Fleischersatz: Umwelt motiviert nicht zum Konsum

Tierwohl- und Gesundheitsaspekte motivieren zum Konsum

28.04.2022 - Deutschland

Menschen, die eine kritische Einstellung zur Massentierhaltung haben oder im Alltag auf ihre Gesundheit achten, greifen eher zu Fleischersatzprodukten. Die Sorge um die Umwelt spielt bei dieser Entscheidung dagegen keine Rolle. Zu diesem Schluss kommt eine Studie der Universität Bonn, an der mehr als 400 Personen zwischen 17 und 86 Jahren teilnahmen. Die Ergebnisse erscheinen in der Fachzeitschrift Food Quality and Preference.

Gregor Hübl/ Universität Bonn

Fleischersatzprodukte sind im Kommen. Warum sie konsumiert werden, haben jetzt Forschende der Universität Bonn untersucht.

Fleischersatzprodukte sind im Kommen: Fristeten sie früher ein Nischendasein in Reformhäusern oder Bio-Läden, sind Weizen-Salami, Tofu-Schnitzel oder Soja-Hack heute in jedem gut sortierten Supermarkt zu finden. „Wir wollten wissen, aus welchen Gründen Konsumentinnen und Konsumenten zu diesen Alternativen greifen“, erklärt Jeanette Klink-Lehmann, die am Institut für Lebensmittel- und Ressourcenökonomik der Universität Bonn in der Abteilung von Prof. Dr. Monika Hartmann promoviert.

Klink-Lehmann und Hartmann haben für die Analyse zusammen mit ihrem Kollegen Nick Marcus 441 Frauen und Männer aus ganz Deutschland befragt. Die Teilnehmenden sollten beispielsweise angeben, wie sehr sie auf ihre Gesundheit achten, ob die Menschheit aus ihrer Sicht auf eine ökologische Krise zusteuere und ob die Tierhaltung in der Landwirtschaft ethisch hinterfragt werden müsse. Zudem gaben sie ihre Einstellung zu Fleischersatz-Produkten an sowie ihre Absicht, diese in Zukunft verstärkt zu konsumieren.

Tierwohl- und Gesundheitsaspekte motivieren zum Konsum

„Wir haben nun basierend auf der Erweiterung eines anerkannten Verhaltensmodells die statistischen Beziehungen zwischen diesen Antworten untersucht“, sagt Marcus. Dabei stießen die Forschenden auf ein überraschendes Ergebnis: Eine stärkere Sorge um die Umwelt ging weder mit einer besseren Bewertung von Fleischersatz-Produkten einher noch mit einer größeren Absicht, diese zu kaufen. „Wir hatten erwartet, dass für den Umstieg auf Fleisch-Alternativen auch ökologische Aspekte eine Rolle spielen“, erklärt Marcus. „Das hat sich jedoch nicht bestätigt.“

Über die Gründe für die Diskrepanz zwischen dem Umweltbewusstsein der Teilnehmenden und ihrem Verhalten können die Forschenden nur spekulieren. So stammen die Umfrage-Daten bereits aus dem Jahr 2017 – einer Zeit also, als die „Fridays for Future“-Bewegung noch nicht existierte. „Seitdem steht das Thema Umwelt deutlich stärker auf der Tagesordnung“, betont Klink-Lehmann. „Damit sind heute vermutlich mehr Menschen als noch vor fünf Jahren über die potenziell negativen Umweltauswirkungen des Fleischkonsums informiert.“

Eine große Rolle bei der Konsumentscheidung der Befragten spielten Tierwohl-Bedenken: Wer Massentierhaltung kritisch sieht, hat (wenig überraschend) im Schnitt eine positivere Haltung zu Pflanzen-Wurst und Veggie-Burger. Diese Einstellung wiederum wirkt sich förderlich auf die Absicht aus, künftig eher zu diesen Alternativen zu greifen. Auch ein ausgeprägtes Gesundheitsbewusstsein geht im Schnitt mit einer stärkeren Bereitschaft einher, häufiger pflanzliche Produkte zu konsumieren. Einen erheblichen Einfluss auf diese Entscheidung hat darüber hinaus, wie Freunde und enge Bezugspersonen zu Fleischersatzprodukten stehen.

Vorteile gezielt vermarkten

Marcus, Klink-Lehmann und Hartmann empfehlen, einerseits die ökologischen Vorteile pflanzlicher Alternativen besser zu kommunizieren. Außerdem solle die Industrie bei der Herstellung ihrer Produkte verstärkt auf eine gesunde und ausgewogene Zusammensetzung achten. Dort, wo bei Fleischersatz tierische Lebensmittel wie etwa Eier genutzt werden, sollten diese zudem von Höfen stammen, die auf eine gute Tierhaltung achten. „Tierwohl und Gesundheit sind den Konsumenten offensichtlich sehr wichtig“, sagt Klink-Lehmann. „Die Hersteller tun also gut daran, diese Aspekte zu berücksichtigen und ihre Lebensmittel dann auch entsprechend zu vermarkten.“

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