Food Safety: Kein Durchkommen für "Übeltäter"
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Foodwatch hatte z.B. Ende Oktober die Ergebnisse einer Laboranalyse von 120 Produkten aus Deutschland, Frankreich und den Niederlanden veröffentlicht. 43 % davon enthielten demnach aromatische Mineralöle, in Deutschland war jedes fünfte getestete Lebensmittel (9 von 42 Produkten) belastet - darunter unter anderem Cornflakes, Reis und Grieß. Es ist bekannt, dass Mineralölrückstände häufig aus den Druckfarben stammen, die in Verpackungen oder Umverpackungen aus Recycling-Karton enthalten sind und die besonders auf trockene, lange haltbare Lebensmittel übergehen können. Die Messung der Mineralölgehalte erfolgte mittels on-line HPLC-GC-FID, in Anlehnung an das Kompendium „Messung von Mineralöl-Kohlenwasserstoffen in Lebensmitteln und Verpackungsmaterialien“ des Bundesinstitutes für Risikobewertung. Die Messungen wurden von einem nach DIN EN ISO 17025 akkreditierten Labor im Juli 2015 durchgeführt.
Curti, ein italienischer Hersteller von belastetem Reis, hatte foodwatch gegenüber angekündigt, dass er seine Verpackung überarbeiten wolle und in einem ersten Schritt seinen deutschen Abnehmer Kaufland anhalte, die Ware zurückzurufen.
Mineralöl und Weichmacher
In Zeiten digitaler Medien könne schon ein einziger Vorfall innerhalb von Stunden zu negativen Berichten führen. Wer aber das Vertrauen der Verbraucher verlöre, müsse mit empfindlichen Folgen für Umsatz und Reputation rechnen, sagt Dr. Monika Tönnießen, Manager Product Safety & Regulatory Affairs bei Henkel. Gerade wenn es um Migration von Mineralölbestandteilen oder Weichmachern in das Lebensmittel gehe, gäbe es keinen Spielraum für Nachlässigkeiten oder zweitbeste Lösungen, meint die Expertin.
Die Gefahr einer Kontamination des verpackten Guts mit Mineralöl ist für alle so genannten Packaging & Food Contact Substances (FCN) gegeben. Das betrifft z.B. Farben, Recyclingkarton, Kunststoffmaterialien, Beschichtungen, gewachste Papiere, Jutebeutel oder Klebstoffe. Gleichzeitig handelt es sich bei Mineralölen nicht um eine chemisch gut definierte Substanz, sondern um höchst komplexe Zusammensetzungen von Kohlenwasserstoffen mit unterschiedlicher Anzahl an Kohlenstoffen und Strukturen. Das macht die Bestimmung, Analyse und toxikologische Bewertung des jeweiligen Materials sehr kompliziert.
Auch Weichmacher (Plasticizer) sind nach Aussage von Dr. Tönnießen 2015 noch stärker in den Blickpunkt gerückt. Weichmacher sind Additive, die das Material flexibler und elastischer machen. Sie finden sich in vielen Produkten unseres Alltags, zum Beispiel in Spielzeug, Bodenbelägen, Farben und Lacken, Klebstoffen oder Tablettenbeschichtungen. Da Weichmacher - wie auch Mineralölbestandteile - während des Recyclingprozesses nicht verschwinden, sondern sich im Gegenteil über die Stufen des Recycling hinweg anreichern, stellt sich das Kontaminationsproblem doppelt.
Ende der Übergangsfrist
Bei Henkel wurde bereits vor Jahren mit der Entwicklung und Produktion von wasserbasierten und weichmacherfreien Klebstoffen mit geringen Migrationseigenschaften begonnen. Mit den Aquence LM (Low Migration) Klebstoffen bietet Henkel die erste vollständige Palette von Klebstoffen für das sichere Verpacken von Lebensmitteln. Über den Bereich der Klebstoffe hinaus wurde viel Know-how aufgebaut, das beim Thema Lebensmittelsicherheit zum Tragen kommt, wie analytische Tests, Produktentwicklung, technische Services und toxikologische Bewertungen.
Ein Thema, mit dem die Marktakteure aus Sicht der Henkel-Analytik im neuen Jahr vermehrt konfrontiert werden, ist das Ende der Übergangsfrist der Kunststoff-Verordnung. Das zumindest erwartet Dr. Matthias Frischmann, Abteilungsleiter in der zentralen Analytik bei Henkel. Hintergrund sind die neuen Testbedingungen der Verordnung (EU) Nr. 10/2011 für Kunststoffmaterialien im Lebensmittelkontakt, die ab dem 1. Januar 2016 verbindlich sind. Wesentliche Neuerungen finden sich z.B. im Temperaturbereich, der jetzt Standardbedingungen von 60° C vorsieht gegenüber bisher 40° C. Auch bei den erlaubten Lebensmittelsimulanzien gibt es wichtige Neuerung.
Obwohl Klebstoffe nicht unter die Kunststoffverordnung fallen, werden die strengeren Testbedingungen häufig auch bei der Bewertung von Klebstoffen zugrunde gelegt. Vernachlässigt werde dabei, dass viele Formulierungen unter den geforderten Bedingungen gar nicht getestet werden könnten, so Frischmann. Er weist darauf hin, dass beim Testen eine Änderung der physikalisch-chemischen Eigenschaften der Produkte auftreten könne, so dass von einem realitätsnahen Migrationsversuch nicht mehr die Rede sein könne. Eine Bewertung des echten Lebensmittelkontakts sei dann kaum durchführbar.
Um diesen Zustand zu verbessern, arbeitet Henkel nach Auskunft von Frischmann im Rahmen der Initiative ‚Compliance testing for non-harmonized food contact materials’ gemeinsam mit der Verpackungsindustrie, Lebensmittelproduzenten und Prüfinstituten an einer Empfehlung, die bei der Auswahl geeigneter Migrationsbedingungen helfen soll. Die Veröffentlichung der Empfehlung erwartet Dr. Matthias Frischmann noch im ersten Quartal 2016.
Annette von der Heide