Studie: Drei Viertel der Berufstätigen gehen krank zur Arbeit

Trotz positivem Corona-Test erscheinen neun Prozent der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer weiter im Unternehmen

26.10.2022 - Deutschland

Jeder und jede zehnte Beschäftigte geht selbst mit einem positiven Corona-Test und mildem Verlauf weiterhin ins Büro oder in den Betrieb. Jede und jeder Fünfte tut dies mit einem ansteckenden Infekt. Am häufigsten kommen die Mitarbeitenden bei Rückenschmerzen trotzdem in die Firma (49 Prozent). Nur 28 Prozent der Deutschen bleiben bei Krankheit konsequent zuhause und arbeiten nicht. Die unter 30-Jährigen erscheinen häufiger als im Bevölkerungsschnitt krank zur Arbeit. Dies sind Ergebnisse der repräsentativen Studie "Arbeiten 2022" der pronova BKK, für die im September 2022 rund 1.200 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ab 18 Jahren befragt wurden.

Bild von Arpit auf Pixabay

38 Prozent der Berufstätigen gehen bei Allergien weiterhin vor Ort ihrem Beruf nach. Rund ein Drittel der Berufstätigen erscheint bei psychosomatischen oder psychischen Beschwerden und leichten Erkrankungen im Unternehmen. Bei einem negativen Corona-Test, aber einem anderen ansteckenden Infekt arbeiten 20 Prozent in Präsenz, mit Erkrankungen der Atemwege noch 18 Prozent. Verletzungen des Bewegungsapparates halten 16 Prozent nicht vom Job ab. Etwa jeder und jede Zehnte macht das Erscheinen in der Firma davon abhängig, wie viel zu tun ist - und nicht von seinem Gesundheitszustand. Nur eine Minderheit kuriert sich zuhause vollständig aus. Bei einem positiven Corona-Test tut dies jede und jeder Dritte, bei einem ansteckenden Infekt nur noch 28 Prozent und bei leichten Erkrankungen zwölf Prozent. Rückenschmerzen kurieren nur acht Prozent so lange aus, bis es ihnen wirklich besser geht.

"Manche haben Sorge als faul zu gelten oder den Kolleginnen und Kollegen die Vertretung zuzumuten: An der Gewohnheit vieler Beschäftigter, am Arbeitsplatz präsent zu sein, scheinen die Erfahrungen mit dem Infektionsschutz während der Corona-Pandemie nichts geändert zu haben", sagt Dr. Gerd Herold, Beratungsarzt bei der pronova BKK. "Doch wer sich nicht in Ruhe auskuriert, riskiert, dass Viruserkrankungen auch Herz oder andere Organe angreifen oder sich durch Medikamente unterdrückte Symptome verschlimmern. Noch dazu können Mitarbeitende angesteckt werden - nicht nur bei einer Präsenz trotz positivem Corona-Test eine unzumutbare Gefahr."

Überraschend ist, dass weniger Befragte im Krankheitsfall von zu Hause aus arbeiten als vor Ort im Unternehmen - trotz verstärkter Telearbeit während der Pandemie. Beispielsweise gehen 34 Prozent mit leichten Erkrankungen in den Betrieb und nur 18 Prozent arbeiten im Homeoffice. Selbst bei einer Corona-Erkrankung mit mildem Verlauf nutzen zwar mit 17 Prozent etwa doppelt so viele Beschäftigte den Heimarbeitsplatz wie den Arbeitsplatz vor Ort - neun Prozent erscheinen aber weiterhin im Betrieb.

Unter 30-Jährige gesundheitlich angeschlagen und seelisch gestresst

Gerade bei den Jüngeren legen die Studienergebnisse häufigere Erkrankungen nahe, denn ihr körperliches und seelisches Befinden hat sich deutlich verschlechtert. 64 Prozent der 18- bis 29-Jährigen empfinden ihren Gesundheitszustand derzeit als gut oder sehr gut, das sind 14 Prozentpunkte weniger als noch vor zwei Jahren. 2020 hatten in der Vorgängerstudie der pronova BKK 78 Prozent diese positive Einschätzung abgegeben. In der Gesamtbevölkerung sank das Gesundheitsempfinden jedoch nur um zwei Prozentpunkte auf 67 Prozent.

"Die Corona-Krise hat denen zu schaffen gemacht, die sich am Anfang ihrer beruflichen Laufbahn befinden, ihren Abschluss im Lockdown gemacht haben oder ihre Berufsentscheidung treffen mussten", sagt Dr. Herold. "Die Belastungen machen sie anfälliger für Infekte und haben psychische Leiden gefördert."

Stress im Arbeitsalltag betrifft 94 Prozent der unter 30-Jährigen, in der Gesamtbevölkerung sind es zehn Prozentpunkte weniger. Zu den größten Belastungsfaktoren gehören dabei Überstunden und ständiger Termindruck. Vor allem der Stress durch sogenannte weiche Faktoren hat zugenommen: 93 Prozent der 18- bis 29-Jährigen, und damit zehn Prozentpunkte mehr als 2020, belasten psychische Komponenten bei der Arbeit. Top-Nennung bei den Jüngeren ist schlechtes Arbeitsklima (28 Prozent), gefolgt von kurzen Pausen (27 Prozent) und emotionalem Stress (26 Prozent). Die Angst um den Arbeitsplatz macht Jüngeren häufiger zu schaffen als Älteren, zudem hat diese auch seit 2020 zugenommen: Derzeit sorgen sich 19 Prozent um Jobverlust, 2020 waren es 13 Prozent. Um dieser Angst entgegenzuwirken, leisten 38 Prozent der 18- bis 29-Jährigen Überstunden, im Altersdurchschnitt sind es 30 Prozent.

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