Präzisionsfermentation ist Chance für die Ernährungswirtschaft
Start-ups brauchen Unterstützung
Im Mittelpunkt der Studie steht die gezielte biotechnologische Herstellung von Proteinen und Lipiden, vor allem solchen, die tierische Produkte ersetzen können. In ihrer Zusammensetzung und Funktion sind sie identisch mit Proteinen und Fetten tierischen Ursprungs, werden aber statt aus Milch und Ei mit Hilfe von Bakterien, Hefen oder anderen Pilzen hergestellt. Gegenüber Ersatzprodukten aus pflanzlichen Quellen haben sie den Vorteil, dass sie die gleichen Eigenschaften und Funktionen wie die tierischen Produkte aufweisen, weil sie chemisch absolut identisch sind. Das macht sie besonders interessant für die Weiterverarbeitung, bei der zum Beispiel die strukturgebenden Eigenschaften von Proteinen eine wichtige Rolle spielen.
Im Rahmen der Studie untersuchten die Autor:innen den aktuellen Stand und die Perspektiven der Präzisionsfermentation allgemein und setzten sie in Bezug zu den Voraussetzungen, die Niedersachsen mit seiner ausgeprägten Land- und Ernährungswirtschaft bietet. Besonders gut sind diese hinsichtlich der Bereitstellung von Rohstoffen und Zwischenprodukten sowohl für die Fermentation als auch für die Formulierung der Lebensmittel. Engpässe gibt es derzeit vor allem bei den Anlagenkapazitäten, die bei Weitem nicht ausreichen, um das erwartete und notwendige Wachstum abzubilden.
Die Autor:innen betonen besonders, dass es bei der Präzisionsfermentation nicht darum geht, Vollmilch oder Vollei in der Breite zu ersetzen. Die Frage sei nicht „Kuh oder Fermenter“, sondern für welche Anwendung sich welcher Weg besonders eignet. Durch die intelligente Kombination von traditioneller Viehwirtschaft, pflanzlichen Alternativen und Produkten aus der Präzisionsfermentation werde es möglich, Klimaziele zu erreichen und gleichzeitig Niedersachsen als starken Standort der Ernährungswirtschaft zu sichern und auszubauen.
Die Studie sieht vor allem im Bereich der Anlagenkapazitäten Handlungsbedarf, hier müssen Finanzierungsmodelle gefunden werden, die besonders Anlagen zum Upscaling, also zur Entwicklung von Herstellungsprozessen im großen Maßstab, möglich machen. Das ist vor allem notwendig, weil die Branche sehr stark von Start-ups geprägt ist, die diese Mittel allein nicht aufbringen können. Sie leiden auch besonders unter den derzeit oft langwierigen Genehmigungs- und Zulassungsverfahren – hier könnte durch schnellere Abläufe und mehr Transparenz bezüglich einzureichender Informationen die Entstehung einer neuen Branche deutlich erleichtert werden. Niedersachsen sollte sich daher um eine klare und europaweit einheitliche Umsetzung der Novel-Food-Richtlinie bemühen.
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