Lebensmittel-Onlineshops im Test: Pflichtangaben lückenhaft
Pflichtangaben wie Allergenkennzeichnungen, Warnhinweise oder Grundpreise sind mitunter fehlerhaft, schlecht lesbar oder fehlen.
© VZ NRW/adpic
Von Mai bis Juli 2023 prüften die Verbraucherschützer in jedem der sieben Onlinemärkte den gleichen Warenkorb mit Lebensmitteln wie Müsli, Nudeln, Tee, Kaffee, Keksen, Marmelade, Reis, einer Fleisch- oder Wurstware und einer Gemüsekonserve. Auch ein Energydrink stand auf der Liste. Bei diesem Produkt ist aufgrund des erhöhten Koffeingehalts ein Warnhinweis vorgeschrieben, dass er für Kinder, schwangere und stillende Frauen nicht empfohlen ist.
Lebensmittelkennzeichnung muss verlässlich sein
Mit Ausnahme des Mindesthaltbarkeits- und Verbrauchsdatums müssen Online-Verkäufer von Lebensmitteln in ihren Shops nahezu alle Pflichtinformationen bereitstellen, die man auch beim Einkauf im Supermarkt findet. Dazu zählen beispielsweise das Zutatenverzeichnis, eine Allergenkennzeichnung, die Nährwerte und die Füllmenge des Lebensmittels. Zwei der Online-Shops stellten zum Teil Fotos der Produktverpackungen ein, die schlecht lesbar oder trotz Hinweis, dass die Zutaten auf dem Foto einsehbar wären, nicht auffindbar waren. Dadurch fehlten dann wichtige Informationen zu den Zutaten und möglichen enthaltenen Allergenen, die häufig Lebensmittelallergien und -unverträglichkeiten auslösen. Bei den Energydrinks zeigte sich, dass alle ausgewählten Anbieter gegen die Regeln verstoßen. Denn ab einem Koffeingehalt von 150 Milligramm pro Liter müssen Erfrischungsgetränke den Warnhinweis tragen – gefolgt von dem Gehalt an Koffein pro 100 Milliliter. Gerade Energydrinks übersteigen diesen Koffeingehalt häufig – trotzdem fehlte dieser Hinweis in fast allen Online-Shops. Weitere Kennzeichnungslücken fielen bei der offiziellen Bezeichnung der Lebensmittel auf, die die wichtigsten Eigenschaften sowie die Art des Produkts sachlich darstellt (z.B. „Koffeinhaltiges Erfrischungsgetränk mit Süßungsmitteln“).
„Für einen nachhaltigen Einkauf sind außerdem korrekte Herkunftsangaben und Informationen über ökologisch hergestellte Lebensmittel hilfreich“, sagt Nora Dittrich, Lebensmittelexpertin der Verbraucherzentrale NRW. „In drei Onlineshops fehlte bei den Bio-Produkten die Angabe der Öko-Kontrollstellennummer oder sie war schlecht erkennbar.“ Zwei Anbieter verwechselten außerdem vermutlich den Herstellersitz mit der Angabe des Ursprungslands des entsprechenden Lebensmittels.
Wichtig für Lebensmittelretter: Anders als bei den anderen Pflichtkennzeichnungen muss das Mindesthaltbarkeitsdatum in den Onlineshops nicht angegeben werden. Bei Produkten, deren Mindesthaltbarkeitsdatum überschritten ist, sollte allerdings darauf hingewiesen werden. Hier fällt der Test der Verbraucherzentrale NRW positiv aus: In den Fällen, in denen solche Lebensmittel angeboten wurden, wurde es meist gut sichtbar angegeben, selbst wenn es noch nicht überschritten war.
Achtung bei Grundpreisen und unwirksamen Hinweisen
Außerdem fanden die Ernährungsfachleute bei allen Onlineshops vereinzelt Fehler bei den Grundpreisangaben. Sie sind wichtig für einen direkten Preisvergleich. Bei einem Produkt fehlte die Grundpreisangabe, zwei Mal wurde sie falsch berechnet. Bei sechs Shops war durch eine unzureichende Füllmengenangabe nicht klar, ob sich der Grundpreis auf das Abtropfgewicht bezieht.
Teilweise finden sich auf Bestellseiten von Lebensmittelanbietern Hinweise, nach denen lediglich die Angaben auf der Verpackung und nicht die Kennzeichnungen auf der Internetseite maßgeblich seien. „Derartige Klauseln sind in der Regel unwirksam und entbinden das jeweilige Unternehmen nicht von einer ordnungsgemäßen Kennzeichnungspflicht im Internet“, erklärt Dittrich. So entschied zum Beispiel das OLG Düsseldorf im Jahr 2020. Demnach genüge es nicht, lediglich auf die Produktverpackung zu verweisen. Dies würde den Angaben im Internet jede Verbindlichkeit nehmen und dazu führen, dass Verbraucher:innen sich letztlich nie sicher sein könnten, ob die im Internet zur Verfügung gestellten Informationen zu Allergenen und Zutaten tatsächlich auf die bestellten Produkte zuträfen.
Mindestbestellmengen und Versandkosten im Blick behalten
Bei allen Anbietern wird in unmittelbarer Nähe zum Preis angegeben, dass sich die Kosten „inkl. MwSt. zzgl. Versand“ verstehen. Während vier Anbieter an der Stelle immerhin einen Link zu den Infos aufwiesen, wurde die Höhe der Versandkosten in den drei weiteren Shops erst beim Blick in den Warenkorb sichtbar. Zusätzliche Preisaufschläge können sich für einen Schnellversand und kühlpflichtige Artikel ergeben. „Für eine versandkostenfreie Lieferung müssen teilweise hohe Bestellwerte zwischen 39,90 und 50 Euro erreicht werden“, so Dittrich. „Verbraucher:innen sollten sich von Mindestbestellmengen aber nicht zu üppigeren Einkäufen verleiten lassen, auch nicht von Werbeoffensiven wie ,Vorrat für Krisenzeiten‘, Tagesangeboten, Gratis-Geschenken oder zusätzlichen Rabatten ab Warenwerten von 50 bis 99 Euro. Am besten spart man Geld und Müll mit einem gut geplanten Einkauf, dem regelmäßigen Blick auf die Vorräte und einer kreativen Resteverwertung.“
Verbraucherschützer fordern mehr Kontrollen
„Manche Händler, die sich auf den Verkauf überschüssiger Lebensmittel fokussieren, leisten einen wichtigen und sinnvollen Beitrag zur Nachhaltigkeit. Aber verlässliche Informationen sind wichtig – egal ob für einen preiswerten oder einen nachhaltigen Einkauf. Deshalb müssen auch diese Anbieter die Informationspflichten einhalten“, unterstreicht Dittrich. „Die Ergebnisse unserer Stichprobe zeigen, dass es gerade für den wachsenden Lebensmittel-Onlinehandel dringend mehr Kontrollen, Personal und Befugnisse für die amtliche Lebensmittelüberwachung braucht.“