Klimawerbung für Hähnchenfleisch: Rewe stoppt Zusammenarbeit mit umstrittenem Waldprojekt
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foodwatch geht das nicht weit genug: Es sei grundsätzlich irreführend, Fleisch als „klimaneutral“ zu bewerben. Die Organisation spricht sich für eine klare Regulierung nachhaltiger Werbeversprechen aus. Die Bedingungen, unter denen Unternehmen mit dem Begriff „klimaneutral“ werben dürfen, sind bislang nicht näher definiert.
„Das vermeintlich klimafreundliche Hähnchenfleisch von Rewe macht deutlich: Der Ablasshandel mit Klima-Zertifikaten ist ein gutes Geschäft für die Konzerne, aber oft nicht für die Umwelt“, sagte Manuel Wiemann von foodwatch. „Ausgerechnet Fleisch als Klimaschützer zu bewerben, ist dreist. Die EU muss grüne Werbelügen auf unökologischen Produkten stoppen!“
„Rewe ist einer gerichtlichen Niederlage zuvorgekommen“, erklärte foodwatch-Anwalt Prof. Dr. Remo Klinger. „Es ist mit juristischen Mitteln leider noch nicht möglich, Klimawerbung auf Fleisch generell zu untersagen. Hier muss der Gesetzgeber ran.“ foodwatch kann keine weiteren Rechtsmittel gegen Rewe einlegen.
Dreiviertel aller Treibhausgasemissionen der Landwirtschaft entfallen auf die Tierhaltung. Für den Klimaschutz muss Deutschland die Tierzahlen drastisch reduzieren, so foodwatch. Die Organisation hatte Rewe für die Klima-Werbung auf dem Hähnchenfleisch im Dezember den Goldenen Windbeutel, den Preis für die dreisteste Werbelüge des Jahres, verliehen. Der Konzern hatte die Kritik am Tambopata-Projekt zunächst zurückgewiesen. In der jetzt unterzeichneten Unterlassungserklärung legte Rewe Wert auf die Klarstellung, dass die Abgabe der Erklärung „ohne Anerkennung einer Rechtspflicht allein aus Opportunitätsgründen höchst vorsorglich und auf das beanstandete Projekt beschränkt erfolgt“.
Für die vermeintliche „Klimaneutralität“ der in Bayern verkauften Wilhelm Brandenburg-Geflügelprodukte hatte Rewe Treibhausgas-Emissionen über den Anbieter „Climate Partner“ kompensiert. Dafür wurden Zertifikate eines Projekts zum Waldschutz in Tambopata in Peru gekauft. Eine von foodwatch in Auftrag gegebene Recherche hatte jedoch gezeigt: Das Projekt erfüllt nicht die Anforderungen an Kompensationsprojekte. Es schafft keinen zusätzlichen Nutzen für das Klima. Nach Projektbeginn hat die Entwaldung in der Region nicht wie versprochen ab-, sondern sogar zugenommen. Das Unternehmen Climate Partner hatte foodwatch methodische Fehler vorgeworfen, ohne jedoch wichtige Quellen und Berechnungen transparent zu machen. Ein wissenschaftliches Gutachten des unabhängigen Öko-Instituts bestätigte die Stichhaltigkeit wesentlicher Kritikpunkte von foodwatch am Tambopata-Projekt.
Die sogenannte „Green Claims“-Initiative bietet die Möglichkeit, Nachhaltigkeitswerbung auf EU-Ebene zu regulieren. Die EU-Kommission will am 30. März einen Entwurf vorstellen.
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