply Chains”. Der Schwerpunkt des Projekts liegt zunächst exemplarisch auf Waren aus den Produktgruppen Käse (in Salzlake) und Honig (zum Beispiel Thymianhonig). Koordiniert wird MEDIFIT von der Aristotle University of Thessaloniki in Griechenland. Die Finanzierung erfolgt über die internationale Förderinitiative PRIMA (Partnership for Research and Innovation in the Mediterranean Area), die durch das Rahmenprogramm Horizont 2020 der Europäischen Union für Forschung und Innovation unterstützt wird.