„Laserblick“ in die Avocado: Neues Verfahren enthüllt Zellinneres
Forscherteam der Universität Göttingen entwickelt Methode zum Erkennen von Zelleigenschaften
AI-generated by Till Moritz Münker
Till M. Münker
Zellen sind die Basiseinheiten allen Lebens und ihr präzises Verständnis bestimmt maßgeblich die Fortschritte in Medizin und Biologie. Trotzdem ist ihre Erforschung noch immer herausfordernd, weil viele Methoden die Zelle bei der Analyse zerstören. Forschende der Universität Göttingen haben nun eine neue Idee verfolgt: Sie nutzten die zufällige Zitterbewegung, die alle mikroskopischen Teilchen vollführen. Dafür simulierten sie erst die zu erwartenden Zitterbewegungen und überprüften die Vorhersagen anschließend mithilfe von optischen Laserfallen, die Mikroteilchen präzise kontrollieren können. Mit diesem Ansatz konnte das Forscherteam jetzt die Bewegung mikroskopischer Teilchen analysieren – und das mit Präzision im Nanometerbereich und einer Zeitauflösung von etwa 50 Mikrosekunden. Zusätzlich berücksichtigt die Analyse auch die Geschichte, also die bereits vergangenen Bewegungen. Dabei stellte sich heraus, dass viele Objekte immer wieder zu einem bestimmten Ort zurückkehren wollen – das so bezeichnete mittlere Rückkehrverhalten (Mean Back Relaxation, MBR).
Diese neue Größe dient nun gewissermaßen als Fingerabdruck: Sie enthält Informationen über die Ursachen für die beobachteten Bewegungen. Dadurch ist es erstmals möglich, aktive Prozesse von den rein temperaturabhängigen Vorgängen (Brownschen Bewegungen) abzugrenzen. „Mit der MBR können wir mehr Informationen aus den Objektbewegungen gewinnen, als es mit den üblich genutzten Ansätzen möglich ist“, erklärt Prof. Dr. Matthias Krüger vom Institut für Theoretische Physik der Universität Göttingen. Um nun Aussagen über lebende Zellen zu machen, wandten die Forscher die Methode auf das Innere von lebenden Zellen an. „Da unser Wissen über das Zellinnere bis heute nur begrenzt ist, war es anfangs unklar, ob die MBR auch hier eingesetzt werden kann. Als ich die entstehenden Kurven sah, traute ich meinen Augen kaum, denn das Innere von Zellen ließ sich mit den von uns ursprünglich intuitiv vermuteten Ansätzen sehr genau beschreiben“, staunt Prof. Dr. Timo Betz vom III. Physikalischen Institut, der Leiter der Experimente. „Die Ergebnisse zeigen, dass die Kombination von genauem Hinsehen und neuen, intelligenten Analysemethoden Einblicke geben kann, ob das Innere von Zellen eher weich, hart oder flüssig ist“, so Erstautor der Studie, Till Münker vom III. Physikalischen Institut. Die Arbeit wurde durch die Europäische Union im Rahmen eines ERC-Consolidator Grant mitfinanziert.