Diese 6 Projekte werden unsere Ernährung von morgen mitprägen

Förderprogramm «Food 4.0»

18.01.2023 - Schweiz

Die Schweizerische Akademie der Technischen Wissenschaften SATW hat sechs Projekte aus Forschung und Entwicklung und aus der Privatwirtschaft bestimmt, die das Potenzial haben, unsere Ernährung von morgen nachhaltig zu ändern.

piviso / Pixabay

Die Expert:innen empfehlen dieses Jahr vor allem Projekte zur Unterstützung, die nach Wegen suchen, wie tierische vermehrt durch pflanzliche Proteine ersetzen ersetzt werden können. So entwickelt zum Beispiel ein Projektteam aus der Privatwirtschaft ein veganes Glace, das sich zu Eisstengeln oder Eiscakes formen lässt. Ein anderes Team aus dem Hochschulbereich perfektioniert eine Methode, mit der sich im Labor nicht nur Fleischbänder, sondern ganze Fleischstücke kultivieren lassen. Zudem setzen sich zwei Projekte mit Food Waste, respektive Food Loss auseinander und erforschen etwa, wie Getreide besser vor Schimmel geschützt werden kann. Wenn diese Projekte gelingen, schaffen sie einen Mehrwert, der über die Landesgrenzen hinaus Wirkung zeigt.

Damit die gesunde Molke vollumfänglich verwertet werden kann

Prof. Daniel Heine und Dr. Lisamaria Bracher, Berner Fachhochschule BFH

3,4 Milliarden Liter Milch geben die Schweizer Kühe jedes Jahr und fast die Hälfte davon wird zu Käse verarbeitet. Dabei fällt auch entsprechend viel Molke als Nebenprodukt an, die wertvolle Mineralstoffe und Vitamine enthält. Das Team Biokonversion und Schutzkulturen der Berner Fachhochschule um Daniel Heine und Lisamaria Bracher untersucht gemeinsam mit Agroscope Liebefeld sowie dem Jungunternehmen Lokalgenuss AG, wie diese Molke vollumfänglich für die menschliche Ernährung genutzt werden kann.

Die Molke soll mit dem natürlichen Verfahren der Milchsäurefermentation aufgewertet werden. So bleibt sie nicht nur länger haltbar, sondern erhält ebenfalls einen guten Geschmack und einen optimalen Nährwert.

Erbsen ohne ihren bohnigen Geschmack

Prof. Dr. Christoph Denkel und Dr. Christian Trindler, Berner Fachhochschule BFH

Erbsen haben sich zu einer wichtigen Proteinquelle v.a. für Fleischersatzprodukte entwickelt. Eine wesentliche Herausforderung liegt in der Kontrolle des unerwünschten, bohnigen Aromas. Ein Team um Christoph Denkel (Lebensmittelprozesstechnologie) und Christian Trindler (Aromaanalytik) untersucht, wie in der ersten Phase der Proteinextraktion die Konzentration an unerwünschten Aromamolekülen ohne Kompromittierung der Proteineigenschaften kontrolliert werden kann.

Poröse Gitterstrukturen für das Steak aus dem Labor

Simona Fehlmann, ETH Zürich und sallea

Im Labor kann man heute erst dünne Schichten von Fleisch herstellen, das hauptsächlich zu Gehacktem verarbeitet werden kann. Simona Fehlmann und ihr Team von der ETH Zürich wollen ein Gerüst weiterentwickeln, einen essbaren Schaum, an dem die Zellen zu einem dicken Stück Fleisch wachsen können. Ihr Gerüst basiert auf einem offenen Porensystem, damit sich die Nährstoffe und Muskelzellen während des Wachsens des Fleisches/Muskelgewebes besser (homogen) verteilen können.

Shrimp ohne Haken

Dr. Lukas Böcker und Dr. Severin Eder, ETH Zürich und Catchfree

Shrimps aus Pflanzen herzustellen ist eine Herausforderung – nicht nur wegen ihres Geschmacks oder ihrer Textur, sondern vor allem wegen ihrer charakteristischen Form. Das Startup Catchfree um Lukas Böcker und Severin Eder an der ETH Zürich entwickeln nun ein Verfahren, anhand dem eine Masse aus pflanzlichen Proteinen in mehreren Schritten zu Shrimps geformt werden kann. Auch andere pflanzlichen Meeresfrüchte sollen einmal auf diese Weise hergestellt werden können.

Wie Pflanzen zu Glacestengeln werden

Dr. Stephan Bolliger, Cuckoo Ice Cream

Schon heute stellt die Cuckoo Produktions AG Premium Ice Cream her. Nun forschen Stephan Bolliger und sein Team an einem veganen Glace. Im Rahmen dieses Projekts möchten sie herausfinden, wie sie veganes Glace herstellen können, das nicht nur gleich schmeckt wie jenes aus tierischen Proteinen, sondern das sich auch beliebig formen lässt – etwa zu umhüllten Eisstengeln oder zu Eiscakes.

Wie können Mikroorganismen Giftstoffe von Schimmelpilzen in Getreide reduzieren?

Prof. Dr. Susanne Miescher Schwenninger, ZHAW Life Sciences und Facility Management

Weizen zählt weltweit zu den wichtigsten Grundnahrungsmitteln und bietet vor allem als Vollkorn einen hohen Nährwert. Aber gerade Nutzpflanzen wie Weizen werden oft von Schimmel befallen. Darunter gibt es auch Schimmelarten, die Giftstoffe, sogenannte Mykotoxine bilden. Etwa ein Viertel aller Nutzpflanzen ist davon betroffen. Im Rahmen eines früheren Forschungsprojekts konnten Susanne Miescher Schwenninger und ihr Team von der ZHAW bereits Mikroorganismen finden, die ein getreidetypisches Mykotoxin nachweislich und auf natürliche Weise reduzieren. Im aktuellen Projekt möchten sie erforschen, wie genau dies geschieht, um dadurch das Potential für eine Anwendung auf Getreide abzuschätzen.

Weshalb fördern die Akademien diese Projekte?

Der europaweite Trend zu billigen Lebensmitteln setzt in der Schweiz gerade kleinen und mittelgrossen Betrieben zu; sie müssen in der Regel höhere Löhne und höhere Produktionskosten zahlen als ihre Konkurrenz im Ausland und geraten dadurch ins Hintertreffen. Um das Schweizer Ernährungssystem zu stärken und für die Zukunft zu rüsten, hat der Bund die Akademien der Wissenschaften Schweiz beauftragt, transdisziplinäre und innovative Projekte zu fördern.

Erst wenig bekannt ist, dass die Schweiz auf bestem Weg ist, sich zu einem führenden Foodtech-Standort zu entwickeln. Dazu tragen unter anderem der Schweizer Erfindergeist bei, die lebendige Szene von Start-ups und Spin-offs sowie die kompetitive Forschung, die gut mit der Industrie vernetzt ist. Die sechs Projekte, die nun auserkoren wurden, sind Ausdruck dieser Dynamik. Wenn Sie mehr über diese Entwicklung erfahren möchten, vermitteln wir Ihnen gerne ein Projektteam oder Expert:innen aus unserem hochkarätigen Netzwerk.

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